König 01 - Königsmörder
Kreatur hinauf und über ihren Leib, wie eine Woge verdorbener, schwarzer Tinte.
Morg riss sich von Conroyds klebriger Gegenwart los, warf den Kopf in den Nacken und schrie in zorniger Verzweiflung auf. »Miststück! Hure! Du wirst mich nicht noch einmal von ihnen fernhalten, Barl!
Ich werde sie bekommen!« Nein, Morgan,
antwortete ihre wispernde Stimme.
Nein, das wirst du nicht.
Die Wetterkugel ging in Flammen auf. Binnen weniger Herzschläge war die Luft in der Bibliothek durchdrungen vom Gestank verkohlten Fleisches und verkohlter Magie.
Morg schrie auf und warf die zerstörte Kugel von sich. Sie fiel auf den Boden und zersprang in Stücke. Er brach einen Moment später zusammen und zerdrückte die geschwärzten Splitter unter seinem zuckenden Körper zu Pulver, während ihn Bewusstlosigkeit umfing.
Es war Darran, der das Tagebuch fand. Der Pedant Darran mit seiner Leidenschaft für Ordnung und Symmetrie, seinem Beharren darauf, dass alles genauso sein musste, wie es sich gehörte. Seine flinken Finger ertasteten die Unregelmäßigkeit in der alten Lederbindung eines Textes,
Übungen für junge Magier.
Mit seinem kritischen Blick entdeckte er den Unterschied zwischen der Dicke des vorderen und des hinteren Einbands – und wurde nachdenklich… Gar, der neben ihm auf dem Boden im Arbeitszimmer saß, schlitzte die scheinbar unberührte Naht des Buches mit seinem Dolch auf und zog das Tagebuch aus seinem Versteck. Dann hielt er es mit zitternden Händen umfangen und fragte sich, ob er träumte.
»Barl rette uns«, flüsterte Darran erstaunt. »Es gibt tatsächlich ein Tagebuch!« Barl rette sie, in der Tat. Und mit nichts Geringerem als ihren eigenen Worten, wenn das Tagebuch wirklich einmal ihr gehört hatte. War das das Wunder, auf das er gewartet hatte? Gehofft hatte? Das Wunder, an das er gegen alle Erwartung geglaubt hatte?
Wenn es das nicht war, würde er zumindest nichts Besseres finden als dies hier. Er klappte das Tagebuch auf und betrachtete die schnelle, unordentliche Handschrift, die verblasste Tinte, die Abdrücke der Geschichte. Mühsam gelang es ihm, die ersten Zeilen zu entziffern.
Es bekümmert mich, an die Magie zu denken, die wir zurücklassen müssen, aber in diesem neuen Land muss Magie Ordnung und Disziplin besitzen, darf kein alltäglicher Luxus sein, oder…
»Meine Güte«, sagte Darran, der ihm über die Schulter blickte. »Das sieht aus wie alter Hühnerdreck! Glaubt Ihr, dass Ihr es lesen könnt, Herr?«
Gar strich liebkosend mit den Fingerspitzen über die Seite, atmete den Duft von modrigem Staub und Zeit ein und spürte, wie die Kerze der Hoffnung aufloderte. Er lächelte. »Ja. Ich kann es lesen.«
Darran stieß einen hörbaren Seufzer aus. »Gerühmt sei Barl für kleine Vergünstigungen«, sagte er. »Aber dürfte ich vorschlagen, dass Ihr es später lest? Die Männer des Königs werden bald hier sein und diese Bücher haben wollen. Und ausnahmsweise einmal bin ich geneigt zu glauben, was Willer sagt: Wir sollten sie nicht warten lassen.«
Also versteckte er das Tagebuch hinter einem Bücherregal und beeilte sich, Darran zu helfen, den Rest von Durms gesammelten Leben und Lehren zusammenzupacken. Als sie fertig waren und die Bücher, Papiere und Journale säuberlich in Kisten aufgestapelt neben den Vordertüren des Turms lagen, zwang er sich, mitten in der Eingangshalle für einen Moment still dazustehen und zu atmen, einfach nur zu atmen.
»Was jetzt, Herr?«, fragte Darran.
»Jetzt?« Er schüttelte den Kopf, um klarer denken zu können. Dann wischte er sich mit dem Unterarm den Schweiß vom Gesicht. »Jetzt habe ich Arbeit, Darran. Und wenn Barl barmherzig ist und unsere Gebete wahrhaft erhört, wird es in diesen Seiten irgendetwas geben, das nicht nur das Königreich, sondern auch Asher retten kann.«
»Dann solltet Ihr besser gleich anfangen, Herr«, sagte Darran. »Und keine Bange. Ich werde dafür sorgen, dass Ihr nicht abgelenkt oder gestört werdet.« Gar schenkte ihm ein schnelles Lächeln. »Guter Mann.«
Während auf Darrans müdem, ausgezehrtem Gesicht ein Lächeln aufleuchtete, drehte Gar sich um und ging auf die Wendeltreppe zu. Er nahm immer drei Stufen gleichzeitig und dachte:
Bitte, Barl. Bitte. Sei barmherzig, nur dieses eine Mal.
Pellen Orrick saß an seinem Schreibtisch und blickte stirnrunzelnd auf die vor ihm ausgebreiteten Berichte.
Keine Spur… keine Spur… keine Spur…
Dathne, die Buchhändlerin, und Gars ehemaliger Stallmeister, Matt,
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