König 01 - Königsmörder
Verbrechen
gestanden.
Allerdings …« Er verschränkte die Hände hinterm Rücken und senkte die Stimme. »Wenn die Entscheidung bei mir gelegen hätte, hättet Ihr im Wachhaus auf die Hinrichtung gewartet.«
»Wirklich?«, fragte Asher. »Nun, ich schätze, das bedeutet, dass wir wieder Freunde sind, hm?«
Orrick wandte den Blick ab. »Wir waren niemals Freunde!«
»Ich weiß«, sagte Asher leise. »Aber wir hätten es sein können.«
Das war ein Fehler. Orrick strich seine Robe glatt und erwiderte energisch: »Bedenkt Euer Schweigen noch einmal, was Dathne und Matt betrifft. Je länger sie sich versteckt halten, umso gründlicher muss ich nach ihnen suchen und umso schlimmer werden die Dinge sein, wenn sie gefunden werden. Wenn sie unschuldig sind…«
»Unschuldig?«, wiederholte Asher. »Es gibt hier keine
Unschuld
mehr, Pellen. Unser neuer König Conroyd schwebt auf ein einziges Ziel zu: Er will alle Olken zu Vieh machen, und wenn Ihr das nicht seht, seid Ihr blinder, als ich gedacht hätte. Wenn Ihr zulasst, dass er Dathne oder Matt in die Hände bekommt, wird das nur der Anfang sein. Als Nächstes wird jeder, der ihnen jemals ein Lächeln geschenkt hat, unter Verdacht stehen. Wartet nur ab. Es wird eine Lawine werden.«
»Und wenn es so ist?«, fragte Orrick. »Wer trägt daran die Schuld? Wer war derjenige, der dabei ertappt wurde, wie er mit Magie herumpfuschte?« Asher ließ sich in das schmutzige Stroh fallen und betrachtete stirnrunzelnd seine gefesselten Hände. »Ich weiß.«
»Um der Liebe Barls willen, Asher, sagt mir, wo sie sind. Ihr könntet ihnen das Leben retten!«
»Ihr seid blind«, erwiderte Asher und schloss die blutunterlaufenen Augen. »Blind und verflucht dumm. Sie können nichts Besseres hoffen, als dass ich ihre Namen nie wieder erwähnen werde. Also werde ich es nicht tun. Und nun verzieht Euch, ja? Ich bin ein sehr beschäftigter Mann.«
Verblüfft, widerstrebend gerührt und ärgerlich darüber, stand Orrick einen Moment lang da und starrte ihn nur an. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und kehrte zum Wachhaus zurück.
Der neue König wartete auf seinen Bericht, und er musste noch entscheiden, was darin stehen würde.
Conroyds Stadthaus füllte sich bereits mit Schatten, als Morg zu sich selbst zurückkehrte. Er empfand Schmerz. Verwirrung. Eine bizarre Orientierungslosigkeit, als versuche er, gleichzeitig zwei Personen zu sein. Für eine Weile blieb er auf dem Boden liegen und mühte sich, sich einen Reim auf das zu machen, was geschehen war. Die Erinnerung an Barls Stimme seufzte durch seinen hämmernden Kopf.
Er hob die Hände und starrte sie an. Verkohltes Fleisch. Blasiges Fleisch. Angewidert heilte er sich mit einem kurzen Wort und richtete sich auf. Barls Stimme verklang, verjagt von dem summenden Conroyd. Er ließ sich in sich hineinsinken, raffte die geschmolzenen Überreste seiner selbst zusammen und verbannte Conroyd tief in sein Gefängnis.
Und fühlte sich… anders.
So erschrocken, wie er es seit Jahrhunderten nicht mehr gewesen war, betrachtete er den Unterschied. Was war es? Was bedeutete es? War er noch er selbst? Oder hatte Barls Angriff ihn irgendwie beschädigt?
Verfluchte
Barl. Hatte er sie geliebt? Sie angebetet? Sich gewünscht, die Ewigkeit mit ihr zu verbringen? Er musste wahnsinnig gewesen sein.
Er drängte das fleischliche Gefühl zurück und wartete darauf, dass seine Erschrockenheit sich legte. Dann beschwor er Glimmfeuer herauf und betrachtete sich selbst. Seine Umgebung. Seine schönen Gewänder waren fleckig und beschmutzt und…
Die Wetterkugel!
Zu Asche und Erinnerung zerfallen, zermalmt in dem Teppich unter ihm. Beinahe hätte er geweint.
Mehr Zeit verstrich. Er fand seine Selbstbeherrschung wieder und klares Denken. Ja, die Kugel war zerstört und mit ihr seine Hoffnung auf einen schnellen Sieg. Aber zumindest würde jetzt auch kein anderer Dorane mehr die Wettermagie haben und sie benutzen, um Barls goldene Mauer stark zu halten. Und wenn Asher starb, würde die letzte lebende Wettermagie mit ihm sterben. Aber sein Unvermögen, sie für sich selbst und für seine eigenen Zwecke zu gewinnen, bedeutete, dass er nach wie vor hier gefangen war. Dass er Wochen, Monate darauf warten musste, bis die Magie verblasste und die Mauer unter der Last ihres allmählichen Verfalls zusammenbrach. Und das Warten bedeutete, dass er die anderen Doranen irgendwie im Zaum halten und seinen geborgten Körper bewahren musste, bis der Sieg auf ihn
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