König 01 - Königsmörder
als den verkommenen, bösartigen, machthungrigen…«
Nachdem er Willer die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte, fühlte er sich schon erheblich besser. Ein heißes Bad und etwas Nahrung für seinen leeren Magen hätten seinen Zustand noch weiter verbessert, aber dafür war keine Zeit. Also wusch er sich hastig mit Wasser aus seinem Becken, kratzte mit einer Rasierklinge, die nicht mehr ganz scharf war, planlos die Borsten von seinem Gesicht, bürstete sich den schlimmsten Schweiß und Schmutz aus dem Haar, zog saubere Kleidung an und ging nach oben, um Gar zu wecken.
Als er diesmal an die Vordertüren der königlichen Gemächer klopfte, schwangen sie auf lautlosen Angeln auf. Auf der anderen Seite war niemand zu sehen. »Angeber«, murmelte er und trat ein. Er durchquerte die verlassene, sonnenbeschienene Halle und ging die Treppe zu Gars Schlafgemach hinauf. Nach einem kurzen Klopfen öffnete er die geschlossene Tür und wurde von Dunkelheit umfangen.
»Gar? Seid Ihr hier?«
Sämtliche Vorhänge des Schlafzimmers waren zugezogen: Nur ein winziger Strahl Sonnenlicht schob sich zwischen ihnen hindurch, um die Finsternis ein wenig zu erhellen. Asher stolperte fluchend auf das nächste Fenster zu, was ihm weitere blaue Flecken eintrug, und zog die Brokatvorhänge zurück. »Wenn ich Licht wollte«, sagte Gar, »hätte ich welches gemacht.«
Er lag in sich zusammengesunken in einem zu dick gepolsterten Armsessel, noch immer in der Kleidung, die er am vergangenen Abend in Durms Arbeitszimmer angezogen hatte. Seine bleichen, hohlen Wangen waren übersät mit goldenen Stoppeln; in seinen halb geschlossenen Augen war Trauer zu lesen. Das luxuriöse Bett war unberührt.
Asher kreuzte die Arme vor der Brust und lehnte sich an das Fenstersims. »Als Nix sagte, Ihr brauchtet Ruhe, denke ich, meinte er damit ein Bett.« »Und wenn ich Gesellschaft wollte«, meinte Gar und ließ dabei die Augenbrauen sinken, »hätte ich nach jemandem geschickt.«
»Darran sagt, ein guter Diener ahnt die Wünsche seiner Herrschaft voraus.« Gar ließ den zerschundenen, von Verbänden freien Kopf gegen die gepolsterte Lehne des Sessels sinken. »Ich bin sicher, dass er das sagt. Aber seit wann gibst du einen Rattenfurz auf das, was Darran zu sagen hat?«
»Das tue ich nicht. Wie fühlt Ihr Euch? Ist mit dem Schlüsselbein alles in Ordnung?«
Gar hob den linken Arm. Bewegte ihn über den Kopf und ließ ihn dann wieder auf den Schoß fallen. »Bestens.«
»Eure Beulen und blauen Flecken?«
»Dasselbe. Nix ist ein hervorragender Pother.«
»Gut.«
Ein verlegenes Schweigen folgte. Asher schaute stirnrunzelnd zu Boden. Gar sah schlecht aus. Zerbrechlich, als könnte ein Wort zu viel, ein zu tiefer Atemzug ihn zerschmettern.
Asher blickte auf. Spürte das Brennen seiner Augen, spürte, wie seine Kehle sich zuschnürte. Mit weit geöffneten Augen sah er wieder das Blut. Die Leichen. Er holte tief Luft und atmete zittrig wieder aus. »Gar Wegen gestern. Eure Familie. Ich…«
»Nicht«,
sagte Gar und hob hastig eine Hand. »Ich kann mir dein Mitleid nicht leisten, Asher. Nicht jetzt. Noch nicht.«
Er blinzelte. »Oh.«
»Wenn du helfen willst… dann hilf mir, stark zu bleiben.« »Das kann ich tun.« Ein wenig von der Trostlosigkeit schwand aus Gars Zügen. »Danke.« Er erhob sich. »Jetzt muss ich mich in einen präsentablen Zustand bringen. Das Personal…«
»Ich habe dafür gesorgt, dass es unten wartet. Werdet Ihr die Ankündigung machen, oder wollt Ihr, dass ich…«
»Ich werde es machen. Sag ihnen bitte, dass ich in Kürze bei ihnen sein werde.« Er zog sein Wams aus und warf es über die Rück–lehne des Sessels. »Gib mir zehn Minuten.«
Asher nickte und ließ sich von dem Fenstersims gleiten. Er ging auf die Tür zu, zögerte und drehte sich noch einmal um. »Gar…«
Der Prinz sah ihn ungeduldig an. »Was?«
Immer noch zögernd, trat Asher einen weiteren Schritt näher. Zerbrechlich hin, zerbrechlich her, Trauer hin, Trauer her, es gab Dinge, die Gar hören musste. Dinge, die nicht warten konnten. »Nix mag ein guter Pother sein, aber er hat nicht die Macht, einen Mann am Leben zu erhalten, wenn sein Körper rettungslos verloren ist. Ebenso wenig kann er einen Geist heilen, der gebrochen ist. Ich weiß, das ist hart, aber…«
Gar, der seine Knöpfe geöffnet hatte, hielt mitten in seinem Tun inne, und seine Augen waren plötzlich kalt. »Nein.«
»Ihr wisst ja noch gar nicht, was ich sagen wollte!«
»Ich weiß
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