König 01 - Königsmörder
Prallte davon ab, krachte gegen die Wand und sackte dann auf dem Teppich zu einem zerknitterten Häufchen zusammen. Jede schlafende Prellung erwachte und begann zu schreien. Halb taub lag er da, während warmes Blut aus seiner Nase und seinem Mund sickerte. Er roch versengte Luft. Unter dem Schmerz war Furcht.
Schneeweiß und so reglos wie Stein, starrte Gar ihn an. Beobachtete, wie er sich tastend auf die Füße erhob und sich halb auf das Bett setzte, halb darauf zusammenbrach. Beobachtete, wie er das Blut auf seinem Gesicht berührte und seine rot gefärbten Fingerspitzen betrachtete.
»Asher«, sagte Gar schließlich. »Ich…«
Der Prinz verstummte, als sein Freund die Hand hob. Stattdessen ging er in sein privates Bad und kam mit einem Wasserbecken und einem weichen, weißen Lappen wieder heraus. Er trat zu Asher und wartete.
Schweigend nahm Asher die Schale Wasser und den Lappen entgegen und wusch sich das Blut vom Gesicht. Der scharfe, pochende Schmerz verebbte, aber die Furcht blieb – und verwandelte sich langsam in Ärger.
Immer noch wortlos gab er die Schale und den befleckten weißen Lappen zurück, stand auf und schob sich an Gar vorbei, um abermals vor das Fenster zu treten. Seine Knochen schmerzten. Als er hinausblickte, sah er, dass ein Pferd mit seinem Reiter im vorderen Hof des Turms stehen blieb. Sah einen livrierten Dienstboten – Daniyal – erscheinen und die Zügel des Tiers übernehmen. Er kannte dieses Pferd. Kannte auch seinen Reiter.
»Pellen Orrick ist hier«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
»Asher…«
»Ich werde hinuntergehen und feststellen, was er will, während Ihr Euch ordentlich ankleidet und auf die Ansprache an das Personal vorbereitet. Danach solltet Ihr am besten in die Krankenstube gehen und sehen, wie es Durm heute Morgen geht. Und Darran. Der alte Mann wird heulen wie ein Mädchen, wenn Ihr keinen großen Wirbel um ihn macht, ihm Blumen mitbringt und eine Schachtel Süßigkeiten.«
»Asher!«
Doch der Olke weigerte sich noch immer, sich umzudrehen.
Konnte dem, was sein Gesicht vielleicht verraten würde, nicht trauen. »Ich schätze, dies war das erste und letzte Mal, dass Ihr je die Hand gegen mich erhoben habt, Gar. Ich schätze, wenn Ihr es noch einmal tut, mit Magie oder ohne, wird das das Ende bedeuten.«
Niedergedrückt und mit einer Stimme, die sehr leise klang in dem großen, runden Raum, erwiderte Gar: »Ja. Asher, es tut mir leid. Verzeih mir.« Jetzt riskierte er es, sein Gesicht zu zeigen. Er sah Gar lange Augenblicke an und erkannte, dass die Zerknirschtheit des Prinzen echt war. Er nickte. »Ihr seid in Trauer.«
»Das ist keine Entschuldigung.«
Er wollte nicht darüber reden. Wollte vergessen, dass es geschehen war, vergessen, dass dieser Gar, der magiebegabte Gar nicht der Mann war, mit dem er in einem anderen Leben auf dem Marktplatz von Dorana Freundschaft geschlossen hatte. Dass dieser Mann im Begriff stand, König zu werden, und in den Fingerspitzen die Macht hatte zu töten. »Soll ich Orrick in Eurem Namen irgendetwas ausrichten?«
Gar schüttelte den Kopf. In seinen Augen standen Verständnis und widerstrebende Duldung. »Nein. Mir fällt nichts ein.«
»In Ordnung«, sagte er und ging auf die Tür zu.
»Asher!«
Er verlangsamte seinen Schritt. Blieb stehen. Wartete. »Ich werde darüber nachdenken, was du gesagt hast. Über Durm. Und über Conroyd Jarralt.« »Gut.« »Und es tut mir aufrichtig leid. Es wird nie wieder vorkommen, das schwöre ich.« Asher nickte und ging weiter.
Pellen Orrick wartete auf halber Höhe auf der Vordertreppe des Turms. Tadellos gekleidet und selbstbeherrscht wie immer, musterte der Hauptmann der Wache ihn forschend und sagte: »Geht es Euch gut?«
»Ja«, erwiderte Asher und sah dem anderen Mann direkt in die Augen. »Warum sollte es auch anders sein?«
»Es gibt keinen Grund«, meinte Orrick nach einem kurzen Zögern. »Das heißt, keinen anderen Grund als den offenkundigen.« Unter der Eleganz wirkte er erschöpft und getroffen bis ins Herz. »Wir haben die Familie kurz nach dem Morgengrauen sicher geborgen. Barlsmann Holze hat sie direkt in den Palast gebracht. In die Krankenstube.«
Mit einiger Mühe gelang es Asher, die Erinnerung auszublenden.
Rotes Blut, weiße Knochen und schwarze Fliegen.
»Ich nehme an, von Matcher habt Ihr noch keine Spur gefunden?«
»Es tut mir leid.«
Er hatte es gewusst, noch bevor er seine Frage gestellt hatte. Hatte trotzdem fragen müssen. »Also, was
Weitere Kostenlose Bücher