König 01 - Königsmörder
trotzdem schlafen, nicht wahr? Ja, und essen und arbeiten und kämpfen und lieben.
Lieben…
Dathne.
Er schob den Gedanken an sie beiseite, denn er hatte nicht die geringste Ahnung, was der vergangene Abend bedeuten mochte, und im Augenblick fehlte ihm die Energie, das Rätsel zu entwirren. Schließlich richtete er sich auf, schwang seine noch immer in Stiefeln steckenden Füße auf den Boden, zog den Vorhang des Fensters am Bett auf und blickte hinaus. Draußen machten sich die Stallburschen bereits zu ihrem zweiten morgendlichen Ausritt bereit.
Ein lautes Trommeln an der Tür zu seinen Wohnräumen ließ ihn aufschrecken. Dann erklang eine ungeduldig erhobene Stimme: »Asher! Asher, kommt sofort heraus!«
Willer.
Mistkerl!
Einen einzigen luxuriösen Augenblick lang erwog er, Taubheit oder Bewusstlosigkeit oder sogar selbstverschuldeten Tod vorzutäuschen. Alles war besser, als sich mit einem knurrend leeren Magen um halb neun am Morgen mit Willer zu befassen, vor allem nach einem Tag und einer Nacht, wie er sie gerade durchlebt hatte.
Aber nein. Irgendjemand musste das Kommando im Turm übernehmen, bis Nix Darran aus seinen Fängen entließ, und wenn er es nicht tat, würde Willer es tun. Was bedeuten würde, dass bis elf Uhr
alle
das Bedürfnis haben würden, sich umzubringen.
Mit einem grimmigen Stirnrunzeln riss er die Tür weit auf.
»Macht nicht solchen Lärm, Ihr verdammter Ochse! Wollt Ihr den Prinzen aufwecken?«
Grell gewandet in purpurnen Satin, starrte Willer ihn an, schnappte entsetzt nach Luft und tastete sofort nach seinem Taschentuch. »Barl bewahre mich!«, sagte er durch hell malvenfarbene Seide. »Ihr
stinkt!
Und Ihr seid dreckig! Was ist los? Und wo ist Darran? Er hat gestern ungeachtet meiner eindringlichen Einwände das gesamte Personal nach Hause geschickt, und jetzt kann ich ihn nirgendwo finden, und die Mägde huschen umher wie Hennen!«
»Darran ist krank geworden. Er…«
»Krank?« Willer ließ das seidene Taschentuch fallen und machte einen Satz nach vorne. »Was soll das heißen? Was habt Ihr mit ihm gemacht? Ich schwöre, Asher, ich
schwöre,
wenn Ihr Darran auch nur ein Haar gekrümmt habt, werde ich…« Mit einiger Mühe gelang es Asher, ihn abzuwehren. »Ich habe der alten Krähe überhaupt nichts angetan! Jetzt macht den Mund zu, damit ich Euch sagen kann, was geschehen ist, oder ich werde Euch mit dem Kopf voraus in meinen Nachttopf stecken!«
Willer trat hastig zurück. »Wenn Ihr mich auch nur mit dem kleinen Finger berührt, werde ich Euch verhaften lassen.«
»Ihr könnt es ja versuchen«, erwiderte Asher mit einem bösen, genüsslichen Grinsen. »Jetzt hört zu. Da Darran das Bett hütet, werdet Ihr heute für ihn einspringen müssen, Barl rette uns alle.«
»Natürlich werde ich für ihn einspringen!«, blaffte Willer. »Wem sonst könnte man eine so wichtige Aufgabe anvertrauen? Gewiss nicht Euch.«
Asher erstickte den Drang, dem kleinen Mistkerl einen Tritt in eine Region zu verpassen, in der er nicht viel Schaden anrichten würde. »Haltet endlich Eure verdammte Klappe und
hört zu.
Es muss in einer anderen Angelegenheit eine wichtige Ankündigung gemacht werden. Holt das Personal in der Halle zusammen, während ich…«
»Ankündigung? Worüber? Asher, ich
verlange,
dass Ihr mir sagt…« »Ich sagte, Ihr sollt
zuhören!
Oder seid Ihr nicht nur geistesschwach, sondern auch taub? Trommelt das Personal zusammen, die Gärtner, die Leute aus dem Stall und die aus dem Turm, während ich feststelle, wie der Prinz weiter vorzugehen beabsichtigt. Habe ich mich klar ausgedrückt? Habt Ihr mich verstanden? Oder muss ich Euch kleine Bilder malen?«
»Und wer seid Ihr, solche Anweisungen zu geben?«
»Ich bin der Mann, der Euch einen Hieb auf die Nase versetzen wird, wenn Ihr nicht tut, was man Euch sagt!«
Die Augen der kleinen Meeresschnecke wurden schmal vor Zorn. »Ihr habt mir überhaupt nichts zu sagen.«
»Wollen wir wetten? Wenn Ihr nicht unverzüglich auf dem Absatz kehrtmacht und das Personal zusammenholt, werde ich dafür sorgen, dass man Euch entlässt und mit einem Tritt in Euren dicken, fetten Arsch hinauswirft. Und glaubt nur ja nicht, Gar würde mich nicht unterstützen, denn wir wissen beide, dass er es tun würde.«
»Ihr seid ein arroganter, unerträglicher
Bastard.
Eines Tages«, stieß Willer keuchend vor Wut hervor, »wird für Euch der Tag der Abrechnung kommen! Eines Tages werde ich Euch vor der Welt nackt entblößen, und man wird Euch
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