König 01 - Königsmörder
heiß und süß, eine willkommene Erleichterung für den kalten Kloß in ihrem Leib.
Asher.
Sie schluckte gierig und ohne sich darum zu scheren, dass sie sich verbrannte. »Was meinst du, wird es noch sehr lange dauern? Bis zum absoluten Ende?«
Veira blies auf ihren eigenen Tee, die Brauen nachdenklich zusammengezogen. »Nein«, sagte sie schließlich. »Nicht mehr sehr lange.«
Genau das hatte Dathne ebenfalls gedacht. Sie wusste nicht, ob die Bestätigung ihres Verdachts die Dinge besser oder schlimmer machte. »Also, wie geht es jetzt weiter?«
»Jetzt, Kind, werden wir uns etwas zum Abendessen machen. Dann kannst du ins Bett gehen, und ich werde auf Asher warten. Und der morgige Tag wird uns bringen, was er bringt.«
Sie war nicht hungrig oder müde, aber es gab nicht viel anderes zu tun. Es gelang ihr sogar, ein wenig zu dösen. Sie hörte keinen Aufruhr aus Veiras Schlafzimmer. Die Tür wurde dreimal geöffnet und geschlossen, und sie fing ein leises Murmeln von Stimmen auf, aber niemand rief nach ihr. Asher blieb, wo er war. Beim ersten Licht stand sie auf, badete, kleidete sich an und sah nach den Tieren. Die Hühner gackerten, die Schweine schnaubten, die Pferde rupften an ihrem Heu.
Nun. Zumindest freute sich irgendjemand, sie zu sehen.
Sie hörte die Hintertür des Hauses zuschlagen und spähte aus dem Stall. Asher. Er trug eine graubraune Jacke und karierte Hosen, die Veira wahrscheinlich aus der Stadt mitgebracht hatte. Mit grimmiger Miene überquerte er den Hinterhof, trat das Tor zum Wald auf und ging weiter. Sie wäre ihm beinahe nachgelaufen und hätte ihm eine Warnung zugerufen. Der Schwarze Wald war gefährlich. Es gab Bären. Wölfe. Menschen. Er sollte nicht allein dort hineingehen… Die Küchentür wurde abermals geöffnet. Veira erschien und beobachtete, wie die Schatten des Waldes ihn verschluckten. Sie sagte nichts, als er zwischen den moosbewachsenen Baumstämmen verschwand. Sie war ruhig und gelassen. Beinahe friedlich. Als hätte sie einen Punkt der Balance erreicht und war zufrieden, dort für eine Weile zu bleiben. Dathne hielt den Atem an; sie hoffte halb, dass Veira sie sah, während die andere Hälfte sich wünschte, dass sie unbemerkt blieb. Veira entdeckte sie. Sie nickte ihr grüßend zu, dann ging sie wieder hinein.
Dathne seufzte und folgte ihr.
»Geht es ihm gut?«, fragte sie.
Aus der Nähe betrachtet, sah man Veira ihre Erschöpfung an. In sich zusammengesunken saß sie auf einem Stuhl, den Kopf in die Hände gestützt, mit wirrem, silbrigem Haar. Sie nickte. »Einigermaßen. Und nach und nach wird es noch besser werden. Er braucht ein wenig Zeit für sich allein.«
»Er wird nicht weglaufen?«
Veira schnaubte. »Wohin denn? Wir sind seine einzige Zuflucht, und er weiß es. Mach uns etwas zum Frühstück, ja, Kind? Ich bin fast zu müde zum Atmen.« Sie machte ihnen Eier mit Sahne und Dill. Dann brachte sie Veira mit Tee und einer Decke in der Wohnstube unter, bevor sie zu ihrem kleinen Marsch ins Dorf aufbrach. Es war überraschend angenehm, nur mit einem Korb zur Gesellschaft durch den Wald zu spazieren. Ein wenig Balsam für ihre wunde Seele. Die Luft war frisch und sauber und duftete nach Kiefern. Unsichtbare Vögel pfiffen; ein fröhliches Geräusch. Sie hielt stets Ausschau nach Asher, sah ihn jedoch nicht. Nachdem sie die kleine Waldsiedlung ohne Zwischenfälle erreicht hatte, erzählte sie allen, die danach fragten, dass sie Veiras Nichte sei. Wie Veira vorausgesagt hatte, schienen sie damit vollkommen zufrieden zu sein. Sie verkauften ihr mit Freuden Milch und Fleisch und schenkten ihr zur Begrüßung einen Krug Honig. Als sie ihn annahm, kam sie sich vor wie eine Betrügerin.
Der Rückweg ging langsamer vonstatten; der mit Vorräten gefüllte Korb war schwer. Von Asher war immer noch keine Spur zu sehen. Als sie am Tor von Veiras Haus ankam, blieb sie stehen und blickte die Straße hinunter, hoffnungsvoll, aber ohne echte Erwartungen …
Jemand kam auf sie zu. Mehrere Jemande. Und ein Esel. Und ein Karren. Sie ließ den Korb fallen und rannte los. »Matt!
Matt!«
Erschrocken kam er ihr auf halbem Weg entgegengelaufen. »Dathne, Dathne, was ist los?«
Sie hielt ihn umfangen wie einen lang vermissten Liebsten und umarmte ihn so fest, als wolle sie ihm die Puppen brechen. Dann umfasste sie sein Gesicht sanft mit den Händen und machte ihm Vorwürfe, weil sie sich seinetwegen Sorgen gemacht hatte.
»Mir geht es gut, mir geht es gut!«, besänftigte er
Weitere Kostenlose Bücher