König 02 - Königsmacher
gewöhnlich. »Eure Hoheit«, sagte er mit einer Verneigung. »Ihre Majestäten sind hier und wünschen Euch zu sprechen.«
»Schön«, sagte Gar. »Dann führt sie in die Bibliothek und…«
»Verzeiht mir, Herr. Sie sind draußen. In einer Kutsche.«
»Oh. In Ordnung. Vielen Dank.«
Willer verneigte sich und zog sich zurück, und Gar sah Asher mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Kommst du mit?«
»Ihr hört mir nicht zu, nicht wahr? All diese verdammte Magie hat Euch die Ohren verstopft. Ich habe
Arbeit
zu tun.«
Gar schlug ihm auf die Schulter. »Die Arbeit wird in fünf Minuten auch noch da sein. Komm mit. Du brauchst ein wenig frische Luft. Falls es dir nicht aufgefallen ist, du wirst langsam genauso schwierig wie Darran.«
Die königliche Kutsche stand vor dem Vordereingang des Turms. Es war keine der geschlossenen, offiziellen Kutschen, die unter dem Gewicht von vergoldeten Schnörkeln ächzten, sondern der offene Reisewagen, den sie auch am Tag von Ashers Parade benutzt hatten. Auf den dunkelroten Ledersitzen saßen sein Vater, seine Mutter und Fane, allesamt prächtig gekleidet in Brokat, Leder und Wolle. Seine Eltern unterhielten sich lachend. Fane schwieg; ihre Miene war so glatt wie Glas. Gar versuchte, sie anzulächeln, als er die Sandsteintreppen hinunterging, aber sie weigerte sich, ihm in die Augen zu sehen. Er verspürte einen kleinen Schmerz zwischen den Rippen, ließ sich jedoch nichts anmerken und richtete stattdessen den Blick auf seine Eltern.
»Da ist er!«, sagte Dana und winkte ihn mit der behandschuhten Hand heran. »Gar, mein Lieber, wir fahren zu einem Familienpicknick zu Salberts Horst. Nur wir, niemand sonst. Wir haben das ganze Gebiet absperren lassen, um ein wenig ungestört sein zu können. Beschwör dir einen wärmeren Mantel herauf, denn es wird eindeutig kühler werden. Und einen Mantel für Asher. Wir haben in der Kutsche mehr als genug Platz für ihn, außerdem gehört er praktisch zur Familie.«
Gar versuchte abermals, Fanes Blick aufzufangen, und war abermals erfolglos. Dann schaute er in den wolkenlosen Himmel empor. Ein Familienpicknick? Der Tag war gewiss wie geschaffen für einen solchen Anlass. Er wünschte, er hätte mitfahren können; hinter dem strahlenden Lächeln seiner Mutter und ihrer entschlossenen Fröhlichkeit verbargen sich Anspannung und Unglück. »Mama, das ist wirklich ein verlockender Gedanke, aber…«
»Komm mit, Gar«, sagte der König schmeichelnd. »Der Schnee wird nicht mehr lange auf sich warten lassen, und dann wird es monatelang keine Picknicks mehr geben.«
»Ja, Herr, das ist mir bewusst, aber…«
Borne verdrehte die Augen und wandte sich zu Asher um. »Nun, Asher? Was ist mit Euch?«
Asher verneigte sich. »Ich würde gern mitkommen, wenn ich könnte, Eure Hoheit. Aber Meister Glospottle hat noch immer Probleme mit seiner Pisse, und er erwartet von mir, dass ich sie löse.«
»Und könnt Ihr sie lösen?«, fragte die Königin. »Es ist mir überaus wichtig, dass seine Schwierigkeiten beigelegt werden, Asher.«
Eine weitere Verneigung. »Ich tue mein Bestes, Eure Majestät. Aber hinter Meister Glospottles Pissproblem verbirgt sich mehr, als man auf den ersten Blick erkennen kann.«
»Ich verstehe«, sagte der König nach einem kurzen Zögern. »Nun, fern sei es mir, mich zwischen Euch und Meister Glospottles…« Ein boshaftes Grinsen. »Probleme… zu stellen. Gar, muss ich aus diesem Picknick einen königlichen Befehl machen?«
»Selbst wenn Ihr das tätet, würde ich mich weigern müssen. Ich bin in wenigen Minuten mit Durm verabredet. Meine Studien…«
»Verschlingen dich bei lebendigem Leib«, beendete Borne seinen Satz. »Barl weiß, dass wir in den letzten, langen Wochen nichts von dir gesehen haben, Gar. Das Leben hat mehr zu bieten als Magie. Auch die Familie ist wichtig.«
Gar konnte sich nicht bezähmen. Zum dritten Mal sah er Fane an. Diesmal ließ sie sich einen Anflug ihrer Gefühle ansehen. Seine Schultern sackten ein wenig herunter. »Ja, das weiß ich, Herr, aber…«
»Aber Vergnügungen«, erklang eine neue, weltgewandte Stimme, »müssen häufig hinter Pflichten zurücktreten.«
»Durm!«, rief Borne verblüfft und reckte den Hals. »Wo kommt Ihr denn her? Ich schwöre, Ihr bewegt Euch von Tag zu Tag mehr wie eine Katze.«
Morg, der vor den Kutschpferden stand, lächelte. Es waren glänzende, braune Tiere von wunderbarer Statur und mit sanften Augen. Er hob lässig die Hand und streichelte die weiche
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