König 02 - Königsmacher
Borne sich nach dem Kutscher um und sagte: »Die Pferde scheinen heute besonders frisch zu sein, Matcher!«
»Das sind sie auch, Eure Majestät«, erwiderte Matcher mit durchgedrückten Armen, während er die Zügel umklammert hielt. »Genaugenommen habe ich keine Ahnung, was in sie gefahren ist.«
»Es muss an all der frischen Herbstluft liegen«, meinte Borne. »Aber passt auf, wo Ihr hinfahrt, ja?« »Das mache ich, Eure Majestät.«
Die Königin, die ihm gegenübersaß, legte den Kopf in den Nacken und ließ sich seufzend die Sonne ins Gesicht scheinen. »Oh, es tut so gut, draußen zu sein. Ist Euch bewusst, dass ich seit fast einer Woche nichts anderes gemacht habe, als eine Ausschusssitzung nach der anderen zu leiten? Wahrhaftig, es ist mir unbegreiflich, dass diese Frauen so gesetzt sein können. Diese Etienne Jarralt …«
»Pah«, machte ihr Mann. »Ich würde die Lady mit Freuden gegen den Lord eintauschen.«
Dana rümpfte die Nase. »Nein, vielen Dank.«
Der Krüppel sah seinen Vater an. »Er beklagt sich immer noch, nicht?« »Nicht mehr als gewöhnlich«, sagte der König mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Es ist schon gut. Conroyd kann nicht anders. Er ist genauso, wie deine Mutter ihn beschrieben hat: ein Hund mit einem Knochen. Er wird ihn entweder vergraben und vergessen, wo er ist, oder er wird ihn zerkauen, und damit wird das Gespräch zu Ende sein.«
»Mit ein wenig Glück«, sagte der Krüppel verächtlich, »wird er ihn zerkauen und daran ersticken.«
»Ich denke«, bemerkte seine Schwester reserviert, »du solltest freundlicher zu ihm sein. Es kümmert mich nicht, was Ihr sagt, denn er ist kein schlechter Mensch.« Sie saß neben ihrer Mutter in der Ecke des breiten Reisewagens. Ihr Haar war kunstvoll geflochten, und sie war mit tiefer Konzentration in die Betrachtung der vorbeijagenden Landschaft versunken. »Es ist nicht seine Schuld, dass sein Vorfahr Trevoyles Wettstreit verloren hat und sein Haus niemals die Chance bekam, Könige hervorzubringen. Er ist ein mächtiger Magier. Er hätte vielleicht einen sehr guten Wettermacher abgegeben.«
Es folgte eine verlegene Pause, während derer nur das Dröhnen der Hufe auf der Straße und das Knarren der Kutsche zu hören waren. Morg ließ die Lider sinken und beobachtete das Mädchen verstohlen. Sie sah heute Morgen besonders schön aus. Ein Jammer, dass ein Stirnrunzeln die Vollkommenheit ihrer Züge zerstörte. Es war die Anspannung, die von ihrem Groll gegenüber ihrem Bruder rührte. Törichtes Kind. Das Leben war viel zu kurz, um es mit engstirnigen Kabbeleien zu vergeuden. Es war eine Schande, dass sie das nie begriffen hatte. Als die Kutsche ein wenig mehr Fahrt aufnahm, wandte Borne sich abermals an den Fahrer. »Um der Liebe Barls willen, Matcher, muss ich mich wiederholen? Sieh zu, dass diese verdammten Pferde langsamer gehen!« »Ja, Eure Majestät«, sagte Matcher und zog abermals an den Zügeln. Morg ließ den Blick über die grünen Pflanzen am Straßenrand gleiten und lächelte. Der Krüppel, der neben ihm saß, rutschte auf dem roten Lederpolster herum und beugte sich dann ein wenig vor, um die Aufmerksamkeit seiner Schwester zu erringen. »Ich habe dich seit Tagen nicht mehr gesehen, Fane«, begann er. »Wie geht es mit deinen Studien voran?«
Sie saß da wie eine aus Eis gemeißelte Jungfer. »Zufriedenstellend.« Ihr Bruder nickte. Morg konnte förmlich spüren, wie sehr er sich anstrengte, ihre eisige Fassade zu durchbrechen. Der Narr. Hatte er immer noch nicht begriffen, dass er seine Zeit verschwendete? Das Mädchen war genau wie Barl: eine schöne Herzensbrecherin. »Das ist gut«, sagte der Krüppel in dem Bemühen, ermutigend zu klingen. »An welchen Beschwörungen arbeitest du gerade?« »An meinen eigenen.«
Die Königin versuchte zu lächeln und ergriff die Hand ihrer Tochter. »Komm, Liebling, du kannst uns doch gewiss mehr erzählen, oder? Ich würde auch gern hören, was du tust.«
Fane riss ihre Hand los. »Ich dachte, wir wollten die Arbeit heute hinter uns lassen.«
»Sei nicht unhöflich, Fane«, sagte der König, durchaus freundlich, aber mit einem warnenden Unterton.
In den Augen des Mädchens blitzte kaltes Feuer auf. »Ich bin nicht unhöflich. Ich möchte nur nicht darüber reden.« Ihr Blick wanderte kurz zu dem Krüppel hinüber, dann wandte sie sich wieder der Landschaft zu. »Warum fragt Ihr nicht Gar, was er tut? Das ist sicher viel aufregender.«
Das müde Gesicht des Königs
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