Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
eingekreist, und das orangefarbene Wort »Aktion« zog die Blicke auf sich. Doch wer die Artikel kaufen wollte, erlebte einen Reinfall: In mehreren Filialen waren die Artikel schon am ersten Aktionstag nicht mehr zu bekommen.
Der Discounter musste vor das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az 20 U 130/01), wo er frech argumentierte: Den Kunden sei bewusst, dass Aktionsartikel nicht zum Standardsortiment gehörten und deshalb schnell ausverkauft sein könnten. »Schnell« traf es: Der Computerbildschirm war 35 Minuten nach Ladenöffnung ausverkauft, das Dampfbügeleisen nach einer Stunde, und die Futterstation war am Abend des ersten Verkaufstages nicht mehr zu bekommen.
Das Oberlandesgericht wies diese Argumentation zurück und schrieb dem Discounter ins Stammbuch: Mindestens drei Tage lang hätten die Kunden die Aktionsartikel bekommen müssen. Der Supermarkt habe sich an dieselben Standards wie ein Fachgeschäft zu halten. Wenn die Handelsfirma dieses Fachterrain betritt, »weil sie dort mehr verdienen und mit Hilfe ihrer Einkaufsmacht günstigere Preise bieten kann als die jeweiligen Branchenangehörigen, dann kann sie daraus nicht das Recht ableiten, gegenüber diesen Branchenangehörigen bevorzugt zu werden«. Die Werbung wurde als »irreführend« entlarvt.
In einem anderen Fall ging es um eine Schlümpfe-CD, die am Vormittag des ersten Verkaufstages noch gar nicht in der Filiale angekommen war (wie der Elektronik-Markt behauptete). Ohrfeige des Bundesgerichtshofes (Az 1 ZR 229/97): Die Ware habe »nicht erst im Lauf des in der Werbung genannten Tags, sondern bereits bei Geschäftsöffnung« zum Verkauf zu stehen.
Ebenfalls als Bluff erwies sich eine stark reduzierte Küchenzeile, die ein Möbelhaus anlässlich einer »Total-Räumung wegen Umbaus« anbot. Die Kunden suchten direkt nach Geschäftsöffnung vergeblich nach dem Schnäppchen. Das Verkaufspersonal behauptete, die Zeile sei schon am Tag vor der Aktion verkauft worden.
Das Oberlandesgericht Oldenburg (Az 1 U 121/05) stellte fest: Auch wenn es sich bei der Küche offensichtlich um ein Einzelstück gehandelt habe, hätte sie in der Werbung am angegebenen Tag noch zum Verkauf stehen müssen. Das Möbelhaus hätte auf den (angeblichen) Verkauf am Vortrag verzichten müssen.
Im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb heißt es, Produkte müssten in der Regel nach Erscheinen der Werbung zwei Tage vorrätig sein. Alles andere sei Kundenfang und unfairer Wettbewerb.
Doch welcher Kunde hat schon den Nerv, die Lockvögel mit juristischen Mitteln vom Himmel zu schießen? Die meisten tun etwas Näherliegendes: Sie erledigen andere Einkäufe, da sie ja nun schon einmal da sind. Ganz im Sinne des Erfinders!
DIE SCHLÜSSELDIENST-MAFIA
Ich sage: Es war ein Windstoß. Meine Freundin sagt: Es war meine Zerstreutheit. Fest steht: Die Haustür schlug hinter mir zu, als ich abends den Müll runterbrachte. Der Schlüssel steckte von innen. Ich ging zu Nachbarn. Gelbe Seiten, S wie Schlüsseldienst. Verblüfft entdeckte ich Dutzende von Angeboten – als hätten sich alle Handwerker Hamburgs auf legale Einbrüche spezialisiert.
Den Erstbesten rief ich an. Eine auffallend freundliche Frauen stimme meldete sich. Ich fragte: »Wie lange dauert es, meine Tür zu öffnen?«
Die Stimme trällerte: »Das hängt von Ihrer Tür ab. Aber manchmal ist der Monteur in einigen Minuten fertig.«
Ich atmete auf: »Dann kann es ja nicht so teuer sein, nehme ich an.«
»Rechnen Sie mal mit 120 Euro«, zwitscherte sie.
»120? Für ein paar Minuten?«
»Wir haben kurz nach 22 Uhr«, schnurrte sie. »Da ist ein Nachtzuschlag dabei.«
Ich stand in Pantoffeln vor der Tür. Es war Winter. Was sollte ich tun? Der Monteur kam nach einer halben Stunde. Zehn Minuten später war die Tür auf. Und ich um 120 Euro ärmer.
Was ich damals nicht wusste: Die Schlüsseldienste der Republik tricksen ihre Kunden auf perfide Weise aus; zwei Drittel der Einträge in den Branchenbüchern werden von sechs Prozent der Firmen geschaltet. 4 Die vielen Anbieternamen wirken wie eine Reuse beim Fischfang: Ganz egal, aus welcher Richtung der Kunde kommt, er schwimmt ins Netz der heimlichen Monopolisten.
Wer sich mehrere Angebote einholt, spricht – eventuell, ohne es zu merken – jedes Mal mit den Callcentern weniger Firmen. Und bekommt jedes Mal dieselbe Auskunft, zum Beispiel: »Kostet 120 Euro«. Der Wucher soll als fairer Marktpreis erscheinen.
Der ausgesperrte Kunde ist ein ideales Opfer: In Berlin
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