Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
wird im Supermarkt und im Internet praktiziert. Zum Beispiel, wenn ich einen Rasierer kaufe. Der Eintrittspreis in den Club ist auffallend günstig. So bekomme ich den »Gillette Fusion ProGlide Power Rasierer« für 11,50 Euro. Ein Schnäppchen, denke ich mir. Bestellt! Doch bereits beim Auspacken stutze ich: Warum liefert mir der Hersteller nur eine aufgesteckte Klinge? Waren bei den Vorgängermodellen »Sensor Excel« und »Mach 3« nicht noch fünf bzw. vier Klingen in der Packung?
Zehn Tage währt mein Rasiervergnügen – dann ist die Klinge unscharf, ich brauche Nachschub. Gerne würde ich mir günstige Klingen von No-Name-Firmen besorgen; fünf Stück wären für drei Euro zu haben. Aber der Hersteller des Rasierers ist schlau: Auf seinen Apparat passen nur die eigenen Klingen. Damit hebelt er den freien Wettbewerb aus.
Will ich diesen Rasierer weiterbenutzen, kann ich wählen zwischen 4er- und 8er-Klingen (mit vier oder acht Hauptklingen) – aber nicht zwischen mehreren Anbietern. Der Monopolist hat mich in den Schwitzkasten genommen. Seine Klingen sind teuer wie Schmuckstücke: Eine Packung 4er-Klingen kostet 21,99 Euro, 8er-Klingen gar 36,99 Euro. Das ist etwa der doppelte bzw. dreifache Preis des Hauptgerätes.
Marken-Rasierapparate – nicht nur dieser! – sind Fliegenfänger, sie halten die Kunden fest. Und die Klingen schneiden sich bis zu meinem Portemonnaie vor. Alle Wochen wieder, da es sich ja um einen Verbrauchsartikel handelt. Mit den Jahren lasse ich vierstellige Beträge für Rasierklingen in die Kassen der frechen Hersteller wandern.
Dabei zeigt das Angebot an markenlosen Rasierklingen: Offenbar kosten die Klingen in der Herstellung nur ein paar Cent. Aber wer auf einen Marken-Rasierer hereingefallen ist, der ist ein gefundenes Wucher-Opfer.
In dieselbe Nachtclub-Falle tappte ich beim Kauf meines Druckers »HP Officejet«. Ich dachte mir: Warum ein No-Name-Produkt kaufen, wenn mir ein angesehener Marken-Hersteller seinen Qualitätsdrucker ähnlich günstig anbietet? Falsch! Denn die günstigen Marken-Drucker werden von einem ewig potenten Sponsor subventioniert: vom Kunden selbst.
Der Kauf dieses Druckers, ein kleines Geschäft, zieht für den Anbieter ein großes Geschäft nach sich: den Verkauf der Druckerpatronen. Sicher, eigentlich kann man solche Patronen für ein besseres Trinkgeld bekommen. Aber wer einen Marken-Drucker gekauft hat, braucht …? Richtig, Marken-Patronen! Vom selben Hersteller.
Auf andere Patronen – sogar solche, die angeblich auch passen! – reagiert mein Drucker wie ein Schalke-Fan auf Bayern-München-Wimpel: Er weist sie energisch von sich.
Auch beim Nachfüllen günstiger Tinte – was in Foren empfohlen wird – bin ich auf der ganzen Linie gescheitert. Meine Finger sahen aus, als hätte ich die Villa Kunterbunt gestrichen. Aber das Druckergebnis war unlesbar. Offenbar haben sich die Ingenieure des Herstellers alle Mühe gegeben, mich an ihre Markenkette zu fesseln.
Ein lohnendes Geschäft: Zwei Originalpatronen sind nötig, um das Farbspektrum abzudecken – kaufe ich mir zwei Doppelpackungen, bin ich rund 55 Euro los. Dieser Umsatzfluss spült mit den Jahren Riesensummen in die Kassen der Hersteller. Der Preis ist auch des halb eine Frechheit, weil die Haltbarkeit der Patronen nur knapp über der von Frischmilch liegt. Es reicht, dass ich ein Buchmanuskript zweimal ausdrucke, schon brauche ich Nachschub. Und wenn ich ausnahmsweise mal über längere Zeit wenig drucke, trocknet mir die Patrone garantiert ein. Und der Drucker fordert mich per Patronen-Symbol auf: wechseln.
Das tun die Drucker heute gerne: Sie reklamieren einen zu geringen Tintenfüllstand. Oder sie behaupten, der Toner sei verbraucht. Der Appell lautet: nachkaufen! Aber der geübte Kunde weiß: Wenn man die angeblich leere Toner-Patrone kräftig schüttelt, lassen sich oft noch 50 oder 100 Seiten drucken. Offenbar ist das technisch gewollt: Der Verbraucher wird angestiftet, noch funktionsfähige Patronen wegzuwerfen – nur damit neues Geld in die Kasse fließt. Drucker-Verkauf in Drücker-Manier!
Der Nachtclub-Trick lauert überall. Nicht einmal einen Marken-Kaffeeautomaten kann ich mir heute mehr zulegen, ohne damit zum Kauf bestimmter Kaffeekapseln genötigt zu werden; keine elektronische Marken-Zahnbürste, ohne für die Bürstenköpfe zu bluten; keine Einschweiß-Maschine für Gefrierwaren, ohne dass ich zum Kauf einer teuren Spezialfolie gezwungen bin.
Natürlich steht es
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