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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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entschieden sich unbewusst für den Narzissenduft (50 %). Die unparfümierten Strümpfe wurden dreimal weniger bevorzugt, als es bei einer rationalen Wahl hätte der Fall sein müssen.
    Während die Frauen meinten, ihr Verstand habe sie gleitet, wurden sie im wahrsten Sinne des Wortes an der Nase herumgeführt.
    Wiesen die Anzeigen im Stern nicht exakt dasselbe Muster auf? Entscheidet der Kunde sich nicht, während er meint, einen Mercedes zu kaufen, in Wirklichkeit nur für die (scheinbar günstige) Finanzierung? Wird ihm, während er glaubt, ein Eau de Toilette zu kaufen, nicht nur ein (womöglich falscher) Persilschein für sein Gewissen gegenüber Kindern und der Umwelt angedreht? Alle Produkte sind parfümiert. Jedes auf seine Weise.
    Und die Nase kauft tatsächlich mit. Pausenlos strömen Düfte auf uns ein, ob im Supermarkt (warum riecht es dort eigentlich nach frischem Brot, obwohl es gar kein frisches Brot gibt?) oder beim Kauf eines neuen Autos, das nur deshalb wie ein neues Auto riecht, weil ein Duftdesigner es gleich einer Mausefalle mit diesem Köder präpariert hat.
    Wenn ich durch den Supermarkt wandle, rollt der Betreiber von der Decke herab einen Klangteppich aus, der sich unerbittlich über meine Sinne legt. Die Musik soll mich wie bei einem Rendezvous in Stimmung bringen, meine Kauflust anregen, mich verführbar machen. Doch anders als Eva, die nach dem Apfel am Baum griff, greife ich am Ende ins Regal. Erst recht dann, wenn die Musik von einer sanften Stimme unterbrochen wird, die mich im schnurrigen Bettgeflüsterton hinweist auf »einmalige Sonderangebote«, »Rabattaktionen« oder angeblich taufrische Ware an der Fleischtheke. Allerdings werde ich den Verdacht nicht los, dass mir bei solchen Ansagen vor allem Ladenhüter empfohlen werden – Produkte, die in zu großen Mengen eingekauft wurden. Oder kurz vor dem Ende ihrer Haltbarkeit stehen.
    Was ich ohnehin brauche, zum Beispiel Toilettenpapier oder Mineralwasser, muss mir kein Lautsprecher vorgeben. Aber auch bei diesen Standardprodukten ist unklar: Entscheide ich mich aus freiem Willen für eine Marke? Oder zappele ich nur als Marionette an den Fäden der Werbung?
    Das wissen der Himmel und die Werbepsychologie. Ich, der dumme Kunde, weiß es nicht.
    WEISSER ALS WEISS
    Ein mickriger Schokoriegel, der sich zur »längsten Praline der Welt« hochschwindelt, ein altbackenes Waschmittel, das »weißer als weiß« zu waschen behauptet, eine Allerwelts-Versicherung, die sich als »festes Bündnis mit dem Glück« ausgibt: Schon seit Kindertagen staune ich, was uns Kunden in TV-Werbespots zugemutet wird – an Superlativen, die von heiratsschwindlerischer Haltlosigkeit sind; an Großversprechen, die wie ungedeckte Schecks platzen.
    Und an Szenen, die jeder Lebenserfahrung widersprechen. Da unterhalten sich zwei Hausfrauen in einer Küche übers Abwaschen. Die Hausherrin schwärmt von einem Spülmittel und weist die andere darauf hin: »Sie baden gerade Ihre Hände darin!« Diese, als hätte sie das vorher nicht bemerkt, zieht mit Schrecken ihre Hand aus einem Schälchen mit Flüssigkeit.
    Dümmer geht’s nimmer! Doch offenbar werden diese plumpen Köder millionenfach geschluckt, sonst wären diese Spots keine Klassiker und ihre Nachfolger nicht ebenso platt ge worden.
    Warum nicht mal ein paar Anti-Werbeslogans entwickeln, die sich jeder Kunde als Gegengift einimpfen kann? Sechs Vorschläge:
    1. Da weiß man, was man lieber nicht hat.
    2. Alles, was ein Kunde nicht braucht.
    3. Weckt, was in dir speckt!
    4. Idiotisch. Taktisch. Ungut.
    5. Alle Entbehrlichkeit der Tropen zum Greifen nah.
    6. Macht Nicht-Kaufen zum Genuss!
    Die Geheimnisse eines Werbefotografen
    Stellen Sie sich vor, Sie flirten mit einem Menschen im Internet. Alles scheint zu passen, auch die Optik: Sein Foto ist ein Blickfang. Doch dann taucht derselbe Typ, der so schlank wirkte, zum ersten Date auf. Mit Bierbauch. Sein Gesicht ist aufgeschwemmt, seine Stirnhaare sind emigriert, und sein Alter klettert in einer Sekunde von 35 auf 65. Vielleicht hat er Ihnen ein Jugendfoto geschickt. Oder das Foto eines attraktiven Models.
    Käme es für Sie jetzt noch in Frage, mit diesem Menschen etwas anzufangen? Hätten Sie noch Vertrauen zu ihm? Oder würden Sie ihn ohne Zögern als »Hochstapler« bezeichnen?
    Die Parallele liegt auf der Hand: Die Produktbilder der Werbung ähneln den realen Produkten so wenig wie die Südsee einer Straßenpfütze. Schon lange frage ich mich: Warum sind die

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