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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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wirkendes Gefährt: ein motorisiertes Dreirad. Darunter steht: »125! Jahre Innovation«. Doch die große Überschrift der Anzeige lautet: »Unser Jubiläum – Ihr Vorteil. Sichern Sie sich 1,25 % Jahreszins! Am 7. Mai!« Dieser Tag, erfahre ich, ist ein »Aktionstag«, weil 125 Jahre zuvor Carl Benz das erste Automobil erfand.
    Mein innerer Schnäppchenjäger erwacht: Soll ich diesen »einmaligen Jubiläumspreis« nicht nutzen? Viel Zeit bleibt mir nicht mehr, der 7. Mai steht vor der Tür. Doch in der Fußnote entdecke ich: Dieses Angebot gilt schon seit dem 1. Januar und wird noch bis zur Jahresmitte dauern. Offenbar soll der (scheinbare) zeitliche Druck mich zum schnellen Kauf verlocken.
    Aber kann ich mir einen Mercedes überhaupt leisten? Eine Rechnung mit acht Zeilen wird in der Anzeige aufgemacht. Das Ergebnis steht in fettem Großdruck darunter: »299 € « pro Monat. Laufzeit: 36 Monate.
    Diese Zahlung scheint mir machbar – bis ich ins Kleingedruckte der Rechnung schaue: Der Kaufpreis liegt bei gut 34 000 Euro, dafür wird eine Anzahlung von gut 7 000 Euro fällig – und nach 36 Monaten eine Schlussrate von gut 17 000 Euro. Die angeblich so günstige Finanzierung gilt nur für den Differenzbetrag.
    Wozu werde ich hier eigentlich eingeladen, zum Autokauf oder zum Schuldenmachen? Und was soll mir hier verkauft werden, ein Auto oder eine Finanzierung?
    Auf der nächsten Seite eine Anzeige mit Zeichnung: Eine Frau, rank und schlank, hält sich an Luftballon-Schnüren fest. Doch die schwebenden Ballons, die ihren Körper fast abheben lassen, sind Früchte: Erdbeere, Zitrone, Ananas und Apfel. Über der Anzeige steht: »Mit Spaß abnehmen? Nichts leichter als das.« Endlich eine Werbung für ein gesundes Produkt, etwa für Obst?
    Ach was, mir werden »Figurprodukte von Kneipp« angepriesen. Angeblich unterstützen Tabletten, Genussriegel und Getränke »das gesunde Abnehmen«. Auf einer abgebildeten Packung legt ein schlan ker Mensch ein Maßband um seine Taille, und auf der Packung steht: »Fördert die Sättigung – wichtig für die Fettverbrennung.«
    Das klingt einfach. Doch wenn die Werbung stimmt, warum ist Übergewicht dann immer noch eine Volkskrankheit? Warum übernimmt dann nicht die Krankenkasse die Kosten für solche Pillen? Weil die Wirkung solcher Produkte von Experten massiv angezweifelt wird. Das einzige Rezept, das seriöse Mediziner zum Abnehmen empfehlen: viel Bewegung und gesunde Ernährung. Den Hinweis darauf spart sich die Anzeige.
    Auf demselben Verdummungsniveau geht es weiter. Unter der Überschrift »Haarausfall ist tückisch« verspricht mir ein »Coffein Shampoo«, mein (zugegebenermaßen nachlassendes) Haarwachstum wieder in Schwung zu bringen. Zwei Grafiken unterstreichen diese Aussage. Ein Wissenschaftler, der in einem Labor steht, bestätigt die Wirkung des Mittels. In der Bildunterschrift lese ich zufällig, dass es sich um Dr. A. Klenk, den Laborchef des Herstellers, handelt. Genauso gut könnte man Angela Merkel ein »objektives« Gutachten über die Wählbarkeit der CDU schreiben lassen. Oder Uli Hoeneß über die Spielstärke des FC Bayern München. Hier wird Wissenschaftlichkeit suggeriert, wo nur Verkaufstaktik ist.
    Auf Seite 59 erreiche ich den Gipfel der Kundenverdummung: Ein Mann mit Schmolllippen, Typ James Dean, schaut mit nacktem Oberkörper aus einer ganzseitigen Anzeige heraus. Unter der Anzeige heißt es: »Ein gekaufter Duft = 100 Liter sauberes Trinkwasser für Kinder.« Ich blättere um und stoße auf die Fortsetzung der Anzeige: das Bild eines tosenden Wasserfalls. Die Aussage mit dem Trinkwasser wird wiederholt. Man fordert mich auf: »Werden Sie Teil der Bewegung«.
    Was liegt dem Inserenten Giorgio Armani am Herzen: das Wasser, die Kinder oder doch nur der Umsatz seines eigenen Produktes? Eine perfide Verquickung. Es wird suggeriert, dass ich Kindern helfe, indem ich kaufe – oder durch Nicht-Kauf diese Hilfe verweigere. Und dass von meinem Kauf nicht in erster Linie der Verkäufer profitiert (wie es tatsächlich der Fall ist), sondern die Umwelt. Das Werbeversprechen ist für mich in keiner Weise nachprüfbar. Und es hat mit dem Produkt nichts zu tun.
    Ich klappe den Stern kopfschüttelnd zu. Wohlgemerkt: Ich habe nicht nach kuriosen Anzeigen gesucht, sondern einfach ein beliebiges Heft bis Seite 59 durchgeblättert. All diese Anzeigen offenbaren ein verheerendes Kundenbild. Die Menschen sollen nicht informiert, sondern verführt werden. Die Anbieter

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