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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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wollen auf Teufel komm raus verkaufen.
    Dabei sollte doch klar sein: Ein Auto macht einen Schreibtischtäter nicht zur Sportskanone. Die Schlankheitspillen schmelzen meine Hüftspeckansätze nicht weg. Das Haarwuchs-Shampoo macht meine Geheimratsecken nicht rückgängig. Und wenn ich ein Eau de Toilette kaufe, schade ich der Umwelt eher (denn der Duft wurde unter Energie- und Wasserverbrauch industriell gefertigt und über viele Kilometer zum Ort des Verkaufs transportiert), als dass ich ihr helfe.
    Auf dem Marktplatz der Werbung findet öffentliche Volksverdummung statt. Mit suggestiven Mitteln werden den Kunden Produkte aufgeschwatzt, die sie offenbar gar nicht brauchen. Man spannt Emotionen vor den Karren des Verkaufs, packt die Menschen bei ihren Hoffnungen (schlanker sein), ihren Werten (Kinde r / Wasser), ihren Ängsten (Haare verlieren), ihren Sehnsüchten (Liebe dank Espresso).
    Mündige Kunden sind offenbar nicht erwünscht. Diese Werbung ist der Flötenton des Rattenfängers.
    An der Nase herumgeführt
    Zugegeben: Wenn ich nicht gerade die Anzeigen aus dem Stern analysiere, bin ich ein Mediennutzer wie jeder andere. Ich lese Artikel, schaue Sendungen und bin der Meinung, dass die Werbung, die dazwischen läuft, an meinem aufgeklärten Kopf abprallt. Solche platten Sprüche, solche glatten Bilder sollen mich beeinflussen? Nie im Leben!
    Doch genau diese Einstellung – der Glaube, nicht beeinflussbar zu sein – ist das beste Einfallstor für die Botschaften der Werbung. Denn auf der Hut ist nur, wer sich in Gefahr wähnt. Wer sich hingegen für unmanipulierbar hält, dessen Sinneskanäle sind (unbewusst) ganz weit offen für Suggestionen.
    Werbung funktioniert wie Hochseefischerei. Jemand wirft ein Netz aus, und die Beute bemerkt es erst, wenn sie schon darin zappelt. Mit welchen Tricks gehen die Menschenfischer der Wer bung ans Werk? Auf welcher Grundlage basiert ihr Handwerk? Und was muss man als Kunde wissen, um sich ihrem Einfluss zu entziehen?
    Auf der Suche nach einer Antwort schaue ich mich in jener Küche um, in der die schmackhaften Werbegerichte gekocht werden: in der Werbepsychologie. Die Fachlektüre macht mir eine Gänsehaut. 81 Kann es sein, dass meine Hand, die aus freien Stücken ein Produkt zu greifen meint, von der Werbung wie von einer Fernsteuerung gelenkt wird? Und ist mein Kaufgedanke kein Resultat meines freien Willens, sondern nur die keimende Saat einer heimlich eingepflanzten Werbebotschaft?
    Zwei klassische Experimente der Werbepsychologie nähren diesen Verdacht. Noch heute stehen sie auf dem Lehrplan angehender Werber an Universitäten:
    1. Der herbeigezauberte Hunger
    Das Experiment von Donn Byrne: 105 Psychologie-Studenten wurden aufgeteilt in zwei Gruppen und sahen einen Film über die Techniken der Verstärkung – scheinbar eine reine Lehrveranstaltung. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen: Bei der zweiten wurde alle sieben Sekunden für eine gespenstische Zweihundertstelsekunde das Wort »Beef« eingeblendet. Die Dauer dieser Einblendung war so kurz, dass sie sich der bewussten Wahrnehmung entzog.
    Nach der Filmvorführung wurden beide Gruppen gefragt: »Wie hungrig fühlen Sie sich?« Und tatsächlich: Die »Beef-Gruppe« empfand deutlich mehr Esslust als die Vergleichsgruppe. Der Hunger war offenbar nicht im Magen entstanden, sondern durch eine in den Kopf geschmuggelte Werbebotschaft. Manipulation pur!
    Als Kunde frage ich mich: Wenn schon diese Primitivform der Wer bung, ein eingeblendetes Wort, so erfolgreich ist – wie erfolgreich mag dann erst ein professionell ausgetüftelter Werbespot oder eine Anzeige sein? Wie viele Versuchspersonen müssen darauf hereinfallen, ehe der finale Schuss auf mich als Kunden abgegeben wird?
    2. Dufte Strümpfe
    Das Experiment von Donald A. Laird: 250 Frauen wurden gebeten, die Qualität von Damenstrümpfen zu beurteilen. Was die Frauen nicht wussten: Alle vier Strümpfe, die zur Wahl standen, stammten aus derselben Fertigung. Es gab keine Qualitätsunterschiede.
    Dennoch wichen die Vorlieben von der statistischen Verteilung ab: Ein Strumpfpaar wurde von acht Prozent der Frauen bevorzugt, auf die anderen Strümpfe entfielen 18 Prozent, 24 Prozent und 50 Prozent. Was um alles in der Welt hatte die Frauen dazu gebracht, ein Paar Strümpfe links liegen zu lassen, dagegen drei andere – vor allem eines davon – zu bevorzugen?
    Das Werbegeheimnis: Drei Strümpfe waren vor dem Experiment parfümiert worden. Die meisten Frauen

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