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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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Service zum Blühen zu bringen. Hier lesen Sie …
warum kleine Kunden mächtiger sind als große Firmen,
weshalb der Wutkunde auf den Wutbürger folgen wird,
wie die scharfe Klinge des Boykotts funktioniert,
und wie Politiker sich von Wirtschafts- zu Volksvertretern verwandeln lassen.
    Von Zwergen und Riesen
    Gehorcht die tägliche Kundenmisshandlung einem Naturgesetz? Treffen uns die Ohrfeigen der Firmen so unvermeidlich wie ein Sturm ausläufer? Mein Kamelritt durch die deutsche Servicewüste hat mich gelehrt: Es gehören immer zwei dazu – einer, der es macht, und einer, der es mit sich machen lässt. Mit jeder Kröte, die ich als Kunde schlucke, lade ich die Firmen ein, mir weitere Kröten zu servieren.
    Die Firmen nennen uns »Verbraucher« – ein vielsagendes Wort! Aus ihrer Sicht ist das jemand, der Produkte und Dienstleistungen »braucht«. So wie ein Auto das Benzin. Scheinbar zappeln wir an den Marionettenfäden unserer Bedürfnisse. Als müssten wir in jedem Fall kaufen, buchen, bezahlen – also Geld in die Firmenkassen spülen.
    Diesem Verbraucher trauen die Firmen nicht zu, dass er sich wehrt. Denn sie haben gelernt, dass man ihm alles zumuten kann, auch den miesesten Service; dass man ihm alles aufbürden kann, auch die höchsten Preise; dass man ihn für alles einspannen kann, auch für Arbeiten, die er selbst bezahlt. Und dass er am Ende doch kauft!
    Die Unternehmen führen sich auf wie Riesen. Und das Zwergenreich, über das sie mit ihrer Marktmacht herrschen, ist die Welt der Kunden. Mit ihren Werbemillionen wollen die Unternehmen unsere Köpfe programmieren. Mit ihren Vertriebsarmeen pumpen sie die Regale voll. Mit ihrer monopolistischen Marktmacht teilen sie den Umsatz unter wenigen Giganten auf. Der Kunde erscheint als verlässliche Melkkuh, sein Geld flutet in die Kassen.
    Doch es geht auch anders! In einem Gedicht von Bertolt Brecht heißt es: »General, dein Tank ist ein starker Wagen (…). Aber er hat einen Fehler: Er braucht einen Fahrer.« In diesem Sinne rufe ich den Firmenlenkern zu: »Manager, deine Firma ist ein Millionengeschäft, aber sie hat einen Fehler: Sie braucht Kunden!«
    Die scheinbar so mächtigen Unternehmen, ob Discounter oder Deutsche Bahn, ob Internet-Giganten oder Mineralöl-Riesen – sie alle sind nur so mächtig, wie wir sie als Kunden mächtig machen; nur so reich, wie wir sie mit unserem Geld reichmachen; nur so weit bekannt, wie wir sie zur Kenntnis nehmen.
    Ohne uns Kunden bleibt vom Supermarkt nur eine stinkende Halle, in der Waren vergammeln. Ohne uns Kunden verkommt die Deutsche Bahn zur teuersten Spielzeugeisenbahn des Landes, deren Züge auf den Gleisen festrosten. Ohne uns Kunden schrumpfen die Internet-Firmen zu ein bisschen HTML-Augenpulver ohne Substanz.
    Jede Firma braucht Kunden. Mit dem Geld, das der Kunde bringt, betreibt sie Geschäfte und schreibt Gewinn. Eine Firma ohne Kunden ist keine Firma mehr, nur noch eine Insolvenz in spe.
    Wir Kunden haben die Firmen in der Hand, wir könnten sie durch unseren Boykott verändern, in die Knie zwingen, sogar ausradieren. Das Dumme ist nur: Wir gebrauchen diese Macht nicht! Zahllose Tiefschläge haben uns fügsam gemacht. So finden wir es normal, dass die Toiletten in den Zügen der Deutschen Bahn ebenso schmutzig sind wie die Tricks der Werbung; dass die großen Stromkonzerne trotz sinkender Energiepreise ihre Rechnungen nach oben schrauben; dass die Banken uns saftige Gebühren abknüpfen, ohne etwas dafür zu tun; oder dass die Lebensmittelindustrie ihre Verpackungen mit Halbwahrheiten bedruckt, die wir am Esstisch auslöffeln müssen.
    Statt Rabatz zu machen, wenn der Service nicht stimmt, machen wir unser Portemonnaie auf. Statt Reparaturen zu fordern, wenn ein Produkt nicht funktioniert, beheben wir die Fehler auf Kommando der Hersteller selbst. Und statt andere Kunden, die sich wehren, durch Solidarität zu unterstützen, sehen wir sie zum Beispiel im Supermarkt nur als ärgerliche Hindernisse auf dem schnellen Weg zur Kasse an.
    Höchste Zeit, dass wir Kunden dieses Zwergenreich verlassen, dass wir uns groß machen, dass unser Protest zu einem Chor anschwillt, dessen Refrain lautet: »Wir bezahlen das Konzert, also bestimmen wir auch, was gespielt wird.« Höchste Zeit, dass wir unsere Macht ausüben – statt sie wie eine ungenutzte Waffe verrosten zu lassen!
    Willkommen, Wutkunde!
    Was würde passieren, wenn alle Autofahrer im deutschsprachigen Raum eine Woche lang nur noch freie Tankstellen

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