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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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kennen.
     
15
     
    Richard hörte zu, wie Nadine den Brunch zubereitete. Er hatte sie im Badezimmer in die alte Keramikschüssel urinieren hören – hoher Druck aus geringer Höhe – und die Nase gerümpft. Richard kam in eine zweite Reinlichkeitsphase, die vollkommen jener in seiner Jugend glich, und hatte für die Zurschaustellung menschlicher Schwächen oder menschlicher Determiniertheit durch Biologie nicht viel übrig, erst recht nicht, wenn es ihn selbst betraf. Er hatte den Sex mit Nadine in der vergangenen Nacht genossen; sie hielt sich peinlich sauber, aber er verabscheute jetzt seine eigenen Badezimmergeräusche, und zwar noch mehr als die Geräusche, die andere machten. Als er noch verheiratet gewesen war, hatte ihn das nie gestört.
    + Therapiere mich selbst. Meine Frau hat solche Geräusche gemacht; meine Frau ist tot. Wer solche Geräusche macht kann sterben. Ist es das?
    + Nein.
    Er rollte sich vom Rahmenbett, hörte die elektrische Aufhängung erleichtert surren und sah durch die vergilbten Spitzenvorhänge vor dem staubigen Schlafzimmerfenster mit der Fensterbank combgespiegeltes Sonnenlicht auf einem fernen gelben Steingebäude. Vergnügt roch er den Duft von Kaffee und wiederaufgewärmter Hackpastete. Vielleicht würde heute alles wieder im Lot sein, ein normaler oder sogar angenehmer Tag.
    Dann eine jähe dunkle Störung. Nichts hatte sich geändert. Er hatte weder seine eigenen Probleme noch die von sonstwem gelöst. Auch heute würde er wieder nichts schreiben; die Heuchelei würde weitergehen, er würde weiterhin so tun, als ob er ein Schriftsteller sei, wo er doch in Wirklichkeit ein Parasit ein Kriecher ein Gefolgsmann jener war, die höhere Energieniveaus mehr Dynamik größere Fähigkeiten besaßen, sich ins pralle Leben zu stürzen und erfolgreich wieder daraus hervorzukommen. Sein Leben war eine schlichte Wiederholung von Was Wenns und Was Hätte Gewesen Sein Könnens.
    »Du bist ja wach.« Nadine schob ihren Kopf um den Türpfosten herum; die schwarzen Haare standen lustig in alle Richtungen.
    »Leider«, sagte er.
    »Immer noch down?«
    »Total down«, antwortete er leise.
    »Dann hab ich versagt«, sagte sie leichthin. Sie nahm seinen Trübsinn leicht, und warum auch nicht. »Bin wohl nicht gerade eine Liebesdienerin, die deine Nächte taghell erstrahlen läßt, was?«
    »Das ist es nicht«, sagte er. »Ich bin immer noch…«
    Sie wartete, und als kein Adjektiv kam, zog sie einen Flunsch und trat von der Tür zurück. »Die Reste stehen auf dem Tisch.«
    Er konnte zumindest dankbar dafür sein, daß ihre Stimmung nicht seiner entsprach. Alle beide down, das wäre zuviel für ihn gewesen. In Wahrheit war er froh, daß jemand bei ihm war und daß dieser Jemand weiblich war, und er hatte den Sex in der vergangenen Nacht genossen, und er hatte Hunger.
    Er schüttelte den Kopf und schlüpfte in einen Morgenmantel, wobei er sich fragte, wie viele Sekunden es diesmal wieder dauern würde, bis das Pendel zurückschwang. Als seine Hand halb im linken Ärmel des Morgenmantels steckte, hielt er inne, weil er die Türglocke hörte. Der Hausmanager meldete nichts; ein Versagen, das nicht unerwartet kam.
    »Soll ich?« fragte Nadine spitzbübisch. Ihre Miene deutete an, daß man eine gefallene Frau nicht den Blicken morgendlicher Besucher aussetzen sollte.
    »Nein. Ich geh schon.«
    Er zog sich Hausschuhe an und machte die Tür auf. Hinter dem uralten, ewigen Kunststoffgitter stand ein junger Mann, den er noch nie gesehen hatte: rote Haare freundliches rundes Gesicht aufmerksam mit raschem Lächeln und dem Gebaren eines Vertreters. Vertreter kamen nicht in diesen Teil des Schattens.
    »Sind Sie Richard Fettle?«
    »Ja.« Er schlüpfte in den anderen Ärmel.
    »Mein Name ist nicht wichtig. Ich habe ein paar Fragen. Um der Gesellschaft willen hoffe ich, daß Sie antworten werden.«
    Die Formel ›Um der Gesellschaft willen‹ war im Schatten und sogar in den Combs zu einem nervösen Scherz geworden, aber das hier war kein Scherz. Daß sie sich dafür interessieren würden, war klar. Die Sache war das Thema des Tages, und er war darin verwickelt. Berühmtheit Publicity Sensation.
    »Entschuldigung?« stotterte Richard und hoffte, er würde die Tür zumachen dürfen.
    »Darf ich hereinkommen? Um der Gesellschaft willen.«
    In der Küche stand Nadine wie eine Katze mit gespreizten Fingern und schüttelte den Kopf. Nein. Laß ihn nicht rein.
    Die Untherapierten holten nur selten die PDs. Hier

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