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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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arbeiten muß. Entwicklungstherapie auf hohem Niveau. Besseres Leben durch besseren Geist.«
    Martin erinnerte sich, daß Carol sehr intelligent und eine präzise Planerin gewesen war, aber sie war berechnender und manipulativer geworden. »Wer hat hier wen gefaustet?« fragte er.
    »Ich muß jetzt gehen.« Sie stand auf. »Ruf Lascal an. Du wirst es nicht bereuen.« Sie lächelte. »Ist doch ein Klacks.«
    »Das müßtest du besser wissen.«
    »Dann also der Mount Everest aller Sondierungen. Einen Dichter sondieren, der mordet. Fasziniert dich das nicht? Wie sieht Goldsmiths Landschaft aus? Ist er in der Hölle? Vielleicht gelingt es uns, die Frage zu beantworten, woher das Böse kommt. Das wäre so, als ob man die Quelle des Nil oder die menschliche Seele fände.«
    Martin stand auf. Er fühlte sich benommen.
    »Ich bring dich noch raus«, sagte Carol und nahm seinen Arm.

Hebe den Kopf Mutter der einen hängenden Brust
Erwecke dies gewaltige schlummernde Ägypten und sieh dich um
Was hast du deinen Kindern angetan? Schämst du dich?
Du hast nicht aufgeschrien als sie dir weggerissen wurden
Hast du gewußt was kommen würde
Gebleichte Knochen bewegen sich vorwärts du hebst deine Röcke nicht einmal Schatten
Und dann schickst du aus Liebe eine Seuche
Schwing die Sense, Schnitter; die Hälfte ist tot, Mutter.
Deine Brust hängt immer noch herab, an ihrer Spitze ein Tropfen bittrer
weißer Milch, weiße Milch an einer schwarzen Brust
Schwing die Sense, Schnitter
Rosa Milch, rot.
     
14
     
    Vormittags um halb zwölf bekam Mary Choy in ihrer provisorischen Unterkunft die Analyse der Goldsmith-Wohnung über eine gesicherte PD-Leitung auf ihre Tafel. Sie scrollte halb konzentriert durch den Text, während sie starken Tee trank und an Hispaniola dachte, ehemals Haiti und die Dominikanische Republik. Colonel Sir John Yardley. Sie bemühte sich, nicht an den frühmorgendlichen Jiltz und die Höllenkronen zu denken; an den Schrei des armen Widerlings Lon Joyce beim Aufwachen.
    Sie schloß die Augen, schaute dann von der Analyse auf und runzelte die Stirn. Es ärgerte sie, daß ihre Konzentration nachgelassen hatte. Der leere Raum mit der Pritsche hatte pastellblaugraue Wände einen waldgrünen Teppich ein bereits gemachtes Bett mit straff gespanntem Laken aufzuweisen. Mary tippte sich mit dem Stift an die Lippen.
    Der Ablauf des Ganzen. Goldsmith (Wahrscheinlichkeit 90 %) wartete im Vorzimmer; er hatte Gäste eingeladen, die im Abstand von fünfzehn Minuten eintreffen sollten, und dabei besonderen Wert auf Pünktlichkeit gelegt. Mary las Faksimiles der Einladungen, neun Karten, die von einem Sonderkurier persönlich überbracht worden waren; ein junger Anhänger war ihm durch die Lappen gegangen (Verweis auf Vid-Interview). Die Party versprach eine den Schleier des Geheimnisses lüftende Lesung aus dem neuen Werk des Meisters; zugleich sollte der Geburtstag von drei Anhängern zusammen mit dem von Goldsmith gefeiert werden.
    Goldsmiths Geburtstag. Das hatte sie bis jetzt nicht gewußt. Aus irgendeinem Grund schockierte es sie, und sie mußte tief Luft holen.
    Goldsmith (Wahrscheinlichkeit 90%) führte sie einen nach dem anderen ins Wohnzimmer, vermutlich mit verborgener Waffe, aber Mary traute ihm zu, daß er das große Bowiemesser mit Goldknauf Elfenbeingriff glänzender Stahlklinge tatsächlich vorgezeigt hatte, das hundert Jahre alt und Eigentum seines Vaters gewesen war, der sich damit gegen ›weiße‹ Cops verteidigt hatte (Verweis auf Vid-Interview mit neuntem Anhänger). Legte ihnen von hinten die freie Hand um eine Schulter wie bei einer väterlichen Umarmung trennte lange Liste lebenswichtiger Gefäße durch Blut spritzte stoßweise Herz-Schock aus und vorbei. Goldsmith wahrscheinlich nicht besudelt vielleicht bloß ein Arm abzuwaschen und zu säubern fürs nächste Opfer. Schlachthofeffektivität. Nacheinander abgeschlachtet wie Vieh.
    Sie machte erneut die Augen zu und hielt sie geschlossen. Ihre Brauen waren zusammengezogen, ihre Lider flackerten. Sie schlug sie wieder auf und las weiter.
    Schaubilder Graphiken Simulationen diverser kriminalistischer Techniker forensischer Experten Wanzen auf Schienen und Arbeiter mit zusätzlicher Beweiskraft, vierdimensionale Spuren warmer Körper in Bewegung – fallender Körper – auf Analysatorfotos von Wärmemustern vor dem Einfrieren, Bögen warmer Flüssigkeit (Spritzeranalyse von den Wänden), das Blut aller Opfer in verschiedenen Farben übereinander, Mordanschlag

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