Königin der Engel
mal.
Mary Choy stand auf. Ihr schwarzes PD-Kostüm erzeugte an Unterarmen und Knien ein weiches, gleitendes Geräusch. »Sie sind der Meinung, daß er nicht nach Hispaniola gegangen ist.«
»Ich weiß es nicht, weder so herum noch so herum.« Richard wurde auf einmal rot. Er warf ihr einen Blick zu, schaute weg, suchte nach Worten und stotterte. »Ich würde Ihnen gern helfen. Wirklich.«
»Es wäre jedenfalls ein Freundschaftsdienst, die PDs zu Goldsmith zu führen, bevor ihn ein Selektor findet. Wir haben erfahren, daß die Selektoren hinter ihm her sind.«
Richard errötete noch stärker. Ein paar Sekunden lang war er außerstande, zu sprechen oder sich zu bewegen, wie eine Bernsteinfliege in einen tiefen, unerklärlichen Zorn eingebettet. »Ja«, brachte er heraus. »Ja.« + Sie weiß Bescheid. Vielleicht arbeitet das PD mit ihnen zusammen. Rück raus damit! Sag’s ihr!
Mary Choy beobachtete, wie er sich wand. Ihr Gesicht war von unerbittlicher Gelassenheit. Er spürte ihre Aufmerksamkeit wie ein Kind, spürte, daß er ihr ausgewichen war, und zwar völlig sinnlos, und daß sie recht hatte; es hieße Emanuel einen Dienst zu erweisen, wenn das PD ihn faßte – und zwar nicht bloß, um ihn vor den Selektoren zu bewahren. »Ich wünschte, ich… ich… ich könnte I-Ihnen helfen. Ehrlich. Ich komme mir so hilflos und unwissend vor, wirklich…« Er blickte auf; sein Schmerz war gut verborgen, und sein stummes Flehen war beredt genug.
+ Gesteh deine Schwäche deine Unfähigkeit ein. Alles was du geschrieben hast ist falsch tot nutzlos. Ein Nachmittag vergeudet. Hoffnung auf Besserung erloschen. Zeig ihr die Seiten. Gib es auf und
»Vielen Dank«, sagte Mary Choy. »Ich weiß Ihre Aufrichtigkeit zu schätzen.«
Er stand auf, und sie ging zur Tür, wobei sie ihn beinahe keck anlächelte. Noch ein Knoten im Magen, seine Füße wie festgewachsen große Augen Kopf servil gebeugt. Sie machte die Tür leise zu, ließ das Schloß mit sanfter Kraft einschnappen und entfernte sich draußen auf dem Gang so geschmeidig wie ein Panther.
Richard ließ sich wieder auf die Couch fallen. Seine Arme baumelten herab, die Handflächen zeigten nach oben – eine leere Hülle. Eine halbe Stunde verstrich, ohne daß er sich rührte. Dann ging er langsam und entschlossen ins Schlafzimmer und nahm die fünfzehn handbeschriebenen Seiten auf, las eine vollgekritzelte Zeile
Alles, was ich als Dichter bin, hing von dieser Entscheidung ab, wie weit ich zu gehen bereit war, wie weit über die Grenzen menschlicher Wohlanständigkeit hinaus
und zerriß die teuren, atavistischen Papierblätter mit den atavistischen Statikschreiberspuren in winzige Stücke. Die Tränen auf seinen Wangen waren wie Schweiß, und er warf die Fetzen mit einem leisen Schweinegrunzen in eine Ecke.
Stand wie ein Baum da, der darauf wartete, gefällt zu werden, langfingrige Hände schlaff an den Seiten, hängendes Kinn.
Dann versetzte Richard die Bruchstücke seines Egos in Erstaunen. Er nahm ein paar neue Blätter und den Statikschreiber in die Hand, setzte sich aufs Bett, einen Kissenberg im Rücken, und schrieb oben auf das erste Blatt:
Es endete in Blut und tranchiertem Fleisch, aber es begann mit der Erkenntnis meines Menschseins. Das (/-Dilemma-/) Problem, das ich mir aufgeladen hatte, die Last der Pein und des Bösen, von der ich mich mit meiner Kunst nicht befreien konnte, ließ sich nur dadurch neutralisieren, daß ich zu dem wurde, was ich verabscheute.
Richard hatte drei Seiten des neuen Entwurfs fertig und begann zu glauben, daß noch nicht alles verloren war, als der Hausmanager verkündete, daß Nadine zurückgekommen sei.
Nichts, was ich geleistet habe, nichts, was ich geschrieben oder getan habe, war auch nur einen Pfifferling wert. Man hat mir erklärt, ich sei erfolgreich, aber eine neue Stimme in meinem Innern, eine starke Stimme, sagt mir, daß ich getäuscht worden bin. »Es ist reine Selbstbefriedigung, und es nützt keinem«, sagt die Stimme. »Deine Bemühungen waren kläglich und illusionär. Du hast dir die Aufgabe gestellt, den Drang der Menschheit zur Selbstzerstörung zu beschreiben, aber du hast mit den Fingern auf alle außer dir selbst gezeigt. Und wer hat dich bei dieser Komödie der Irreführung unterstützt? Jene, die dich am meisten lieben.«
20
(Keyb – Tastatureingabe)
!JILL> Roger Atkins.
!JILL> Roger Atkins.
!Keyb> Hier Roger. Hallo, Jill. Ich bin in zehn Minuten in den LitVids. Was
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