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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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das könnte unangenehm werden.

Wie kannst du mich kennen? Warum liegt dir so viel daran, mich zu kennen? Mein Ruhm macht dich zum Narren.
     
19
     
    Richard Fettle begann vor Müdigkeit zu schielen und legte den Schreibstift weg. Er zwinkerte, rieb sich die Augen mit dem Handrücken und stand vom Bett auf. Seine Muskeln waren verkrampft, er sah nur noch undeutlich, und seine Gelenke knackten. Er knetete seine Finger und fühlte sich wie jemand, der aus den Tiefen einer Sauftour auftaucht. Gleichzeitig spürte er jedoch auch eine ungeheure Erleichterung, ein neues Selbstwertgefühl, denn er hatte geschrieben, und was er geschrieben hatte, war gut.
    Aber er traute sich nicht, sich das zu bestätigen, indem er die ganzen dicht bekritzelten zehn Seiten noch einmal durchlas. Statt dessen machte er sich eine Tasse schwarzen Kaffee, dachte an Goldsmiths alte Anspielungen auf Kaffee und Sahne und lächelte, während er den Kaffee trank, als ob er dabei irgendwie das Blut und das Fleisch des Dichters in sich aufnehmen würde.
    Mit Worten hatte er das bereits getan. Es war ein gutes Gefühl. Bald würde er Goldsmith in ein festes kleines Hautknötchen packen und auspressen, nachdem er ihn sich durch das Ritual des Schreibens einverleibt hatte.
    Er wanderte in seiner Wohnung umher und lächelte einfältig, von der Muse geküßt. Ein Mann, der sich endlich freigeschissen hatte oder zumindest sah, daß die Verstopfung bald ein Ende haben würde.
    + Was brauchte es um die Fesseln zu sprengen: einen Übergriff. Was war das Produkt: Worte. Was war das Gefühl: Ekstase. Wohin würde alles führen: Vielleicht zu einer Veröffentlichung. Ob es gut sein würde etwas zu veröffentlichen?
    + Ja.
    Goldsmith würde ihm letztlich einen Dienst erweisen.
    Er reckte sich, gähnte und warf einen Blick auf seine Uhr: 15 Uhr 50. Er hatte seit dem Besuch des Selektors nichts mehr gegessen. Vor sich hin murmelnd, sich kratzend und sich schüttelnd wie ein nasser Hund schlängelte sich Richard in die Küche, machte den Kühlschrank auf inhalierte die kühle Luft suchte nach Päckchen mit Zuchtfischaufstrich und Blättern ehemals frischen Gemüses in einer Schüssel. Er schenkte sich ein Glas Milchersatz ein.
    + Goldsmith konnte Vollmilch nicht vertragen überhaupt keine Molkereiprodukte nur Milchersatz
    + Schwarze Flecken auf Weiß auslöschen wieder weiß
    Richard hielt inne. Kratzte sich langsam. Drehte den Kopf und hielt ihn schräg. Stellte das Essen auf den Tresen. + Was ist wichtiger als Essen.
    Er ging ins Schlafzimmer zurück und nahm ein Blatt Papier zur Hand, fand die störende Passage und löschte sie aus, indem er mit dem statischen Ende des Stifts lässig über das Blatt strich. Er blies die geronnenen Flecken weg und schrieb die Passage neu.
    Und machte weiter. Um 16 Uhr 50 hatte er fünfzehn vollgekritzelte Seiten.
    Richard stand auf. Sein Gesicht spiegelte den Protest seines Körpers; er hatte jetzt richtige Schmerzen. Er versuchte es mit Lockerungsübungen, um die verkrampften Muskeln zu entspannen und sich wieder fit zu machen, und dachte an eine heiße Dusche warme Sonne geschmolzene Buttermuskeln, aber keine Technik wollte funktionieren.
    Er stolperte ins Wohnzimmer. Die Wohnungsstimme meldete einen Besucher, und er erstarrte mit geweiteten Augen. Langer Schatten an der Milchglasscheibe der Wohnungstür.
    Richard spähte durch die abgenutzte Kunststofflinse des Türspions und sah eine PD: die transformierte schwarze Frau, Lieutenant Choy. Er trat zurück und wedelte dabei mit den Händen, als ob er sich verbrannt hätte. Zu seiner Unentschlossenheit kamen jähe Krämpfe, und er krümmte sich zusammen. + Lieber Himmel. Das habe ich nicht verdient. Wann wird das aufhören.
    Er machte das Messingtürschild unter dem Guckloch auf. Hohe Tonlage, aber fest und beherrscht: »Hallo?«
    »R Fettle«, sagte Mary Choy. »Entschuldigen Sie die Störung. Darf ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen?«
    »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß…«
    »Ja, und Sie stehen jetzt auch keineswegs mehr unter Verdacht. Aber ich brauche ein paar Hintergrundinformationen. Eindrücke.« Sie lächelte dieses reizende, unnatürliche Lächeln, weiße Zähne klein und zart hinter vollen Lippen und glatter, fein behaarter schwarzer Haut. Ihr Gesichtsausdruck bewirkte, daß er den Blick abwenden mußte und daß sich sein Magen noch mehr zusammenkrampfte. + Sie kann nicht real sein nichts von all dem ist real.
    »Können wir drinnen

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