Königin der Schwerter
Sandra durch den nächtl i chen Wald. Es war kalt. Ihr Atem dampfte. Irgendwo hinter sich hörte sie Äste und Zweige ber s ten. Der Boden erzitterte, unter schweren Schritten.
Er kam.
Sie wollte schneller laufen, doch der Boden verwande l te sich jäh in einen zähen schwarzen Morast, der ihre Füße bis zu den Knöcheln verschlang. Fl u chend versuchte sie sich zu befreien. Aber was sie auch tat, es führte nur dazu, dass sie noch tiefer ei n sank. Panik stieg in ihr auf. Ihr Herz raste. Doch sie gab nicht auf. Erst als der mass i ge Körper ihres Verfolgers aus dem Dunkel zwischen den Bäumen auftauchte, hielt sie inne. Todesfurcht schnürte ihr die Kehle zu, als sie den Kopf hob und auf das D i ckicht starrte, aus dem in diesem Augenblick ein riese n hafter Affe ins Mondlicht trat …
Sandra erwachte mit einem Schrei. Die Augen weit geöffnet, richtete sie sich in ihrem Bett auf und blickte sich gehetzt um.
Draußen schien die Sonne und schickte einen he l len Lichtstreifen an den Jalousien vorbei auf ihre Bet t decke. Dennoch dauerte es eine ganze Weile, bis sie begriff, dass Morast und Dunkelheit nur ein Traum gewesen waren.
… nur ein Traum. Ein Albtraum.
Seufzend ließ sie sich in die Kissen sinken, schloss die Augen und wartete darauf, dass ihr Her z schlag sich beruhigte.
Die seltsame Versteigerung, die Gerüchte um den Tod der Gräfin, der Erwerb der Affenstatue und die merkwürdigen Ereignisse auf dem Heimweg hatten offensichtlich Spuren in ihrem Unterbewusstsein hi n terlassen. Und was sollte auch anderes dabei herau s kommen, wenn man bis weit nach Mitternacht an einem Artikel arbeitete, der spektakulär, mystisch und gruselig zugleich sein sollte.
Sandra setzte die Brille auf und drehte sich so, dass sie den Affen sehen konnte. Bei Tageslicht wirkte er längst nicht so finster wie noch in der ve r gangenen Nacht. Nun gut, besonders hübsch war er nicht. Zu klobig, zu unförmig, zu wenig affig. E i gentlich war er nichts, das man unbedingt besitzen musste. Und trotzdem …
Sandra schlug die Decke zurück, schwang sich aus dem Bett und ging zum Schreibtisch, wo sie die Skul p tur am Abend abgestellt hatte. »Was um alles in der Welt hat mich dazu bewogen, dich zu kaufen?«, mu r melte sie kopfschüttelnd. Nüchtern b e trachtet, war die Skulptur ein glatter Fehlkauf. Sie sammelte Plüscha f fen und keine antiken Kunstgegenstände, die nur en t fernt Ähnlichkeit mit Primaten hatten. »Ich muss ve r rückt gewesen sein, einhundert Euro für dich au s zugeben.«
Aber für Reue war es zu spät. Während sie sich noch über ihre eigene Dummheit ärgerte, ging sie zum Fenster und öffnete die Jalousien. Das dünne Metall scharrte leise.
Hilf mir!
Sandra hielt mitten in der Bewegung inne und lauschte. Hatte da nicht gerade jemand gerufen? Sie horchte, aber das Rufen wiederholte sich nicht. »War wohl nix«, murmelte sie schulterzuckend und überle g te, dass es vermutlich das Scharren der Jalousie gew e sen war, das sich wie ein Ruf angehört hatte.
Fünf Minuten später lief der Kaffee gluckernd in die Kanne und verströmte ein köstliches Aroma. San d ra goss sich ihre Tasse halbvoll und gab einen großen Schuss Milch dazu. Mit der Tasse in der Hand ging sie zum Schreibtisch und schaltete den Laptop ein, um nachzusehen, ob ihre Chefin die Reportage angeno m men hatte.
Die Mailbox war leer.
»Na toll.« Sandra legte die Füße auf den Tisch, trank ihren Kaffee und surfte nebenbei im Internet. Es ist doch immer das Gleiche, dachte sie, während sie sich den Wetterbericht für das Wochenende a n sah. Ich hetze mich ab, und dann hat es doch noch Zeit bis Montag. Ohne echtes Interesse überflog sie die Onl i ne-Nachrichten.
»Großfeuer in Papierfabrik«, stand dort als Tite l thema zu lesen. »In der Nacht zum Samstag hat ein Großfeuer die Lagerhalle einer Papierfabrik in der Nähe von Settensen fast völlig zerstört. Zwanzig Löschzüge waren im Einsatz, denen es erst in den fr ü hen Morgenstunden gelang, den Brand unter Kontro l le zu bringen …«
Sandra klickte auf den Link »Foto-Serie zum Gro ß feuer«. Die Redakteure hatten zwölf Fotos aus der Brandnacht ins Netz gestellt, die alle sehr eindruck s voll ein Bild des Infernos zeichneten. Immer wieder war das brennende Gebäude zu sehen, aus dessen Dach lodernde Flammen fast zwanzig Meter hoch in den Nachthimmel schossen und ihn in einem feurigen Rot erstrahlen ließen …
… Brandgeruch erfüllte die Luft, und das Bersten von
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