Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Eingeschlossen, wartend. Wir müssen das Glas zerbrechen.«
Als sie um eine Ecke bogen, stießen sie auf eine Frau, die auf einer Bank saß. Zu ihren Füßen kniete ein weinendes Mädchen. Auf dem goldenen Haar der Frau thronte eine kleine Krone. In ihren prunkvollen Gewändern wirkte sie schmal und zerbrechlich, und ihr schönes Gesicht sah unendlich müde aus.
»Die einstige Hofdame meiner Mutter, die sich nun Königin nennt«, flüsterte Aurora. In ihren Augen brannte die Wut. »Lorcans Gemahlin. Vor dem Bankett bleibt noch Zeit. Lass uns sehen, ob sie uns von Nutzen sein kann.«
Aurora legte die Hände zusammen und trat vor. Die Königin fuhr zusammen, und ihre Hand krallte sich in die Schulter des Kindes. »Majestät.« Aurora sank in einen tiefen Knicks. »Ich bin Lady Aurora. Verzeiht die Störung. Kann ich helfen?«
Die Kleine hatte aufgehört zu weinen. Obwohl ihr hübsches Gesicht noch ganz verquollen war, stand sie auf und verneigte sich. »Ihr seid willkommen. Bitte entschuldigt mein Benehmen. Es war nur eine kindische Laune, die mich zu meiner Mutter trieb. Ich bin Dira und heiße Euch in der Stadt der Sterne und in unserem Heim willkommen.«
»Hoheit.« Aurora knickste und nahm die Hand, die ihr die Königin bot.
»Ich bin Brynn. Ich hoffe, Ihr habt alles, was Ihr braucht.«
»Ja, Hoheit. Ich wollte nur vor Sonnenuntergang noch ein wenig in den Gärten lustwandeln. Sie sind so schön und doch so flüchtig, wo sich der Sommer seinem Ende zuneigt.«
»Wenn die Sonne untergegangen ist, wird es kalt.« Brynn raffte ihren Umhang am Hals zusammen, als könnte sie bereits den nahenden Winter spüren. Als sie sich erhob, fielen Aurora ihre blauen Augen auf, die von unendlicher Traurigkeit erfüllt waren. »Wollt Ihr uns in die Burg begleiten? Das Festmahl wird bald beginnen.«
»Mit Vergnügen, Herrin. Wir leben im Westen sehr zurückgezogen. Ich freue mich bereits auf Tanz und Festlichkeiten und die Gesellschaft der anderen Frauen.«
»Hühner und Gänse«, flüsterte Dira.
»Dira!«
Aurora lachte über den scharfen Tadel der Königin und betrachtete das Kind mit neu erwachtem Interesse. »So müssen wir Euch erscheinen, Hoheit. Bauernmädchen, die in ihrem Sonntagsstaat auf und ab stolzieren, in der Hoffnung, Prinz Owens Gunst zu gewinnen.«
»Ich wollte Euch nicht beleidigen.«
»Das habt Ihr auch nicht. Es muss ermüdend sein, Tag und Nacht dem Geplapper so vieler Frauen zu lauschen. Ihr seid bestimmt froh, wenn der Prinz seine Braut gewählt hat. Dann habt Ihr eine Schwester.«
Dira wandte den Blick ab und sah zu der hohen Mauer, die den Garten zum Meer hin abschloss. »So wird es wohl sein.«
Ein Schatten fiel auf den Weg, und Aurora hätte schwören können, dass die Welt verstummte.
Lorcan, der selbst ernannte König von Twylia, stand vor ihnen.
Er war groß und kräftig gebaut. Sein nahezu kupferfarbenes Haar fiel bis auf seinen purpurfarbenen Umhang. In seiner Krone und an seinen Fingern blitzten Juwelen. Sein scharf geschnittenes Gesicht besaß eine teuflische Schönheit, und seine blauen Augen blickten so kalt, dass Aurora nicht überrascht war, die Königin neben sich erzittern zu spüren.
»Du treibst dich im Garten herum, während unsere Gäste warten? Du sitzt hier und träumst, anstatt deinen Platz einzunehmen?«
»Euer Majestät.« Instinktiv ließ Aurora sich zu Füßen des Königs auf ein Knie sinken. Ein klein wenig ihrer Macht genügte, um die Aufmerksamkeit des Königs auf sie zu lenken und ihn seine Frau vergessen zu lassen. »Ich bitte demütig um Verzeihung dafür, dass ich Königin Brynn mit meinem hirnlosen Geschwätz aufgehalten habe. Ihre Majestät war zu gütig, mich fortzuschicken, und suchte, meine närrischen Nerven zu beruhigen. Ihre Verspätung ist meine Schuld.« Als sie aufsah, lag ein kokettes Funkeln in ihrem Blick. »Ich fürchtete mich vor der Begegnung mit dem König, Herr.«
Sein Mund entspannte sich. Offenbar hatte sie den richtigen Ton getroffen. Er beugte sich vor und fasste ihr unter das Kinn. »Und wer ist diese dunkle Blume?«
»Sire, ich bin Aurora, Tochter von Ute, die durch ihre Einfalt Euer Missfallen erregt hat.«
»Schöne Töchter haben sie im Westen. Steht auf.« Er zog sie auf die Füße und musterte ihr Gesicht so ungeniert, dass ihr ganz von selbst die Röte ins Gesicht stieg, allerdings eher aus Wut als aus züchtiger Bescheidenheit. »Ihr werdet heute Abend beim Bankett neben mir sitzen.«
Das Glück war ihr hold! Aurora
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