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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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nicht mehr. Der See war noch nicht zugefroren und reich an Fischen. Zudem gab es in der Umgebung eine Vielzahl von Kaninchenhöhlen, immer wieder huschte eines an der Kate vorbei.
»Können wir hier nicht ein Weilchen bleiben?«, fragte Antonia.
Norman hatte dies auch schon in Betracht gezogen, zumal er nicht wusste, ob sie auf dem richtigen Weg waren, aber das hätte er Antonia gegenüber niemals zugegeben. Was, wenn sie sich in den Bergen verirrten? Hier gab es keine Menschen, die er hätte fragen können.
»Es spricht nichts dagegen, wenigstens für ein paar Tage zu bleiben. Es ist durchaus möglich, dass sich das Wetter noch mal ändert und der Schnee in Regen übergeht. Wir haben schließlich erst Ende November.«
Drei Tage lebten Antonia und Norman in der Kate, als sie von lauten Stimmen aus dem Schlaf gerissen wurden. Da sie sich hier in völliger Einsamkeit wähnten, hatte Norman darauf verzichtet, Wache zu halten. Die Tür der Kate wurde stürmisch aufgerissen und vier große, kräftige, in dicke Fellumhänge gehüllte Männer standen vor ihnen. Auf ihren langen Haaren lag Schnee, der eine hielt drohend eine Kampfaxt in der Hand.
»Wer seid ihr?«, brüllte der Mann unfreundlich. Nur mit Mühe konnte Norman seine Worte verstehen, denn der Mann sprach starken Dialekt, Antonia dagegen blickte nur verständnislos von einem zum anderen. Norman hatte ihr bereits gesagt, dass in Schottland Gälisch gesprochen wird, aber sie befanden sich noch in den Lowlands, wo die englische Sprache eigentlich weit verbreitet war.
»Ich wünsche Euch einen schönen guten Morgen, meine Herren«, sagte Norman freundlich. Er erhob sich langsam und streckte dabei beide Hände nach oben um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Sein Schwert und sein Dolch lagen allerdings in Reichweite auf einem Hocker.
»Engländer!« Der Schotte spie das Wort aus und schwang drohend seine Axt. »Was wollt ihr hier? Spionieren?«
Norman neigte demütig den Kopf. »Wir sind auf der Reise zu meinem Onkel. Er ist der Laird von Inverleithen. Vielleicht habt Ihr schon von ihm gehört.«
Ein Mann aus der zweiten Reihe trat nach vorne. »Laurel Mercat hat keine Verwandten.«
»Wie Ihr seht, guter Herr, irrt Ihr Euch.« Norman hielt seinem skeptischen Blick ohne mit der Wimper zu zucken Stand. »Wir haben uns noch nie gesehen, dennoch bin ich sicher, er wird über meine Ankunft erfreut sein.«
»Seid Ihr aus England geflüchtet?«, fragte nun der Mann mit der Streitaxt und taxierte abfällig Normans schäbige Kleidung. »Oder seid Ihr gar vor dem Katholizismus abgehauen? Wir wollen keine Ketzer in unserem Land! Also, was wollt Ihr hier?«
»Wie schon gesagt, sind wir auf dem Weg zu Laurel Mercat, dem Laird von Inverleithen. Durch den Tod meiner Eltern stehe ich allein auf der Welt und wollte den einzigen Verwandten, den ich noch habe, aufsuchen. Mein Name ist übrigens Norman Powderham. Und Eurer, verehrter Herr?«
Norman sah keine Gefahr darin, seinen Namen zu nennen. Obwohl sie auch Katholiken waren, bestand für die Schotten kein Grund, mit Königin Mary zu sympathisieren. Zu tief war das Land durch die Angriffe und Überfälle der Engländer in den letzten Jahrzehnten verletzt worden. Antonia hatte das Gespräch gespannt verfolgt und sich zwischenzeitlich auch an die Sprache gewöhnt, so dass sie einzelne Worte ebenfalls verstand. Jetzt deutete der Anführer auf sie. »Wer ist das Weibsbild?«
Er hatte sie offenbar sofort als Frau erkannt, was Antonia nicht überraschte, da sie seit Tagen nichts mehr tat, um ihre Weiblichkeit zu verbergen. Wesentlich mehr Grund zur Verwunderung hatte Antonia, als Norman antwortete: »Meine Ehefrau Antonia.«
Sie schnappte nach Luft und öffnete den Mund, um schon zu protestieren, aber ein schneller, eindringlicher Blick von Norman ließ sie schweigen.
Der Anführer musterte sie von oben bis unten, recht unverschämt und anzüglich, wie Antonia fand.
»So, so, Euer Weib. Warum trägt sie das Haar so kurz? Ist sie eine Verbrecherin, der man den Kopf geschoren hat, oder hat sie etwa Läuse?«
»Ich muss doch sehr bitten!« Nun konnte Antonia nicht länger schweigen. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf, stemmte die Hände in die Hüften und trat mutig vor den Schotten. »Wir sind einfache Reisende, die seit Wochen unterwegs sind, um einem Verwandten unsere Aufwartung zu machen. Es gibt für Euch keinen Grund, uns zu beleidigen oder uns irgendwelcher Straftaten zu bezichtigen!«
Ihre Augen funkelten wie zwei glühenden

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