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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Bierkruste gebackenes Wildschwein auftragen lässt.« John legte seinen Arm um Antonia.
Wenn der derbe Junge auch etwas schwerfällig im Denken war, so hatte Antonia in den letzten Tagen eine gewisse Sympathie für ihn entwickelt, denn John schien in seinen Worten und Taten stets offen und ehrlich.
Während sie den Platz verließen, drehte sich Antonia noch mal zum königlichen Podest um. In diesem Moment kreuzte sich ihr Blick mit dem des Mädchens mit den großen Augen. Antonia deutete auf das Mädchen und fragte John: »Weißt du, wer das Kind neben der Königin ist?«
John nickte. »Lady Jane Grey. Man munkelt, dass sie den Prinzen heiraten soll. Aber behalt das bloß für dich, sonst ist es das letzte Mal, dass ich dir was erzählt habe. Klar?«
»Selbstverständlich, ich bin ja keine Klatschbase«, entgegnete Antonia.
»Nee, sonst wärst du ja ein Weib.« John grinste, dann ließ er sie stehen und ging davon. Antonia wagte einen Blick zu dem Platz, von dem Sir Norman das Geschehen verfolgt hatte, konnte ihn aber nicht mehr erkennen. Bestimmt war auch er verärgert, dass sie es gewagt hatte, dem Prinzen das Schwert aus der Hand zu schlagen. Den Namen Jane Grey hatte sie schon einmal gehört, konnte sich aber nicht erinnern, in welchem Zusammenhang. Auf jeden Fall hatte das Mädchen niemandem verraten, dass ein einfacher Knappe unbefugt in ihre Gemächer eingedrungen war.
Hampton Court war ein interessanter, aber auch seltsamer Ort. Verschleierte Damen, die mitten in der Nacht im Garten saßen, und Kinder mit den Gesichtern von Erwachsenen, die Schriften von griechischen Philosophen lasen. Obwohl für Antonia noch alles neu und voller Spannung war, sehnte sie sich manchmal nach der Abgeschiedenheit von Fenton Castle. Aber dann würde sie auch Sir Norman nicht mehr sehen, und dieser Gedanke behagte ihr gar nicht.
    Nachdem drei Tage vergangen waren, in denen niemand mehr auf den Vorfall zu sprechen kam, entspannte sich Antonia langsam wieder. Master Rowse hatte ihr inzwischen erlaubt, nach dem Stalldienst an den Waffenübungen teilzunehmen. Dabei stellte sich Antonia recht geschickt an, merkte aber auch, dass es für sie noch viel zu lernen gab. Der schönste Augenblick für sie seit ihrer Ankunft kam, als Master Rowse ihr ebenfalls erlaubte, sich beim Lanzenstechen zu versuchen. Man brachte das Pferd, das sie von Fenton Castle mitgenommen hatte, in den Hof. Die Stute wieherte erfreut, als sie ihre Herrin erkannte. Antonia schwang sich in den Sattel und ergriff die ihr gereichte Lanze. Diese war so schwer, dass sie sie beinahe wieder fallen gelassen hätte. Bei den Rittern hatte alles so leicht ausgesehen, als seien die Lanzen nicht aus massivem Holz, sondern aus Federn. Es dauerte einige Zeit, bis es Antonia gelang, die Lanze unter ihrem rechten Arm zu platzieren, ohne unter dem Gewicht seitlich vom Pferd zu kippen.
Master Rowse beobachtete sie schmunzelnd. »Na, mein kleiner
Ritter
, das ist gar nicht so leicht, nicht wahr? Ihr Knappen übt das auch nur, damit ihr wisst, welchen Anstrengungen eure Herren bei einem Turnier ausgesetzt sind. Ihr selbst werdet nie in die Turnierbahn einreiten, denn das ist den hohen Herren vorbehalten.«
Erst wenn ich selbst ein Ritter bin, ergänzte Antonia in Gedanken. Dabei vergaß sie völlig, dass sie ein Mädchen war und diesen Weg niemals würde beschreiten können. Ihr Ehrgeiz gewann die Oberhand, und noch vor dem Abendessen gelang es Antonia, alle Ringe aufzuspießen.
Stolz präsentierte sie die Lanze mit den Trophäen dem Ausbilder. »Was sagt Ihr nun, Master Rowse?«
Er ließ sich zu einem wohlwollenden Nicken herab. »Du wirst bald beweisen können, was du als Knappe taugst, Junge. In zwei Wochen wird der Hof nach Whitehall zurückkehren. Vorher wird es noch ein Turnier geben, bei dem sich die besten Ritter aus dem ganzen Land messen können.«
Seine laut gesprochenen Worte hatten auch die anderen Knappen gehört. Im Halbkreis standen sie alle um Master Rowse herum und lauschten gespannt seinen Ausführungen.
»Wird Sir Norman dabei sein?«, fragte Antonia gespannt.
»Ich denke schon. Nun, du hast also nur noch wenige Tage Zeit, um zu lernen, wie man einem Ritter, der unglücklich vom Pferd gestürzt ist, wieder auf die Beine hilft. In solchen Augenblicken ist die Rüstung nämlich sehr hinderlich.«
»Sir Norman wird nicht stürzen!«, rief Antonia voller Überzeugung.
Einige Knappen, darunter John, lachten. »Hört, hört! Solch einen Gefolgsmann wünscht sich wohl

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