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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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jeder Ritter.«
Master Rowse klatschte in die Hände. »Nun genug geredet. Ab morgen werdet ihr lernen, wie ihr den Ritter auf den Turnierplatz begleitet, ihm seine Waffen reicht und was ihr sonst für seine Bequemlichkeit tun könnt, damit er siegreich aus dem Wettkampf hervorgeht.«
In Antonias Augen glänzte Vorfreude. Überzeugt, dass Sir Norman alle anderen bei dem Turnier ausstechen würde, freute sie sich bereits unbändig, ihn in einer schimmernden Rüstung auf seinem schwarzen Hengst einreiten zu sehen.

5. KAPITEL
    Am Tag des Turniers war das Feld vor den südlichen Toren des Palastes prachtvoll in den Tudorfarben geschmückt. Für den König war eine Tribüne errichtet worden. So konnten der Monarch und seine engsten Gefolgsleute das Geschehen von erhöhter Stelle gut beobachten.
Am Vortag hatte Sir Norman Antonia aufgesucht und ihr Anweisungen gegeben, wie sie ihm zur Hand gehen sollte. »Da du zum ersten Mal bei einem Turnier dabei sein wirst, werden mich selbstverständlich noch drei weitere Knappen betreuen. Schau dir alles an und pass gut auf. Der König liebt Turniere, und der nächste Wettkampf wird anlässlich der Weihnachtsfeierlichkeiten in Whitehall stattfinden.«
»Früher ritt er selbst an der Spitze und besiegte jeden Gegner, nicht wahr?«, fragte Antonia.
Leicht legte Sir Norman seine Hand auf ihre Schulter, und Antonia zuckte unmerklich zusammen. »Diese Zeiten sind für immer vorbei. Ich war damals zwar ein Kind, doch ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie prächtig und beeindruckend der König in seiner Rüstung ausgesehen hat. Er war der größte, kräftigste und mutigste Kämpfer in ganz England.« Sein Blick schweifte in die Ferne, und Antonia hütete sich, ihn zu unterbrechen, wollte sie doch so viel wie möglich erfahren. »Auch liebte es der König, an Wettkämpfen inkognito teilzunehmen. Besonders bei Faust-und Ringkämpfen verkleidete er sich als einfacher Bauer. Natürlich wusste trotzdem jeder, wen er vor sich hatte, denn allein seine Größe und Statur verrieten Henry. Dennoch galt auch hier, dass der König niemals geschlagen werden durfte. Sir William Compton wurde seine Zurückhaltung dem König gegenüber einmal fast zum Verhängnis. Als Henry mit geschlossenem Visier einritt, ahnte Sir William sehr wohl, wer ihm gegenüberstand, und er setzte sich aus Anstand kaum zur Wehr. Als Dank für seine Rücksicht wurde er vom König zu Fall gebracht und beinahe totgeschlagen. Erst im letzten Moment stoppte Henry seine Kampfwut, und Sir William blieb nichts anderes übrig, als sich lächelnd zu verneigen, obwohl er aus zahlreichen Wunden blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.«
»Es tut mir Leid, dass der König jetzt so krank ist«, flüsterte Antonia. Aus den zahlreichen Erzählungen hatte sie eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, was für eine überwältigende Erscheinung Henry VIII. einst gewesen sein musste.
Sir Norman fuhr sich mit der Hand über die Stirn und starrte sie erstaunt an. Für einige Augenblicke hatte er die Anwesenheit seines Knappen völlig vergessen. Ohne auf ihre Bemerkung einzugehen, sagte er, während er sich zum Gehen wandte: »Nun denn, morgen kannst du beweisen, was du bei Master Rowse gelernt hast.«
    Seit dem Morgen nieselte es ununterbrochen, so dass sich der Grasplatz schon vor Turnierbeginn in eine Schlammwüste verwandelt hatte. Antonia bedauerte, dass ausgerechnet heute das Wetter nach den langen heißen Tagen umschlagen musste. Der Regen tat der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Aus der ganzen Umgegend strömten Menschen nach Hampton Court, gab es doch auf dem Land sonst wenig Abwechslung. Die Umgebung des Palastes glich einem Markt, auf dem Händler ihre Waren feilboten. Artisten, Jongleure, Feuerschlucker und Narren verkürzten den Besuchern gegen klingende Münze die Wartezeit bis zum Turnierbeginn. An mehreren Ecken wurde gekocht und gebraten, so dass würzige Gerüche über das Feld zogen, und so manchem lief das Wasser im Mund zusammen.
Jeder der teilnehmenden Ritter hatte ein eigenes kleines Zelt am Rande des Platzes. Sir Norman Powderhams Zelt war rotblau gestreift, auf der Spitze wehte das Wappen der Familie. Ritter und Pferde waren eindrucksvoll mit aufwändiger und edler Plattenpanzerung, die als Schutz gegen Schwerthiebe diente, ausgestattet. Über den Rüstungen trugen die Kämpfer kunstvoll verzierte, mit Edelsteinen besetzte Gewänder, während ihre Pferde mit bestickten Schabracken geschmückt waren,

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