Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
Vom Netzwerk:
fächelte sich Mijnheer Bouwman mit dem Tropenhelm Kühlung zu; im hochgeschlossenen cremefarbenen Kleid wagte Mevrouw mit anderen Damen eine Partie Crocket. Mevrouw wollte zu gegebener Zeit, wenn er ganz bei Verstand wäre, auch für seine Taufe sorgen. Ein Kreuz hatte sie von Anfang an über sein Bett gehängt. Zu einem bösen Zank war es gekommen, als sie in der Nähe des Heilands seinen Talisman, eine züngelnde Schlange aus Speckstein, die sich in der geschlossenen Hand wunderbar anfühlte, in einer Hosentasche fand: Du bist ja nicht einmal ein richtiger Mohammedaner. Tausend Teufel! Ach, diese Insel! – Viel beklemmender war dann ein späterer Vorfall gewesen. Bei ihrer Wachsamkeit waren Mevrouw Bouwman einige Flecken nicht entgangen, die sie in seinem Bettlaken entdeckt hatte: Das verbiete ich dir. Was träumst du denn für unanständige Sachen! Das kommt mir in meinem Haus nicht wieder vor. Was hätte er mit vierzehn gegen seine Träume, von denen er morgens meistens nichts mehr wußte, unternehmen können? Gleichzeitig bemerkte er, daß Mevrouw ihn seit ihrer Entdeckung bisweilen nicht nur scheel und strafend musterte, sondern ihn hinter einem Fensterstore bei der Gartenarbeit auch merkwürdig beobachtete. – Die fortwährende Schwüle hatte die kinderlose Frau wohl ein wenig hysterisch gemacht. Mit Mevrouw allein im Hause zu sein, war bedrückend geworden. Sie spürte es wohl selbst. Ich habe mich nach einer Stelle für dich umgeschaut, wo du weiterkommen kannst. Anwar, du stellst dich morgen bei Mynheer van Dongen vor. Er sucht immer tüchtige Einheimische. Du wirst bei den Gepäckträgern anfangen. Auch von da wächst man ins Metier. Wenn du dich gescheit anstellst, kannst du es zum Kellner, wenn nicht zu etwas noch Höherem bringen. Ein einschmeichelndes Frätzchen hast du ja .
    Theophilus van Dongen hatte ihn in die vermischten Dienste des Hotels Centraal, des ersten und einzigen Hauses in Padang, genommen. Dort nächtigten die Plantagenbesitzer aus dem Hochland, Verwaltungsbeamte, verkehrten die Offiziere aus Fort de Kock und traf sich die europäische Gesellschaft zum Tanztee, dieser ganze weiße Glanz. Als Laufbursche war er viel in der Stadt unterwegs, da es sich nicht gehörte, daß Europäer sich zu Fuß durch Hitze und Staub bewegten … Nur wenige Jahre später waren viele bei der Invasion von den Japanern abgeschlachtet worden. Andere hatten um Gnade gefleht, als später die Truppen Sukarnos die Kolonialherren nach grausamem Kampf vor die Standgerichte stellten. Entkommene alterten jetzt in klammen Wohnungen Hollands, wo Palmfächer in ihrer Hand zerbröselten. Wilhelminas Staatsporträt prangte auf dem Archipel an keiner Wand mehr.
    In den altgeregelten Zeiten mit kalvinistischem Gottesdienst, Fron auf den Kautschukpflanzungen, ersten Impfaktionen in Dörfern, genau an jenem Tag, als der deutsche Kreuzer Emden zu einer Freundschaftsvisite im Hafen von Padang vor Anker ging, am 20. Februar 1938, vor Ball und Feuerwerk zu Ehren der Gäste, war Klaus Heuser ins Centraal gezogen.
    «Here we go, Anwar.»
    Der Batak mit javanischem Anteil trennte sich von den Enten. Vielleicht zum ersten Mal seit Kaisers Zeiten ging jemand mit weißen Gamaschen über den Rasen. Er verstaute die Reste Butterkeks in der Manteltasche. Für einen Insulaner war Anwar hochgewachsen. Sein dunkler Teint, der fast ins Bläuliche spielte, hatte seit drei Tagen deutsche Augen beschäftigt. Ein Botschafter von irgendwoher, Sultanssohn, der den Wiederaufbau begutachten wollte, mochten etliche gemutmaßt haben. Man sah ja sonst nichts als weiße Inländer, uniformierte Briten und ein paar Schwarze bei den Amerikanern. Anwars Gesicht war ebenmäßig und schien oft auch beim Sprechen unbewegt. Oder achtete man vornehmlich auf die kräftigen Lippen, die sich alsbald wieder zu einem sanftmütigen Lächeln schlossen? Doch Vorsicht blieb geboten. Anwar konnte zwar stundenlang im Lotussitz auf dem Fußboden hocken und in den Monsun meditieren. Andererseits hatte er in Shanghai den fixen Zimmerpreis um ein Drittel heruntergehandelt und einen chinesischen Straßenhändler, der ihm überreife Mangos als frisch angepriesen hatte, dahin gebracht, den Kopf zu senken, wenn sie seinen Stand passierten. Trotz eigener Anordnungen und Wünsche war sich auch Klaus nicht ganz sicher, wer im einzelnen bestimmte. Er hatte Fliegenstreifen gegen nächtliche Insekten verlangt. Anwar hatte gefüllte Tonfläschchen aufgestellt, worin das Nachtgetier

Weitere Kostenlose Bücher