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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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das Boot dem Ufer der Pregelmündung zu, während Magdalena sich weit über Bord lehnte, um mehr Fahrt zu gewinnen.
    »Gut so, du bist wirklich talentiert. Aber fall nicht ins Wasser, bevor wir an Land sind. Es wird übrigens höchste Zeit.« Er sah zum Himmel hinauf, an dem sich jetzt dunklere Wolken zusammenballten. »Also doch ein Gewitter. Hast du keinen Hunger?«
    »Doch, und wie!« Strahlend sah sie zu ihm auf. Sie spürte erst jetzt, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. »So sehr, dass ich auf der Stelle eine Schuhsohle verspeisen könnte.«
    »Ich weiß nicht, ob es dir gut genug ist – aber ich würde dich gerne zum Essen einladen«, schlug Paul zögernd vor. »In eine ganz einfache Kneipe, direkt hier am Ufer der Pregel. Nichts Besonderes, aber die Wirtin macht die besten Königsberger Klopse der ganzen Stadt.«
    Magdalena verzog im ersten Moment das Gesicht. »Ausgerechnet Königsberger Klopse? Mutter mag sie nicht, sagt immer, das ist ›Armeleuteessen‹. Bertha, unsere Köchin, durfte so etwas nicht auf den Tisch bringen.« Als sie Pauls enttäuschte Miene sah, fügte sie hinzu: »Aber vielleicht probiere ich sie einfach mal. Wenn man Hunger hat, schmeckt einem doch alles.«
    »Warte nur ab!«, kündigte Paul an, als er das Boot vertäute, »du wirst sehen, sie sind hier etwas ganz Besonderes – mindestens genauso gut wie der Champagner, den du mir mitgebracht hast.« Sie lachten, nahmen sich bei den Händen und liefen vor den ersten Regentropfen davon in den Unterstand einer simplen Baracke, ganz nahe am Fluss, mit dem Schild:
    ›Zur Alten Müllerin‹.
    Drinnen war alles ganz einfach, Holztische und Stühle, karierte Tischdecken, die nicht einmal ganz sauber waren. Die Wirtin hantierte in einem kleinen Verschlag, aus dem sie zuerst einen Teller Butterbrote, mit hauchdünnen Scheiben geräucherten Specks belegt, hervorzauberte. Magdalena, die jeden überflüssigen Fettrand zu Hause verabscheute und sorgfältig abschnitt, biss hungrig und mit Lust in das frische Brot.
    Dann erst kamen die dampfenden Teller mit den zarten, auf der Zunge zergehenden Kalbfleischbällchen auf den Tisch, begleitet von einer zitronigen, leicht gepfefferten Sahnesauce, denen die eingestreuten Kapern jenen bestimmten, leicht säuerlichen Würzgeschmack verliehen. Umrahmt war das Ganze von einem goldgelben Rand flaumigen Pürees aus frischen Kartoffeln und einem Klacks Sauerrahm. Später hatte sie ihm gestanden, dass sie nicht wusste, woher es kam; vom vorherigen Gaumenkitzel des ungewohnten Champagners, von dem fast die Besinnung raubenden Hochgefühl des neuen Verliebtseins oder einfach nur davon, dass er neben ihr saß und einer in den Augen des anderen versank, wie in der Tiefe einer völlig anderen, neu entdeckten Welt.
    Auf jeden Fall sei es ihr vorgekommen, als habe sie noch nie im Leben etwas vergleichbar Köstliches, geradezu himmlisch Schmeckendes gegessen! Aber ihm war es nicht anders gegangen: In dieser Stunde lag die ganze Ewigkeit einer Skala von Gefühlen, in der sich das seelische Wohlbefinden mit dem des Körperlichen vereinte. Der Hunger mit dem Genuss, ihn zu stillen,die Sinnlichkeit des Genießens und die Leichtigkeit, die ihnen der Champagner zuvor verliehen hatte, verschmolzen untrennbar miteinander und erfüllten beide mit einer grenzenlosen Lust zum Leben und zur Liebe. Und, als könne es gar nicht anders sein, als wäre es ihre Bestimmung, sanken sie in dieser Nacht einander in die Arme und gaben sich ganz dem Rausch des Augenblicks hin.
    Paul fuhr zusammen. Sein Buch war mit einem lauten Aufschlag zu Boden geprallt und weckte ihn aus seinen Träumen mit offenen Augen, aus seiner Sehnsucht, mit der er diese unvergesslichen Stunden immer wieder aufleben ließ. Denn obwohl sie sich später oft heimlich getroffen hatten, war dieser Tag etwas Einzigartiges, Unwiederholbares geblieben, ein Stern am Himmel, von dem man weiß, dass er da ist, auch wenn Wolken ihn in dunklen Nächten verhüllen.
    Magdalenas Mutter sah die Verbindung zwischen ihnen nicht gern; sie hätte sich eine andere Partie für ihre Tochter vorgestellt. Doch das war den beiden völlig gleichgültig. Niemand sollte sie mehr trennen – die Zeit, die noch vor ihnen lag, schien unbegrenzt.
    Dann brach wie mit einem Donnerschlag der Krieg aus, und alle bisherigen Werte veränderten sich mit rasender Geschwindigkeit. Sie wurden auseinandergerissen, ehe sie sich’s versahen und noch ehe ihre Geschichte richtig begonnen hatte.

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