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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Condé festnehmen und einkerkern zu lassen. Aber, schwankend wie stets, war Maria einmal entschlossen, dann
     wieder nicht mehr entschlossen, dann entschloß sie sich erneut, so daß über diesem Hin und Her die größten Fische der Reuse
     entwischen konnten. Das betrübte Barbin sehr, der die Festnahme organisiert und gehofft hatte, neben Condé auch die umtriebigsten
     Prinzen zu fangen. Die Königinmutter aber beauftragte Monsieur de Thémines mit der Ausführung, weil sie sich entsann, daß
     unser Henri von diesem gesagt hatte, er würde unter allen Umständen dem Königshaus dienen.
    Es war also vereinbart, daß, sobald Condé den Louvre betreten hätte, um dem Königlichen Rat vorzustehen, vor der Zugbrücke
     Garden aufziehen sollten, damit er nicht mehr hinauskäme. Und weil dieser Gardeaufzug Alarm wecken konnte, |393| stellte man die Karosse des Königs samt Gespann vor die Zugbrücke, damit es aussähe, als begäbe sich der König nach Saint-Germain-en-Layes
     und die Truppen seien nur zu seinem Begleitschutz aufmarschiert.
    Als ich meinem Vater von dieser List erzählte, erinnerte er mich daran, daß Heinrich III. am Tag, als der Herzog von Guise
     ermordet wurde, ebenfalls die königliche Karosse zur Tarnung benutzt hatte. Um zu verhindern, daß der Herzog von Guise zu
     jenem Ratstag mit starkem Gefolge käme, das den
Fünfundvierzig
eine harte Nuß zu knacken gegeben hätte, ließ Heinrich III. den Rat an jenem Tag um sieben Uhr morgens ansetzen, und um die
     frühe Stunde zu rechtfertigen, hatte er dem Herzog am Vorabend anvertraut, er wolle sich sehr zeitig nach seinem Herrensitz
     La Noue begeben. Die angespannte Karosse fuhr um sieben Uhr an der durchbrochenen Turmtreppe des Schlosses zu Blois vor, um
     die Abfahrt glaubwürdig zu machen.
    Condé also verließ den Königlichen Rat um elf Uhr und lenkte seine Schritte zum Gemach der Königinmutter, wo der Geschäftsrat
     sich versammeln sollte. Jemand hatte ihm geflüstert, daß man ihn festnehmen werde, er wollte es nicht glauben und sagte laut,
     niemand würde es wagen, Hand an ihn zu legen. »Genau dasselbe«, sagte mein Vater, »erwiderte vor achtundzwanzig Jahren auch
     der Herzog von Guise, als man ihn warnte, daß Heinrich III. ihn aus der Welt schaffen wolle. Etwas wird der Verschwörer nie
     einsehen: ein Herrscher mag noch so schwach sein – im königlichen Schloß ist immer der König der Stärkere.«
    Condé fand im Gemach der Königinmutter niemand vor, nicht die Königinmutter selbst, nicht die anderen Räte. Mehrmals fragte
     er, nicht ohne Ungeduld, die anwesenden königlichen Offiziere nach ihr, ohne doch zu ahnen, daß sie ihm so nahe war, in einem
     benachbarten Kabinett nämlich, nur durch eine Tür von ihm getrennt, hinter der sie sich mit dem König und Monsieur verbarg.
    Condé, der sich schon für den König von Frankreich hielt und es geradezu beleidigend fand, daß die Königinmutter ihn warten
     ließ, fiel aus allen Wolken, als Monsieur de Thémines hereintrat und sagte, daß er ihn festnehmen müsse.
    »Und das wollt Ihr wagen?« fragte Condé.
    |394| »Ja, Monseigneur«, sagte Thémines, »auf Befehl des Königs. Monseigneur, bitte, übergebt mir Euren Degen.«
    Condé weigerte sich zunächst, doch als er Monsieur d’Elbène mit sieben, acht Edelleuten, den Knebelspieß in der Hand, herzutreten
     sah, erbleichte er und fügte sich.
    »Wollt Ihr mich umbringen?« fragte er Monsieur d’Elbène.
    »Monsieur«, sagte Monsieur d’Elbène, »wir sind Edelleute und keine Henker und haben auch keinen Befehl, Euch etwas anzutun.«
    Unverweilt nahmen die Edelleute ihn in die Mitte und führten ihn in das Gemach, das man für ihn vorbereitet hatte. Da faßte
     er wieder ein wenig Mut, woran er es bis dahin sehr hatte fehlen lassen, und lehnte ein Diner, das man ihm bereitet hatte,
     mit der Forderung ab, seine Mahlzeit solle ihm von seinen Leuten zubereitet werden.
    Man willigte ein, und was ihn nun zusätzlich beruhigte, war der Besuch von Monsieur de Luynes, der ihn im Namen des Königs
     versicherte, man werde ihn gut behandeln. Trotzdem verlangte er mit solcher Dringlichkeit, Barbin zu sprechen, daß dieser
     sich auf Order der Königinmutter zu ihm begab.
    Déagéant berichtete mir abends in meiner Wohnung, was er Barbin gesagt habe, seien nichts wie Tollheiten, Kindereien und Hirngespinste
     gewesen, dennoch habe er immerhin auch bestätigt, daß, ›wenn die Königin ihm nicht um drei Tage zuvorgekommen wäre und

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