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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Christi.
«
    »Ich habe Euch gar nicht für so fromm gehalten«, sagte Blainville, der mir den Eindruck machte, als sei er hilflos auf einer
     Spur, die sich verwischte.
    »Dessen würde ich mich nicht rühmen, Monsieur de Blainville«, sagte ich lachend. »Ich suche ein Zitat, das mein Vater gestern
     anführte, aber nicht vollständig wußte.«
    »Was für ein Zitat?« fragte Blainville, den sein Eifer über die Grenzen der Höflichkeit hinaustrieb.
    »Eben dies hier«, sagte ich schlagfertig und las ihm laut und so schnell ich konnte den Satz vor, den ich im Augenblick vor
     seinem Eintritt überflogen hatte. Er war sehr lang und so kompliziert gebaut, daß Blainvilles Latein, wie ich wohl merkte,
     für sein Verständnis nicht ausreichte.
    |391| Wie ich annahm, scheute er sich, mich um die Übersetzung zu bitten, und nach ein paar höflichen Komplimenten schlich unser
     Spürhund davon.
    Nachdem er fort war, horchte ich noch, das Buch des Erasmus auf den Knien, aber ohne zu lesen, schließlich hätte Blainville
     unverhofft zurückkommen können. Nach einer Weile näherte ich mich auf Zehenspitzen der Tür, öffnete sie einen Spaltbreit und
     spähte in die Galerie hinaus, niemand war da. Diesmal riegelte ich die Tür von innen ab. Dann zog ich die
Essais
von Montaigne heraus, schob meinen Bericht in die erste Seite des Kapitels XIII, stellte das Buch an seinen Platz zurück,
     den Erasmus an den seinen und war im Augenblick draußen. Doch sehr nachdenklich kehrte ich in die königlichen Gemächer zurück.
     Ich hatte Blainvilles gute Nase irregeführt, gewiß, aber wieso hatte seine Nase mich dorthin verfolgt? Ich vermutete, das
     offene Knopfloch habe ihn aufmerken lassen, und beschloß, mit Déagéant ein anderes Zeichen für den König abzusprechen.
    * * *
    Der Erzbischof von Bourges, den Condé als Boten benutzt hatte, um Concini ausrichten zu lassen, ›er sei nicht mehr sein Freund‹,
     hatte nur einen Ehrgeiz im Leben: daß seine violette Robe purpurn werde und sein Haupt jener Kopfschmuck ziere, dessen breite
     Ränder seine breiten Schultern in majestätischen Schatten tauchen würden. Deshalb komplottierte er bei Tage mit Condé und
     den Großen und betrat des Nachts durch eine geheime Pforte den Louvre, um Barbin und der Königinmutter deren Verschwörungspläne
     zu erzählen. Der Erzbischof deckte sich so von zwei Seiten ab und rechnete darauf, daß er, wie immer die Revolte der Prinzen
     ausginge, ein Recht auf die Dankbarkeit des Siegers, auf dessen Intervention beim Heiligen Vater und auf den Kardinalshut
     hätte.
    Die Prinzen freuten sich riesig über Concinis Flucht aus Paris. Der Günstling überließ Condé den Platz. Also war Condé Sieger.
     Hätten sie aber einen Funken Überlegung gehabt, so hätten sie begriffen, daß Condés Macht noch nie so anfällig war wie jetzt.
     Denn die Galigai war in Paris geblieben. Sie hielt den Herrn Prinzen nun für ihren schlimmsten Todfeind und hatte das Ohr
     ihrer Herrin mehr denn je.
    |392| In ihrer Vermessenheit komplottierten Condé und die Prinzen ohne jede Scham und Scheu, als hätten sie den Sieg schon in der
     Tasche. Sie versuchten, die Obersten und Hauptleute der Stadtviertel auf ihre Seite zu ziehen, veranlaßten die Priester, gegen
     den König zu predigen, drängten das Parlament, die Herzöge, Pairs und Amtsträger der Krone zusammenzurufen, damit entschieden
     würde, ob die Staatsmacht nicht den Händen der Königinmutter entrissen und anderen übertragen werden sollte. Alle diese Umtriebe
     hatten statt, ohne daß sie sich im mindesten versteckten, und darauf folgten fröhliche Feste, auf denen der Ruf hallte:
Nieder mit den Balken!
Das bedeutete, daß die Wappen der Prinzen, wenn sie über die königliche Herrschaft triumphieren würden, das Privileg erhielten,
     das bis dahin nur das königliche Wappen besaß: nämlich daß kein Balken es mehr durchquerte. In Wahrheit aber verriet sie dieses
Nieder mit den Balken!
Denn weit entfernt, die Wiederherstellung der königlichen Macht anzustreben, wie sie behaupteten, richtete sich ihr Trachten
     auf die Wiederherstellung eines Feudalstaates, in dem jeder von ihnen ein kleiner König in seiner Provinz wäre, der seine
     Grenzen auf Kosten der Nachbarn zu erweitern versuchte, Truppen aushob und wer weiß, sogar eigenes Geld schlagen würde …
    Concini war am fünfzehnten August aus Paris geflohen, die Signora Concini brauchte nur vierzehn Tage, bis die Königinmutter
     sich entschloß,

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