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Können diese Augen lügen?

Können diese Augen lügen?

Titel: Können diese Augen lügen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Larkin
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ich die Tür öffnete, stellte ich fest, dass es sich drinnen genauso verhielt. Alle unsere Sachen waren noch an Ort und Stelle, wirkten aber gepflegter und so arrangiert, als handele es sich bei unserem Apartment um eine Filmkulisse. Die zerfledderten Liebesromane meiner Mom lagen nicht mehr in der Strandtasche, sondern waren ordentlich in dem großen weißen, in die Wand eingelassenen Bücherregal aufgereiht. Die Fußböden waren neu versiegelt worden, die Spuren, die unsere Schuhe darauf hinterlassen hatten, nicht mehr zu sehen. Der Wohnzimmerteppich war entweder mit einem Hochdruckreiniger behandelt oder durch eine exakte Kopie ersetzt worden.
    Hinter dem Couchtisch standen drei weiße, mit Moms People -Ausgaben der letzten drei Jahre gefüllte Weidenkörbe. Uns gehörten diese Körbe nicht, Diane musste sie gekauft haben. Weitere Zeitschriften lagen auf dem Tisch, den wir aus einer alten, weiß gestrichenen Tür angefertigt hatten. Auf der obersten prangte ein Foto von Hugh Jackman, darunter die Schlagzeile: ›Der attraktivste Mann des Jahres ‹ . Ich nahm die Zeitschrift in die Hand und betrachtete die Adresse. Sie wurde immer noch an Natalie Lion geschickt.
    » Natalie Lion«, pflegte ich meiner Mom zuzurufen, wenn ich die Post hereinbrachte. » Deine Zeitschrift ist da!«
    » Grroar!«, knurrte sie dann und entriss sie mir.
    Ihre People -Hefte waren für gewöhnlich wellig, weil sie sie in der Badewanne gelesen hatte und sie nass geworden waren. Und sie hatte sie immer weggeworfen, wenn wir sie gelesen hatten.
    In der Küche lagen Orangen und Bananen aus Plastik in dem Hängekorb, der einst unsere angestoßenen Bananen beherbergt hatte.
    » Himmel, Diane«, sagte ich laut. » Was soll denn dieser Quatsch?« Es war gespenstisch, meine eigene Stimme zu hören. Fast rechnete ich damit, dass jemand aus dem Schlafzimmer kommen und ›Hallo ‹ rufen würde– eine Fernsehschauspielerin, die meine Rolle übernommen hatte, oder vielleicht auch meine Mom.
    Ich ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. Diane hatte ihn tatsächlich mit unserem bevorzugten Junkfood bestückt. Kartoffelsalat und Cannelloni vom White Swan Delhi. Das Fach darüber wurde von einem Pizzakarton eingenommen. Ich nahm ihn heraus und spähte hinein– er enthielt eine große, mit schwarzen Oliven belegte Pizza. Ob Pizza wohl auch dann schmeckte, wenn sie vom Vortag übrig geblieben war? Wer kaufte denn eine ganze Pizza und legte sie in den Kühlschrank? Ich fand es schon fast unheimlich, dass Diane alles so hergerichtet hatte, wie es zu Lebzeiten meiner Mutter gewesen war, als wäre nichts geschehen, als könnten kalte Pizza und Cannelloni alles wieder in Ordnung bringen. Diane war für gewöhnlich nicht übermäßig sentimental. Ich fragte mich, was sie mit dieser Inszenierung bezweckte.
    Auf dem Spiegel im Bad klebten keine Zahnpastaflecken mehr. Das Endstück des Toilettenpapiers war zu einem Dreieck gefaltet, und ein Stapel flauschiger Handtücher wartete auf mich– ein Badetuch, Gästetücher, normale Handtücher. Sie hatten nicht Mom und mir gehört, sie waren weiß, dick und an den Rändern nicht ausgefranst. Auf der Waschbeckenablage stand ein Korb mit Kosmetikartikeln.
    » Wozu all diese Körbe?«, entfuhr es mir, als ich die Haarsprayflaschen untersuchte– Baby Soft, das ich benutzt hatte, und Moms Oil of Olay.
    Ganz unten im Korb fand ich eine Flasche 5th Avenue. Ich öffnete sie und schnupperte daran, dann versprühte ich etwas davon, und plötzlich duftete das ganze Bad nach ihr. Fast meinte ich, ihre warme, knochige Hand an meiner Wange zu spüren. Fast konnte ich die Pünktchen in ihren blauen Augen und die Stelle auf ihrer Nase sehen, wo zwei Sommersprossen ineinander übergingen. Dieses Parfüm war das Einzige, was sich meine Mutter je gegönnt hatte. Sie kaufte es jedes Jahr für mich, damit ich es ihr zu Weihnachten schenken konnte, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte, so viel Geld für sich selbst auszugeben.
    Sie fand immer mein Weihnachtsgeschenkeversteck und schmuggelte die Flasche dazwischen. Jedes Jahr wickelte ich die lange goldene Schachtel in billiges Geschenkpapier und wartete auf ihre gespielte Überraschung, wenn sie sie auspackte, das war immer meine liebste Weihnachtstradition. » Van! Das hättest du nicht tun sollen«, schalt sie dann immer und zwinkerte mir zu. Vier Unzen reichten für ein ganzes Jahr. Diese Flasche war noch zu drei Vierteln voll– sie war drei Monate vor meinem Collegeabschluss

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