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Können diese Augen lügen?

Können diese Augen lügen?

Titel: Können diese Augen lügen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Larkin
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auf unser Sofa zu sinken und über Claudia von Hoefflings Make-up oder Richard Wertlingers Tändelei mit einer der Cocktailkellnerinnen zu lästern. Doch so sehr Diane den Besuch dieser Bälle hasste, so sehr liebte sie es, Kleider dafür zu kaufen. Sie pflegte mich von der Schule abzuholen, und wir verbrachten den Tag damit, von Neiman Marcus zu kleinen Boutiquen zu ziehen. Unsere Einkaufsbummel beendeten wir für gewöhnlich mit Massagen und Gesichtsbehandlungen.
    Meine Mom und Janie erfuhren nichts davon. Wir sprachen nie darüber, es vor ihnen geheim zu halten, aber wir waren uns in diesem Punkt einig. Nach einem unserer ersten Ausflüge bog meine Mom im selben Moment in die Auffahrt ein wie wir. Diane erzählte meiner Mom, mir wäre in der Schule schlecht geworden, und eine Lehrerin hätte sie angerufen, damit sie mich abholte, nachdem sie im Kutschhaus niemanden erreicht hatte.
    Meine Mom strich mir über das Haar und machte ein besorgtes Gesicht.
    » Ich habe einen Tee, der ihr helfen wird«, sagte Diane. » Van, du gehst jetzt ins Bett.« Sie verzog mitfühlend die Lippen, um meiner Mom zu verstehen zu geben, dass sie mit mir litt. » Alles in Ordnung, Nat. Ich hole ihn eben.« Und als sie gemeinsam fortgingen, blickte sie über ihre Schulter und zwinkerte mir zu.
    Ich rannte zum Kutschhaus und nahm die Kassette aus dem Anrufbeantworter, damit es so aussah, als wäre er kaputt.
    Aber dann war es Diane, die etwas vor mir geheim hielt. Fast ein Jahr lang sagte sie mir kein Wort und meine Mom auch nicht. Als sie es mir endlich erzählten und ich vom College nach Hause kam, um bei ihr zu sein, war meine Mutter abgemagert, zerbrechlich und unter ihrer roten Designerstrickmütze kahl.
    Ich betrat das Kutschhaus. Sie waren beide im Schlafzimmer meiner Mutter, sie hörten mich nicht, und ich verfolgte voller Entsetzen, wie meine Mom und Diane ein ernsthaftes Gespräch über den Stoff führten, mit dem ihr Sarg ausgeschlagen werden sollte.
    » Satin ist zu protzig, Diane«, meinte meine Mutter. » Das passt nicht zu mir.« Sie hielt ein Muster aus grauer Wolle hoch.
    Diane machte ein Gesicht, als habe sie gerade in eine Zitrone gebissen, und schüttelte den Kopf. Sie griff nach einem anderen Musterstück und hielt es lächelnd in die Höhe.
    » Das hier ist geradezu klassisch, Nat«, sagte sie. » Ich finde, dass Altrosa…« In diesem Moment sah sie mich und verstummte abrupt.
    Sie sprachen in ihrer eigenen Sprache darüber. Sie pflegten ihre eigene Routine. Diane kannte die Namen aller Pillen in den orangefarbenen Fläschchen, die auf der Badezimmerablage standen. Sie konnte sie anhand von Farbe und Form identifizieren und wusste die entsprechende Dosis auswendig. Bis ich mitbekam, wie sie über die Wahl des Sarges diskutierten wie über den Kauf eines neuen Autos, hatte ich nur Phrasen wie ›der Knoten wurde entfernt ‹ und ›Routineprozedur ‹ zu hören bekommen. Ich hatte meiner Mutter geglaubt, wenn sie sagte: » Alles wird gut, Süße.«
    Die Beerdigung war ein Albtraum. Diane hatte meine Mutter zu allem Schnickschnack überredet, den man mit Driscoll-Geld kaufen konnte. Es war ihr Lieblingsprojekt. Von dem Moment an, wo das Wort ›Endstadium ‹ gefallen war, hatten die beiden jedes Detail genau geplant. Und alles war mir ein Dorn im Auge– von dem Blumenschmuck aus gelben Rosen bis hin zu dem grauen Rohseideeinband des Gästebuches (passend zu dem Stoff des Sargfutters, auf den sie sich schließlich geeinigt hatten), das bei der Trauerfeier ausgelegt worden war. Sie unterhielten sich, als wäre es das Normalste auf der Welt, seine eigene Beerdigung zu planen, was bewirkte, dass ich mich ihnen beiden nicht mehr nah fühlte, als würde ich keine von ihnen wirklich kennen. Ich war mir nicht sicher, ob mich die Distanz zwischen meiner Mutter und mir oder zwischen Diane und mir mehr störte, aber Diane bekam meinen Ärger zu spüren, weil außer ihr niemand mehr da war.
    Ich schrie sie an. Ich weinte. Ich belegte sie mit allen Bezeichnungen für den Teufel, die mir einfielen. Ich warf mit allen möglichen Gegenständen um mich. Dann fuhr ich nach Rochester zurück und ging nicht mehr ans Telefon.
    Janie erzählte mir, dass Diane zu meiner Collegeabschlussfeier gekommen war, mit einem riesigen Blumenstrauß in der Menge gesessen und in dem Meer schwarzer Roben nach mir Ausschau gehalten hatte. Ich verbrachte dieses Wochenende in einem Holiday Inn in Ithaca, wo ich mir im Fernsehen einen schlechten Film nach

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