Koestlbachers erster Fall
für mich deine Frau, nicht
mehr und nicht weniger. Ein Trauschein ist in diesem Zusammenhang nicht
mehr wert, als das Papier, auf das er gedruckt ist. Oder glaubst du im Ernst,
Treue würde für dich zu einem Begriff mit anderem Inhalt, wenn du eine
Heiratsurkunde hättest?«
»Was regst du dich auf einmal so
auf? Was hat das alles mit der Irmi und deinem Benni zu tun?«
»Siehst du, genau das ist es! Du
sprichst von ›der‹ Irmi aber ›meinem‹ Benni. Dabei lebst du mit ›deiner‹ Irmi zusammen und ›der‹ Benni ist jetzt tot! Der Benni war
nie ›mein‹ Benni. Ich war dem Benni
seine Monika. Das ist ganz was anderes! Ich habe ihm gehört! Verstehst du’s
endlich?«, schrie die Monika nun fast. Auf alle Fälle begann sich ihre Stimme
zu überschlagen, als sie noch hinzufügte: «Der Benni war das, was ihr Spießer
einen Zuhälter nennt, auch wenn ihr nie begreifen werdet, wer sich hinter
diesem Wort verbirgt!«
Da ist dem Albert erst mal die
Kinnlade hinunter gefallen und er bekam eine Ewigkeit andauernde Sekunde keinen
Ton mehr heraus. Gut, dass ihn die Monika so nicht sehen konnte, weil jetzt
bestimmt gedacht, der Albert hat was an der Birne.
»Was ist? Hat’s dir die Sprache
verschlagen?«, fragte sie, als keine Antwort kam.
Aber beim Albert Pause vom
Gedankensprungturnier vorüber. Absolut hektischer Durchgang! Romanfiguren
im Wettstreit mit lebenden Vorbildern. Die Zuschauerränge besetzt mit
Toten, die trotz ihrer Leichenblässe frenetisch herausragende Leistungen
applaudierten. In den Kabinen wartende Huren, begleitet von Zuhältern mit
Goldkettchen und Polarfuchsmänteln, die Rollex ums Handgelenk. Eine
männliche Leiche, liegend im eigenen dunkelrot gefärbten Blut in der marmornen
Männertoilette. Neben einer Kloschüssel!
»Haaaaaaallo!«, rief die Monika
ins Handy, weil sich der Albert gar so still verhielt.
Turnier mit einem Schlag beendet!
Siegerehrung abgebrochen. Bekanntgabe der Ergebnisse verschoben!
After-Game-Party ausgefallen!
«Scheiße! Der Benni, war das so
ein großer, dunkelblonder, der in der Adolf-Schmetzer-Straße...?«, fragte der
Albert und brach damit sein Schweigen.
»Ja, genau der!«, antwortete die Monika
nun ihrerseits überrascht. »Du kanntest ihn?«
»Kennen ist vielleicht etwas
übertrieben. Ich hab’ dort mal vorgesprochen und um ein paar Insiderinfos
gebeten. Der Herr Tischke hat mich freundlich lächelnd gleich durchs ganze
Etablissement geführt. – Und der gehörte zu dir? Der war quasi dein ...!«
»Zuhälter! Ja! Du kannst das Wort
ruhig aussprechen«, vervollständigte die Monika den Satz vom Albert. »Du kannst
ihn natürlich auch meinen Chef nennen, wenn dir das leichter über deine
Scheiß Spießerlippen geht!«
»So war das nicht ...«
»Doch! Genau das meinst du! Du
wirst von deinem Agenten ständig dumm angemacht und beizeiten über den
Tisch gezogen. Du nennst ihn deinen Chef und lässt dich trotzdem Tag für Tag
von ihm ficken. Für mich war der Benni mein Freund, auch wenn er mein Zuhälter
war. Und im Gegensatz zu deinem Agenten fickte er mich wenigstens richtig und
nicht so wie diese Agentenarschgeige dich. Der macht dich doch nur fertig wann
und wo’s ihm passt!«, sagte die Monika und traf damit den Albert an seiner
empfindlichsten Stelle.
Da hatte sie schon recht! Der
Agent vom Albert, der saugte ihn aus bis aufs Blut. Drei Kriminalromane konnte
der Albert bisher schon veröffentlichen. Die letzten beiden in Auflagen, wovon
du nur träumen kannst. Aber was hat der Albert davon gehabt? Außer dass ihn
jetzt jeder kennt und er nicht mehr durch die Stadt bummeln kann, ohne angesprochen
zu werden? Wenig! Zumindest wenig Geld. Sein Agent hat bestens dafür
gesorgt, dass der Albert auf den Verkaufslisten ganz oben stand. Er hat
aber auch rechtzeitig dafür gesorgt, dass der Albert nur so viel vom Kuchen
abbekam, dass er ständig gezwungen ist, einen weiteren Roman zu schreiben.
Ja, da hatte sie wirklich recht,
die Moni. Sein Agent nimmt ihn aus wie eine Weihnachtsgans oder, um es mit
ihren frivolen Worten zu sagen, er fickt ihn unaufhörlich.
»Ich weiß, wer den Benni
umgebracht hat!«, sagte da plötzlich die Monika.
»Was hast du gesagt?«, fragte der
Albert, weil er sich nicht vorstellen konnte, das das, was er soeben gehört
hatte, dass das wirklich aus der Hörmuschel seines Handys gekommen war.
»Ich weiß, wer den Benni
umgebracht hat!«, wiederholte die Monika.
»Woher? Ich meine wer...?«, fragte
der Albert, momentan
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