Koestlbachers erster Fall
Steingeister aus der Textilbranche, denen das Modehaus
›Stern‹ gehörte, stand ihr die Welt offen, wie du dir denken kannst. Da gab’s
kein:
»Das können wir uns nicht
leisten!« oder
»Wer soll das bezahlen?« oder
»Wir haben keinen Goldesel!«
Alles, was die Monika wollte, das
bekam sie auch und damit sie’s auch wirklich genießen konnte, gern auch
zwei- und dreifach. Weil wenn du da so im Geld schwimmst, dann ist es schon
wichtig, dass du deinem Kind das Schwimmen im Geld auch richtig beibringst,
damit es immer oben bleibt. Solange dein Einzelkind, das Gott sei Dank mit
niemandem teilen muss, solange das noch im ersten Lebensjahrzehnt herumtrödelt,
solange ist die Welt im Großen und Ganzen noch in Ordnung. Kindergeburtstage werden
im Hochzeitsstil und als Ü-50-Party gefeiert. Letzteres hat nichts mit dem
Alter der Gäste zu tun. Vielmehr wollte man damit symbolisieren, dass
mindestens 50 Gäste, besser noch mehr, das Fest beleben sollten. Ein
engagierter Zauberer und eine Liveband, zu der deine Prinzessin Karaoke
singen darf, war das Minimum an Showeinlagen.
Weil aber noch immer keine
Gelddruckmaschine im Keller stand, wurde der Arbeitszeitaufwand, den das
Textilehepaar in Zeiten einer wirtschaftlichen Flaute erbringen musste, um den
gewohnten Luxus aufrecht erhalten zu können, laufend größer. Die kleine
Moni-Zicke terrorisierte das Haus nun schon 10 Jahre und es wurde jedes Jahr
schwieriger mit ihr. Zum Glück war einer der Gäste zum 10ten Geburtstag der
Moni ihr Pädagoge.
Und wer kann so ein in
Erziehungsfragen überfordertes Elternpaar besser beraten, als ein ›Homo Pädagogikus‹ , der die Sache
studiert hat und sein ganzes Leben schon von Berufs wegen mit Erziehung
verbracht hat?
»Werd’ mich mal mit dem
Kreuzhammer unterhalten!«, sagte der Herr Peter Steingeister, der Papa von der
Monika, zu seiner Frau Magda, die sich gerade bei einem vorübergehenden
männlichen Servicepersonal mit einem frischen Glas Champagner bediente.
›Der Knabe sieht nicht übel aus!‹ , dachte sie und blinzelte ihn
verführerisch an.
»Was meinst du dazu?«, fragte sie
ihr Mann, ohne im allgemeinen Gedränge Magdas Flirt mit dem
Getränkerumträger bemerkt zu haben.
»Wozu Schatz?«, fragte die Magda
zurück, weil sie ihrem Peter nicht zugehört hatte.
»Na, dass ich ein Wörtchen wegen
der Moni mit dem Kreuzhammer rede. Der ist doch Monis Lehrer und kennt
unsere Moni sicher recht gut, ich meine ihre Eigenheiten und so.«
»Sollte das nicht besser ich
übernehmen?«, meinte die Magda, weil der Kreuzhammer ihr fast so gut wie der
junge, knackige Getränkerumträger gefiel und sie schon lange einmal ein
privates Gespräch mit dem Kreuzhammer führen wollte. Ausgezeichnete
Gelegenheit! Sogar vom eigenen Volltrottel von Mann eingefädelt.
»Du warst schließlich noch nie in
seiner Sprechstunde und kennst ihn kaum!«, fügte die Magda noch gewichtig
hinzu, weil sie das Gefühl hatte, der Peter würde das in seiner unsensiblen
Art, weil ja nur Befehlston gewohnt, lieber selbst in die Hand nehmen.
»Ja, hast recht!«, antwortete der
Peter Steingeister, von der Argumentation seiner Magda wie immer sofort
überzeugt. »Du kennst ihn besser wie ich! Aber lass’ dich nicht gleich wieder
abwimmeln!«, sagte der Peter noch und versuchte damit wenigstens aus dem
Hintergrund noch etwas von seiner Autorität ins Spiel zu bringen.
»Keine Sorge! Der wird mir schon
zuhören!«, antwortete die Magda und machte sich auf die Suche nach dem Kreuzhammer,
den sie schnell am Büffet erspähte. Bevor sie aber ihren Weg dorthin
fortsetzte, vergewisserte sie sich im Badezimmerspiegel schnell noch, ob
ihr Aussehen ihren Vorstellungen entsprach.
Ich meine, du kannst nicht so
einfach auf jemanden zugehen und den anquatschen, wenn du dir nicht ganz
sicher bist, dass dein Äußeres quasi das Optimum zeigt, was man daraus machen
kann. Und weil die Magda dem Kreuzhammer zumindest aussehensmäßig
imponieren wollte, verstehe ich schon, dass sie auf den kleinen Umweg über eine
Spiegelkontrolle nicht verzichtete. Eines muss man der Magda Steingeister
ja lassen, sie sah für ihre damals 30 Jahre verdammt gut aus und sie
wusste das auch. Der schwarze Hosenanzug gab nur oberflächlich gesehen vor, sie
sei angezogener, als mit einem tief dekolletierten Cocktailkleid. Alles an
Sehenswertem zeichnete sich nämlich unter dem feinen Seidenstoff des
Anzugs im Detail ab, alles, was Männerherzen schneller schlagen lässt. Der
Schnitt der
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