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Kohl, Walter

Kohl, Walter

Titel: Kohl, Walter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leben oder gelebt werden
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kommen. Angesichts der schweren Verletzungen
bestand für eine gewisse Zeit sogar ein Risiko für sein Leben.
    Maike war
de facto ins Krankenhaus gezogen und kümmerte sich rund um die Uhr. Sie ließ
sich von ihrem bisherigen Job im Bundeswirtschaftsministerium freistellen und
erschien uns nun endgültig als die neue Frau in seinem Leben. Auch wurden wir
bei Entscheidungen nicht mehr gefragt. Der Eindruck, der sich uns aufdrängte:
Sie wollte so wenig wie möglich mit der »alten« Familie, der Familie
Hannelores, zu tun haben. Dies hatte sie mir schon mehrfach bedeutet, und nicht
erst seit Kurzem. Einmal hatten wir eine heftige Auseinandersetzung, und ich
fragte sie, warum es so schwierig sei, schon einfache Besuche zu organisieren.
Sie gab mir ganz unverblümt zu verstehen, dass sie meinen Vater am liebsten für
sich ganz allein haben wollte.
    Das saß.
Ab jetzt war klar, woher der Wind wehte. Es war auch spürbar, dass mein Vater
seine Zukunft mit Maike sah, selbst wenn er dafür vielleicht sogar das Ende
unserer Beziehung in Kauf nahm.
    Lange Zeit
hatte er mir immer wieder gesagt, dass er sich nicht vorstellen könne, wieder
zu heiraten. Aber mit der Zeit wurde klar, dass mein Vater und Maike doch
heiraten würden. Die Trauung war in aller Stille und ohne Beteiligung der Kinder
und ihrer Familien nur mit ausgesuchten Vertrauten vollzogen worden. In aller
Stille? Aus der Bild-Zeitung waren tags darauf die Details zu erfahren. Es
schienen keinerlei Zweifel an der Authentizität der Berichterstattung
angebracht, da der Chefredakteur praktischerweise als Trauzeuge fungiert hatte
und jedes einzelne Wort und Foto mit Sicherheit abgesprochen und autorisiert
worden war.
    Ich gebe
zu, das war ein Schlag für mich. Erst schwankte ich zwischen Lachen und Weinen.
Einerseits fühlte ich mich verletzt, weil mein Vater mich so brüskierte und
mir quasi über die Boulevardpresse mitteilen ließ, dass ich von nun an nicht
mehr zu seiner privaten Welt gehörte. Mein Vater war nie besonders gut darin,
wichtige Familiennachrichten zu überbringen. Dafür hatte er ja unsere Mutter
gehabt. Insofern will ich mich jetzt nicht hinstellen und über fehlenden Stil
und mangelndes Einfühlungsvermögen lamentieren. Aber ja, es traf mich, dass er
sich nicht einmal imstande sah, es mir persönlich zu sagen.
    Doch ich
konnte mich nicht zurückziehen und in Ruhe mit dem Thema ins Reine kommen. Eine
Reihe von Journalisten versuchte sofort, mich zu Interviews zu überreden. Sie
witterten eine Sensation im Hause Kohl und unkten mit Fragen:
    »Wie lange
läuft denn diese Beziehung schon?«
    »Was würde
Ihre Mutter dazu sagen?«
    »Warum
wurden Sie nicht eingeladen?«
    »Wie sieht
es denn zwischen Ihnen und Ihrem Vater seit der Hochzeit aus?«
    Zuallererst,
ganz grundsätzlich, entschloss ich mich, dazu zunächst zu schweigen. Aber mir
war doch klar, dass ich irgendwann noch anders reagieren musste.
    Die
Gelegenheit kam, als ich eine Anfrage zu einem gemeinsamen Interview mit Lars
Brandt und Sven Adenauer erhielt. Es sollte im Sommer 2008 im alten Bonner
Kanzleramt stattfinden, einem Ort von großer Bedeutung für unsere Familie.
Noch nie in meinem Leben hatte ich einem der zahlreichen Interviewwünsche
entsprochen, die über all die Jahre an mich herangetragen worden waren. Aber jetzt
dachte ich anders darüber. Eine neue Zeit war für mich angebrochen.
    Als ich
ankam, war ich doch etwas überrascht. Früher war dies eine weitgehend
menschenleere Hochsicherheitszone gewesen, doch jetzt standen überall
Baustellenfahrzeuge, Kräne und Material herum, und der Sicherheitszaun hatte
ein großes Loch. Auf einem Schild stand zu lesen, dass der alte
Kanzlerbungalow, der offizielle Wohnsitz unserer Familie während der
Kanzlerschaft meines Vaters, nun als Teil des Museums »Haus der Geschichte« umgestaltet
werden sollte.
    Die Tür
stand weit offen, und ich betrat zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder das
Gebäude. Mein letzter Besuch hier war am Wahlabend des 27. September 1998
gewesen, der Abend, der das Ende der Kanzlerschaft Helmut Kohls markierte. Ein
Mann stellte sich mir in den Weg.
»Was machen Sie hier?«
    »Früher
habe ich mal hier gewohnt, zumindestens offiziell und manchmal.«
    Verdutzt
ließ er mich passieren, und ich erreichte ungehindert den Salon mit den großen
Panoramascheiben. Sie ermöglichen einen traumhaften Blick auf den weiten Park
und den Rhein. All das kannte ich so gut. Dort in der Ecke hatte ich meine Rede
auf meinen Vater zum

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