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Kohlenstaub (German Edition)

Kohlenstaub (German Edition)

Titel: Kohlenstaub (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Kathrin Koppetsch
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geworfen wird. Ich konnte gar nicht
mehr aufhören zu lachen. Es war unpassend angesichts der erschütternden
Ereignisse, aber ich war meinem Anfall ausgeliefert.
    »Das ist der
Schock«, meinte Rosi trocken. »Und die Anspannung. Pass nur auf, dass dir das
nicht bei jemand anderem passiert. Man könnte deine Reaktion missverstehen.«
    »Ja – ha-ha-ha«,
wieherte ich in den Telefonhörer. »Ich wei-ei-eiß!«
    »Ruf mich später
noch mal an«, sagte Rosi und legte auf.
    Die Küchenuhr auf
der geblümten Tapete zeigte kurz nach halb sieben. Zum Abendessen gab es zwei
Scheiben trockenes Graubrot und eine Tasse Pfefferminztee, genug nach dem
opulenten Mittagsmahl. Außerdem revoltierte mein Magen immer noch. Ich war
froh, dass die Küche einen kleinen Elektroherd hatte, auf dem ich den
Wasserkessel erhitzen konnte.
    Als ich Teller und
Tasse später am Spülstein abwusch, stellte ich fest, dass kaum noch warmes
Wasser floss. Dabei fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, am gestrigen
Samstag mein wöchentliches Bad zu nehmen.
    Ich lüftete das
Wohnzimmer. Die Fensterscheiben waren schon wieder mit einem grauen Film
überzogen. Wenige Tage vor Ostern hatte ich sie abgeledert, doch im Kohlenpott
blieben geputzte Fenster nie lange klar. Dann zog ich die verblichenen Vorhänge
zu, die ich ersetzen wollte, sobald ich es mir finanziell leisten konnte. Und
ich fror schon wieder. Hatte Jankewicz vergessen, im Heizkeller Kohlen
nachzulegen?
    Während ich noch
überlegte, ob ich ihm Bescheid sagen sollte, klopfte es an der Wohnungstür. Wer
mochte das sein in dieser Abendstunde?
    Erneut wählte ich
Rosis Nummer. »Bleib bitte dran, bis ich nachgeschaut habe, wer vor der Tür
steht«, bat ich sie. »Wenn ich schreie, ruf die Polizei.«
    Es klopfte noch
einmal.
    Ich postierte mich
hinter der Wohnungstür. »Wer ist da?«
    »Frau Jankewicz.«
    Das war ein
harmloser Besuch, auch wenn er mir im Moment nicht passte. Aber ich hatte ihr
schließlich angeboten zu kommen, und so konnte ich sie jetzt nicht abweisen.
Wahrscheinlich hatte sie zudem das Licht im Flur gesehen.
    Zögernd drehte ich
den Türknauf und öffnete.
    »Kann ich Sie
sprechen?«
    Ich wies zum
Wohnzimmer. »Nehmen Sie schon einmal Platz, ich komme sofort!«
    »Alles in Ordnung«,
sagte ich zu Rosi. »Es ist nur die Frau von unten.«
    »Wir haben noch
kein Telefon«, eröffnete Frau Jankewicz das Gespräch.
    »Ich brauche es
für meinen Beruf.«
    Sie erwiderte
nichts, schaute auf ihre Hände, die gefaltet im Schoß lagen. Im Schein der Deckenlampe
wirkte ihr Gesicht fahl. In den blonden Haaren waren bereits einzelne graue
Strähnen zu sehen.
    »Was kann ich für
Sie tun?«
    »Es geht um die
Familie.«
    »Sie meinen, um
Sie und Ihren Mann?«, mutmaßte ich.
    »Um meine Tochter.
Ich mache mir Sorgen. Sie hat einen Freund.«
    »Das ist nicht
ungewöhnlich in ihrem Alter …«, antwortete ich und dachte irritiert an die
Begegnung nach dem Gottesdienst und Fräulein Kreuters Interesse an dem jungen
Lehrer.
    »Sie geht mit
einem Ausländer«, klagte Frau Jankewicz. »Ich mache mir Sorgen um ihren Ruf.«
    »Weiß Ihr Mann
davon?«
    »Um Gottes
willen!«, entfuhr es ihr spontan. Sofort schlug sie die Hand vor den Mund. Ihr
war wohl eingefallen, dass man den Namen Gottes nicht unnütz führen sollte, und
schon gar nicht in Gegenwart einer Pastorin.
    Ich winkte ab.
»Schon gut!«
    »Ein
Makkaronifresser kommt mir nicht ins Haus, sagt mein Mann immer«, fuhr sie
fort.
    »Ein – was –
bitte?«
    »Makkaronifresser«,
wiederholte sie. »Kümmeltürke.«
    »Also geht sie mit
einem Italiener? Mit einem Türken?«
    »Er ist wohl
Spanier. Katholisch außerdem. Mein Mann vergisst sich, wenn er davon erfährt.«
    »Und Sie?«, fragte
ich. »Wie denken Sie darüber?«
    Sie blickte wieder
auf ihre Hände.
    »Was ich denke,
zählt nicht«, sagte sie schließlich.
    Wieder senkte sich
Stille zwischen uns.
    »Schlägt er Sie?«,
fragte ich dann, und im selben Moment fiel mir auf, wie doppeldeutig diese
Frage war. Meinte ich die Tochter oder die Frau?
    »Wissen Sie, er
ist kein schlechter Mann. Er hat Probleme. Sie entlassen Leute auf der Zeche,
und mein Mann kommt wohl auch bald dran.«
    »Aber es werden
doch überall Arbeitskräfte gesucht! Da findet Ihr Mann sicher etwas anderes.«
    »Er hat ja nichts gelernt«,
sagte sie leise. »Jetzt kommen sie von überall her und wollen hier Arbeit. Die
Gastarbeiter. Die sollen bleiben, wo sie hingehören, sagt mein Mann immer. Die
haben bei uns nichts

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