Kollaps
Bunzaemon, dass die Nachfrage nach Holz nun wieder steigen würde. Noch bevor das Feuer gelöscht war, machte er sich mit einem Schiff auf den Weg, um im Distrikt Kiso große Mengen Holz einzukaufen und sie in Edo mit gewaltigem Gewinn weiterzuveräußern.
Als erster Teil Japans wurde das Kinai-Becken auf Honshu, der größten Insel des Reiches, bereits um das Jahr 800 entwaldet; heute liegen dort wichtige Städte wie Osaka und Kyoto. Um das Jahr 1000 hatte sich die Waldzerstörung auch auf der kleineren Nachbarinsel Shikoku fortgesetzt. Um 1550 war ungefähr ein Viertel der Gesamtfläche Japans (immer noch vor allem der mittlere Teil von Honshu und der Osten von Shikoku) abgeholzt, in anderen Teilen des Landes gab es aber noch viele alte Wälder.
Hideyoshi brauchte 1582 als erster Herrscher Holzlieferungen aus ganz Japan, denn für seine umfangreichen Bauvorhaben reichten die Mengen, die er auf seinem eigenen Besitz gewinnen konnte, nicht mehr aus. Er verschaffte sich die Herrschaft über einige besonders wertvolle Wälder und forderte von jedem daimyo eine bestimmte jährliche Holzmenge als Tribut. Neben den Wäldern, die shogun und daimyo für sich selbst beanspruchten, erhoben sie auch Anspruch auf alle wertvollen Bäume auf den Ländereien von Dörfern oder Privatbesitzern. Um das ganze Holz von den immer weiter entfernten Waldgebieten in die Städte oder zu den Schlössern zu transportieren, wo es gebraucht wurde, beseitigten die Herrscher zahlreiche Hindernisse aus den Flüssen. Nun konnte man die Baumstämme als Flöße zur Küste schwimmen lassen, und von dort wurden sie dann mit Schiffen zu den Hafenstädten gebracht. Jetzt wurde das Holz auf allen drei Hauptinseln gefällt, von der Südspitze der südlichen Insel Kyushu über Shikoku bis zum Nordende von Honshu. Im Jahr 1678 mussten die Holzfäller sich auch über das Südende von Hokkaido hermachen, der Insel nördlich von Honshu, die zu jener Zeit noch nicht zum Staat Japan gehörte. Bis 1710 waren die meisten zugänglichen Waldgebiete auf den drei Hauptinseln (Kyushu, Shikoku und Honshu) und im Süden von Hokkaido abgeholzt; es blieben nur noch alte Wälder an steilen Berghängen, in unzugänglichen Gebieten und an Stellen, wo die Holzgewinnung mit der Technik der Tokugawazeit zu schwierig oder kostspielig war.
Die Waldzerstörung machte sich in Japan nicht nur mit ihren nahe liegenden Auswirkungen - Bauholz-, Brennstoff- und Futtermangel sowie erzwungenes Ende der Errichtung von Monumentalbauten - bemerkbar, sondern auch auf andere Weise. Innerhalb der Dörfer und zwischen den Dörfern und daimyo oder shogun kam es immer häufiger zu Streitigkeiten um das Holz, weil alle in Konkurrenz um die Wälder des Landes standen. Ebenso gab es Konflikte zwischen jenen, die Holzstämme auf den Flüssen transportieren wollten, und anderen, die Wasserläufe lieber zum Angeln oder zur Bewässerung ihrer Felder verwendeten. Wie wir es in Kapitel 1 im Zusammenhang mit Montana erfahren haben, nahmen die Waldbrände auch hier zu, weil die nachgewachsenen Gehölze auf abgeholzten Flächen leichter brennbar waren als die alten Bäume. Nachdem die steilen Abhänge nicht mehr von Wald geschützt wurden, nahm unter den Verhältnissen Japans - starke Niederschläge, Schneeschmelze und häufige Erdbeben - auch die Bodenerosion stark zu. Durch das Wasser, das verstärkt von den kahlen Böschungen abfloss, wurden die Überschwemmungen in den Niederungen häufiger, durch Bodenerosion und Versandung der Flüsse stieg der Wasserspiegel in den Bewässerungssystemen, Sturmschäden verstärkten sich, aus Wäldern gewonnene Dünge- und Futtermittel wurden knapp. Das alles führte dazu, dass die landwirtschaftlichen Erträge gerade in einer Zeit der Bevölkerungszunahme zurückgingen, sodass es seit Ende des 17. Jahrhunderts immer wieder zu schweren Hungersnöten kam.
Der Meireki-Brand von 1657 und der nachfolgende Holzbedarf zum Wiederaufbau der japanischen Hauptstadt wurden zu einem Alarmsignal: Sie machten deutlich, dass Holz und andere Ressourcen im ganzen Land zunehmend knapp wurden, während die Bevölkerung insbesondere in den Städten stark gewachsen war. Das hätte zu einer Katastrophe nach Art der Osterinsel führen können. Aber stattdessen stabilisierte sich in Japan im Lauf der nächsten beiden Jahrhunderte die Bevölkerungszahl, und Ressourcen wurden nur noch nahezu nachhaltig verbraucht. Eingeleitet wurde der Wandel von oben durch aufeinander folgende shogune: Sie
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