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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Krankheitsepidemien, die Europa zur gleichen Zeit heimsuchten (aufgrund des Verbots, ins Ausland zu reisen oder Besucher zu empfangen), und steigende landwirtschaftliche Erträge durch die Einführung zweier produktiver neuer Nutzpflanzen (Kartoffeln und Süßkartoffeln), Trockenlegung von Sümpfen, verbesserte Kontrolle von Überschwemmungen und zunehmende Produktion auf bewässerten Reisfeldern. Auf diese Weise wuchs die Bevölkerung insgesamt, noch schneller aber wuchsen die Städte, bis Edo 1720 schließlich die bevölkerungsreichste Stadt der Welt war. Der Frieden und eine starke Zentralregierung führten dazu, dass sich in ganz Japan eine einheitliche Währung und ein einheitliches System von Maßen und Gewichten durchsetzte, Zölle wurden abgeschafft, Straßen wurden gebaut, und die Küstenschifffahrt verstärkte sich; das alles trug dazu bei, dass es innerhalb Japans zu einem Handelsboom kam.
    Dagegen wurde der Handel zwischen Japan und der übrigen Welt fast völlig eingestellt. Portugiesische Seeleute, die auf Handel und Eroberung aus waren, hatten 1498 Afrika umrundet und Indien erreicht; 1512 kamen sie auf die Molukken, 1514 nach China und 1543 nach Japan. Die ersten europäischen Besucher in Japan waren zwei schiffbrüchige Seeleute, aber schon sie lösten beunruhigende Veränderungen aus, weil sie Feuerwaffen einführten, und noch größer war der Wandel, als ihnen sechs Jahre später die ersten katholischen Missionare folgten. Hunderttausende von Japanern, darunter auch einige daimyo , wurden zum Christentum bekehrt. Leider aber traten nun Missionare der Jesuiten und Franziskaner untereinander in Konkurrenz, und es machte sich das Gerücht breit, die Geistlichen wollten Japan christianisieren, um auf diese Weise eine europäische Eroberung vorzubereiten.
    Im Jahr 1597 ließ Toyotomi Hideyoshi die erste Gruppe von 26 christlichen Märtyrern kreuzigen. Als christliche daimyo anschließend versuchten, Regierungsbeamte zu bestechen oder umzubringen, gelangte der shogun Tokugawa leyasu zu dem Schluss, Europäer und Christentum seien eine Bedrohung für den Bestand der shogun -Herrschaft und für Japan insgesamt. (Betrachtet man rückblickend, welche militärischen Interventionen der Europäer auf die Ankunft scheinbar harmloser Kaufleute und Missionare in China, Indien und vielen anderen Ländern folgten, hatte leyasu damit eine echte Gefahr erkannt.) Im Jahr 1614 verbot leyasu das Christentum; Missionare und die von ihnen Bekehrten, die ihrer Religion nicht abschwören wollten, wurden gefoltert und hingerichtet. Ein späterer shogun ging 1635 noch weiter: Er verbot den Japanern, nach Übersee zu reisen, und japanische Schiffe durften die Küstengewässer des Landes nicht mehr verlassen. Vier Jahre später vertrieb er alle verbliebenen Portugiesen aus dem Inselreich.
    In der nun folgenden, mehr als 200 Jahre langen Periode schottete sich Japan von der übrigen Welt fast völlig ab. In den Gründen spiegelt sich weniger das Verhältnis zu Europa als vielmehr die Beziehung zu China und Korea wider. Als einzige Ausländer wurden wenige niederländische Kaufleute zugelassen (die katholikenfeindlich waren und deshalb als weniger gefährlich galten als die Portugiesen), und auch sie isolierte man wie gefährliche Krankheitserreger auf einer Insel im Hafen von Nagasaki, wo es auch eine ähnliche chinesische Enklave gab. Ansonsten war Außenhandel nur noch mit Korea auf der Insel Tushima gestattet, die zwischen Korea und Japan liegt, sowie mit den Ryuku-Inseln (einschließlich Okinawa) im Süden und der Ainu-Urbevölkerung auf der Insel Hokkaido im Norden (die damals im Gegensatz zu heute noch nicht zu Japan gehörte). Von solchen Kontakten abgesehen, unterhielt Japan mit dem Ausland keine diplomatischen Beziehungen, noch nicht einmal mit China. Mit Ausnahme von Hideyoshi, der nach 1590 zweimal vergeblich eine Invasion in Korea versuchte, bemühte Japan sich auch nicht um Eroberungen im Ausland.
    In diesen Jahrhunderten der Isolation konnte Japan fast alle Bedürfnisse aus eigener Kraft befriedigen; insbesondere war es praktisch autark in seiner Versorgung mit Lebensmitteln, Holz und den meisten Metallen. Importe beschränkten sich im Wesentlichen auf Zucker und Gewürze, Ginseng, Arzneimittel und Quecksilber, jährlich 160 Tonnen Luxushölzer, chinesische Seide, Hirschfelle und andere Tierhäute zur Herstellung von Leder (in Japan selbst wurden nur wenige Rinder gehalten) sowie Blei und Salpeter zur Herstellung

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