Kollaps
Landbesetzer auf gerodeten Flächen niederzulassen. Im Jahr 2000 wurde die Zuständigkeit für den Waldschutz wieder von den Streitkräften auf das Umweltministerium übertragen, das aber schwächer ist und nicht über die notwendigen Finanzmittel verfügt. Deshalb wird der Wald heute weniger gut geschützt als zwischen 1967 und 2000.
Im Meer sind Lebensräume und Korallenriffe fast an der ganzen Küste des Landes schwer geschädigt und überfischt.
Auf den abgeholzten Flächen kam es zu umfangreicher Bodenerosion. Derzeit macht man sich Sorgen, weil die Erosion zu Sedimentablagerungen in den Stauseen hinter den Dämmen führt, die im ganzen Land der Elektrizitätserzeugung dienen. In manchen bewässerten Gebieten, beispielsweise auf der Barahona-Plantage, kam es zur Versalzung des Bodens.
Wegen der erosionsbedingten Sedimentablagerungen sowie durch giftige Abfälle und Abwässer haben die Flüsse des Landes heute eine sehr schlechte Wasserqualität. Gewässer, die noch vor wenigen Jahrzehnten sauber waren und sich gut zum Schwimmen eigneten, sind heute vom Sediment braun, und das Baden ist dort nicht mehr möglich. Industrieunternehmen und die Bewohner der städtischen Elendsquartiere, wo es keine oder nur eine unzureichende öffentliche Müllabfuhr gibt, entsorgen ihre Abfälle in den Wasserläufen. Die Flussbetten wurden schwer geschädigt, weil man sie im industriellen Maßstab zur Gewinnung von Baumaterial ausbaggerte.
Seit den siebziger Jahren wurden in den fruchtbaren landwirtschaftlichen Regionen, beispielsweise im Cibao-Tal, in großem Umfang Pestizide, Insektizide und Herbizide eingesetzt. Dabei kamen in der Dominikanischen Republik auch Giftstoffe zum Einsatz, die in den Ländern, wo sie hergestellt wurden, schon seit langem verboten waren. Die Regierung duldete diese Praxis, weil die Landwirtschaft des Landes so hohen Gewinn bringt. In ländlichen Gebieten bringen Arbeitskräfte und sogar Kinder giftige landwirtschaftliche Produkte normalerweise aus, ohne Gesicht oder Hände zu schützen. Deshalb sind die Auswirkungen landwirtschaftlicher Giftstoffe auf die Gesundheit der Menschen mittlerweile gut belegt. Mir fiel auf, dass es in der produktiven Landwirtschaftsregion des Cibao-Tals so gut wie keine Vögel gibt: Wenn die Giftstoffe so ungesund für die Vögel sind, sind sie vermutlich auch ungesund für Menschen. Ein anderes Giftmüllproblem wirft die große Eisen- und Nickelmine von Falconbridge auf, deren Rauch über einem Teil der Landstraße zwischen den beiden größten Städten des Landes (Santo Domingo und Santiago) in der Luft hängt. Die Goldmine von Rosario war vorübergehend geschlossen, weil dem Land die Technologie fehlt, um die Cyanid- und säurehaltigen Abwässer des Betriebes ordnungsgemäß zu entsorgen. Sowohl in Santo Domingo als auch in Santiago herrscht häufig Smog, die Folge einer Riesenzahl veralteter Fahrzeuge, eines steigenden Energieverbrauchs und einer Vielzahl privater Generatoren, die in Privathäusern und Firmen betrieben werden, weil die öffentliche Stromversorgung so häufig ausfällt. (Während meines Aufenthaltes in Santo Domingo erlebte ich jeden Tag mehrere Stromausfälle, und nach meiner Rückkehr schrieben mir meine Freunde aus der Dominikanischen Republik, sie hätten jetzt unter »Blackouts« von bis zu 21 Stunden zu leiden.)
Ein weiteres Problem sind eingeschleppte biologische Arten. Um abgeholzte und durch Wirbelstürme geschädigte Flächen aufzuforsten, griff man in den letzten Jahrzehnten auf ausländische Baumarten zurück, die schneller wachsen als die einheimische Dominikanische Kiefer. Unter den fremden Arten, die ich in großer Zahl beobachten konnte, waren Honduraskiefern, Kasuarinen und Teakholzbäume. Einige neu eingeführte Arten konnten sich durchsetzen, andere gingen zugrunde. Heute sind sie ein Anlass zur Sorge, denn manche von ihnen sind anfällig für Krankheiten, denen die einheimische Dominikanische Kiefer eine natürliche Widerstandskraft entgegensetzt. Aufgeforstete Berghänge könnten also ihre Pflanzendecke wieder verlieren, wenn die Krankheit unter den Bäumen ausbricht.
Die Bevölkerungszunahme im Land hat sich zwar verlangsamt, sie liegt nach Schätzungen aber immer noch bei rund 1,6 Prozent im Jahr.
Gefährlicher als die wachsende Bevölkerung des Landes sind die schnell zunehmenden Pro-Kopf-Auswirkungen der Menschen. (Mit diesem Begriff, der hier von nun an immer wieder auftauchen wird, meine ich den durchschnittlichen
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