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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Wirtschaft der Dominikanischen Republik ein großes Stück voran. Wegen dieser Ergebnisse sind viele Bewohner geneigt, Balaguers schlechte Eigenschaften in Kauf zu nehmen.
    Viel größere Meinungsverschiedenheiten erntete ich mit meiner Frage, warum Balaguer eine so energische Umweltschutzpolitik betrieben habe. Manche Bürger sahen darin einen Schwindel, mit dem er Wähler gewinnen oder sein internationales Ansehen aufpolieren wollte. Nach Ansicht eines Befragten waren die Maßnahmen, mit denen Balaguer die Landbesitzer aus den Nationalparks vertrieb, nur ein Teil einer groß angelegten Kampagne, mit denen einfache Leute aus abgelegenen Waldgebieten entfernt werden sollten, wo sie möglicherweise einen Castro-freundlichen Aufstand planen konnten; angeblich sollten damit öffentliche Flächen entvölkert werden, damit sie später als Landgüter an reiche Bürger der Dominikanischen Republik, an Ausländer oder an Militärs verteilt werden konnten und Balaguers Verbindungen zur Armee festigten.
    Alle diese mutmaßlichen Motive mögen eine gewisse Rolle gespielt haben, aber angesichts des breiten Spektrums seiner ökologischen Maßnahmen, die in der Öffentlichkeit zum Teil auf Widerstand und zum Teil auf Desinteresse stießen, fällt es mir trotz allem schwer, in Balaguers gesamter Politik nur ein Täuschungsmanöver zu sehen. Manche Entscheidungen, insbesondere die Vertreibung der Landbesitzer mit Hilfe des Militärs, rückten ihn in ein sehr schlechtes Licht und kosteten ihn nicht nur Wählerstimmen (was er allerdings durch Wahlmanipulation abfangen konnte), sondern auch die Unterstützung einflussreicher Mitglieder von Oberschicht und Militär (deren Rückhalt er sich allerdings durch zahlreiche andere Schachzüge sicherte). Im Zusammenhang mit vielen ökologischen Maßnahmen, die ich zuvor aufgezählt habe, erkenne ich keinen Zusammenhang mit reichen Immobilienmaklern, der Bekämpfung von Guerillagruppen oder dem Streben nach dem Wohlwollen der Armee. Ich halte Balaguer vielmehr für einen erfahrenen, pragmatischen Politiker, der seine Umweltschutzpolitik offensichtlich so nachdrücklich betrieb, wie er es sich leisten konnte, ohne allzu viele Wählerstimmen oder einflussreiche Unterstützer zu verlieren und ohne einen Militärputsch zu provozieren.
    Einige Personen, die ich in der Dominikanischen Republik befragte, brachten darüber hinaus ein weiteres Thema ins Gespräch: Balaguers Umweltschutzmaßnahmen waren selektiv, manchmal unwirksam und voller blinder Flecken. Seinen Anhängern gestattete er Dinge, die für die Umwelt schädlich waren - sie durften beispielsweise Flussbetten schädigen, indem sie dort Gestein, Kies, Sand und anderes Baumaterial abbauten. Manche seiner Gesetze, unter anderem die gegen Jagd, Luftverschmutzung und Zaunpfähle aus Holz, waren nicht praktikabel. Manchmal machte er einen Rückzieher, wenn er mit seinen Entscheidungen auf Opposition stieß. Ein besonders schwer wiegender Schwachpunkt seiner Umweltpolitik bestand darin, dass er es versäumte, die Bedürfnisse der Bauern auf dem Land mit ökologischen Bedenken in Einklang zu bringen, und er hätte auch viel mehr dafür tun können, dass der Umweltschutz in der Öffentlichkeit Unterstützung fand. Dennoch konnte er vielfältigere und radikalere Umweltschutzmaßnahmen durchsetzen als jeder andere Politiker der Dominikanischen Republik, ja sogar mehr als die meisten Politiker, die ich in anderen Ländern kenne.
    Bei längerem Nachdenken scheint es mir die plausibelste Interpretation für Balaguers Verhalten zu sein, dass ihm die Umwelt tatsächlich am Herzen lag, wie er behauptete. Das Thema kam in fast allen seinen Reden vor. Er erklärte, der Schutz von Wäldern, Flüssen und Gebirgen sei seit seiner Kindheit ein Traum gewesen. Und er betonte das Thema sowohl in seinen ersten Ansprachen, nachdem er 1966 Präsident geworden war, als auch nach seiner Wiederwahl 1986 und bei seinem letzten Amtsantritt 1994. Als Präsident Fernandez es für übertrieben erklärte, 32 Prozent des Staatsgebietes als Schutzgebiete auszuweisen, erwiderte Balaguer, eigentlich müsste das ganze Land ein Schutzgebiet sein. Aber auf die Frage, wie er zu seiner umweltfreundlichen Einstellung gelangt sei, erhielt ich nie von zwei Personen die gleiche Antwort. Einer erklärte, er sei vielleicht in seinen jungen Jahren, als er in Europa lebte, von Umweltschützern beeinflusst worden: ein anderer stellte fest, Balaguer sei stets ein Feind Haitis gewesen und habe die

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