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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Ressourcenverbrauch und die durchschnittliche Abfallproduktion eines Menschen: Beide sind bei den Bewohnern moderner Industriestaaten weitaus höher als bei den Bürgern heutiger Drittweltländer oder bei allen Völkern der Vergangenheit. Die Gesamtauswirkung einer Gesellschaft entspricht ihrer Pro-Kopf-Auswirkung, multipliziert mit der Zahl der Menschen.) Durch eigene Auslandsreisen, Touristen im Land und Fernsehen wissen die Menschen in der Dominikanischen Republik sehr wohl, dass in Puerto Rico und den Vereinigten Staaten ein höherer Lebensstandard herrscht. Überall sieht man Reklametafeln, die Konsumprodukte anpreisen, und in den Städten sah ich an jeder größeren Straßenkreuzung fliegende Händler, die Handyzubehör und CDs verkauften. Zunehmend macht sich im ganzen Land eine Konsummentalität breit, die von der Wirtschaft und den Ressourcen der Dominikanischen Republik selbst nicht befriedigt werden kann und zum Teil von den Geldern abhängt, die Arbeiter aus anderen Ländern nach Hause schicken. Alle diese Menschen, die immer mehr Konsumprodukte kaufen, produzieren einen entsprechenden, immer größeren Abfallberg, der die kommunalen Entsorgungssysteme überfordert. Abfallhaufen sieht man an Wasserläufen, Landstraßen, in den Städten und auf dem Land. Ein Bewohner der Dominikanischen Republik sagte zu mir: »Der Weltuntergang wird hier nicht in Form eines Erdbebens oder Wirbelsturmes eintreten, sondern die Welt wird im Müll versinken.«
    In den Naturschutzgebieten des Landes geht man unmittelbar gegen alle diese Bedrohungen mit Ausnahme von Bevölkerungswachstum und Konsumverhalten an. Das umfassende Naturschutzsystem besteht aus 74 Schutzgebieten unterschiedlichen Charakters (Nationalparks, Meeresschutzgebiete und so weiter) und nimmt ein Drittel des Staatsgebietes ein. Das ist eine beeindruckende Leistung für ein dicht bevölkertes, kleines, armes Land, dessen Pro-Kopf-Einkommen nur ein Zehntel des Wertes in den Vereinigten Staaten erreicht. Ebenso beeindruckend ist, dass dieses System nicht von internationalen Umweltschutzorganisationen geplant und eingerichtet wurde, sondern von nichtstaatlichen Organisationen aus der Dominikanischen Republik selbst. In meinen Gesprächen bei drei dieser Organisationen - der Wissenschaftsakademie in Santo Domingo, der Fundacion Moscoso Puello und der Niederlassung von The Nature Conservancy in Santo Domingo (die als Einzige meiner Kontaktorganisationen im Land nicht nur lokal arbeitete, sondern einer internationalen Einrichtung angegliedert war) - waren alle Mitarbeiter, mit denen ich zusammentraf, ohne Ausnahme Bürger der Dominikanischen Republik. Dies stand in krassem Gegensatz zu meinen Erfahrungen in Papua-Neuguinea, Indonesien, auf den Salomonen und in anderen Entwicklungsländern, wo Wissenschaftler aus dem Ausland entscheidende Positionen besetzen und auch zeitweise als Berater tätig sind.
    Wie steht es mit der Zukunft der Dominikanischen Republik? Wird das System der Naturschutzgebiete, das zunehmend unter Druck steht, überleben? Besteht Hoffnung für das Land?
    Auch in diesen Fragen stieß ich selbst bei meinen Freunden aus der Dominikanischen Republik auf beträchtliche Meinungsverschiedenheiten. Es gibt viele Gründe, in Sachen Umwelt pessimistisch zu sein: das beginnt schon damit, dass die Naturschutzgebiete nicht mehr durch die eiserne Faust von Joaquin Balaguer geschützt werden. Sie sind unzureichend finanziert, werden schlecht überwacht und von den Präsidenten der jüngeren Zeit nur halbherzig unterstützt, ja manche haben sogar versucht, ihre Flächen zu beschneiden oder sie zu verkaufen. An den Universitäten gibt es nur wenige gut ausgebildete Wissenschaftler, sodass auch die Heranbildung eines Kaders guter Studenten nicht gesichert ist. Die Regierung stellt so gut wie keine Mittel für wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung. Einige meiner Bekannten machten sich Sorgen, die Naturschutzgebiete ihres Landes könnten eines Tages mehr auf dem Papier als in Wirklichkeit existieren.
    Andererseits besteht auch ein wichtiger Grund, optimistisch zu sein, und dieser Grund ist die wachsende, gut organisierte, von unten nach oben organisierte Umweltschutzbewegung, die in den Entwicklungsländern praktisch nicht ihresgleichen hat. Sie ist willens und fähig, Maßnahmen der Regierung infrage zu stellen; einige meiner Freunde in nichtstaatlichen Organisationen wurden wegen solcher kritischer Äußerungen sogar verhaftet, konnten aber ihre

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