Kollaps
auszubeuten, um ihr Einkommen trotz sinkender Kiloerträge konstant zu halten.
3. Wilde Tier- und Pflanzenarten, Populationen und genetische Vielfalt sind zu einem beträchtlichen Teil bereits verloren, und wenn es so weitergeht wie bisher, wird auch ein großer Teil dessen, was bisher erhalten geblieben ist, im nächsten halben Jahrhundert verschwinden. Manche Arten, beispielsweise große, essbare Tiere oder Pflanzen mit essbaren Früchten oder gutem Holz, sind für uns von offenkundigem Nutzen. Zu den vielen Gesellschaften vergangener Zeiten, die sich selbst durch die Ausrottung solcher Arten schädigten, gehörten die von der Osterinsel und Henderson, die wir bereits ausführlich erörtert haben.
Gehen aber kleine, nichtessbare Arten verloren, hört man häufig die Frage: »Was macht das schon? Sind Ihnen die Menschen wirklich weniger wichtig als ein paar mickrige, nutzlose kleine Fische oder Unkräuter, beispielsweise der Flussbarsch oder das Läusekraut?« Wer so fragt, vergisst aber, dass die gesamte, aus wilden Tier- und Pflanzenarten bestehende Natur uns ganz umsonst viele Dienste leistet, die wir selbst nur mit sehr hohen Kosten oder in vielen Fällen überhaupt nicht zuwege bringen könnten. Die Beseitigung zahlreicher kleiner Arten führt regelmäßig zu großen, gefährlichen Auswirkungen auf die Menschen, ganz so, als würde man nach dem Zufallsprinzip viele der kleinen Nieten entfernen, die ein Flugzeug zusammenhalten. Für dieses Prinzip gibt es buchstäblich unzählige Beispiele, von denen ich einige nennen möchte: Regenwürmer sind von Bedeutung für die Regeneration des Bodens und die Aufrechterhaltung seiner Struktur (dass der Sauerstoffgehalt in der luftdicht abgeschlossenen »Biosphäre 2« sank, was die menschlichen Bewohner gefährdete und einem meiner Kollegen dauerhafte Schäden zufügte, lag unter anderem an dem Fehlen geeigneter Regenwürmer, die zu einem anderen Gasaustausch zwischen Boden und Atmosphäre beigetragen hätten): Bodenbakterien fixieren den Stickstoff, einen unentbehrlichen Nährstoff für Nutzpflanzen, den man ansonsten unter hohem Kostenaufwand mit Düngemitteln zuführen muss; Bienen und andere Insekten bestäuben kostenlos unsere Pflanzen, während es sehr kostspielig wäre, jede Blüte einer Nutzpflanze von Hand zu befruchten; Vögel und Säugetiere nehmen wilde Früchte mit und verbreiten die Samen (die Forstwissenschaftler haben bis heute nicht herausgefunden, wie man die wirtschaftlich wichtigste Baumart der Salomonen aus Samen heranzüchten kann - in der Natur werden diese Samen von Fledermäusen, die heute der Jagd zum Opfer fallen, im Gelände verteilt; Wale, Haie, Bären, Wölfe und andere Raubtiere im Meer und an Land werden dezimiert, was zu Veränderungen in der gesamten unter ihnen stehenden Nahrungskette führt; und wilde Pflanzen und Tiere zersetzen Abfallstoffe, verwerten Nährstoffe und versorgen uns damit letztlich mit sauberem Wasser und sauberer Luft.
4. Ackerböden, die dem Nutzpflanzenanbau dienen, werden durch Wasser- und Winderosion zerstört; dieser Vorgang läuft um den Faktor 10 bis 40 schneller ab als die Neubildung von Boden, und im Vergleich zur Bodenerosion auf bewaldeten Gebieten ist sie um den Faktor 500 bis 10 000 stärker. Da die Bodenerosion so viel schneller voranschreitet als die Bodenneubildung, geht unter dem Strich Boden verloren. So ist beispielsweise in Iowa, das unter allen US-Bundesstaaten die höchste landwirtschaftliche Produktivität aufweist, in den letzten 150 Jahren ungefähr die Hälfte des Oberbodens durch Erosion verschwunden. Als ich das letzte Mal in Iowa war, zeigten mir die Gastgeber auf einem Friedhof ein besonders spektakuläres Beispiel für diese Bodenzerstörung. Im 19. Jahrhundert hatte man dort mitten im landwirtschaftlichen Gebiet eine Kirche gebaut, die auch seither immer als Kirche diente, während das Land in der Umgebung als Acker genutzt wurde. Da der Boden auf den landwirtschaftlichen Flächen viel schneller erodiert war als auf dem Friedhof der Kirche, ragt dieser heute wie eine kleine Insel ungefähr drei Meter hoch aus dem Meer der umgebenden Felder heraus.
Darüber hinaus wird der Boden von den Menschen durch die Landwirtschaft, aber auch auf andere Weise geschädigt: Er versalzt, wie es in Kapitel 1 für Montana, in Kapitel 12 für China und in Kapitel 13 für Australien beschrieben wurde; er verliert seine Fruchtbarkeit, weil ihm die Nährstoffe durch die Landwirtschaft viel schneller
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