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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Menschen genutzt (beispielsweise für Getreide, Baumplantagen und Golfplätze) oder umgeleitet und verschwendet (beispielsweise weil Licht auf Asphaltstraßen und Gebäude fiel). Angesichts der Bevölkerungszunahme und insbesondere ihrer ökologischen Auswirkungen (siehe Punkt 12) werden wir den Vorausberechnungen zufolge bis zur Mitte dieses Jahrhunderts auf den Landflächen der Erde den allergrößten Teil der Photosynthesekapazität nutzen. Oder anders ausgedrückt: Der größte Teil der fixierten Sonnenenergie wird den Zwecken der Menschen dienen, und nur ein kleiner Teil bleibt noch übrig und kann das Wachstum natürlicher Wälder und anderer natürlicher Pflanzengemeinschaften in Gang halten.
    Bei den drei nächsten Problemen geht es um gefährliche Dinge, die wir herstellen oder transportieren: chemische Schadstoffe, fremde biologische Arten und schädliche Gase in der Atmosphäre.
    8. Die chemische Industrie und viele andere Branchen stellen zahlreiche giftige Chemikalien her oder setzen sie in Luft, Boden, Meere, Seen und Flüsse frei. Vielfach handelt es sich dabei um »unnatürliche« Substanzen, die ausschließlich von Menschen produziert werden; andere (zum Beispiel Quecksilber) kommen in der Natur in winzigen Mengen vor oder werden (wie die Hormone) von Lebewesen zwar synthetisiert, Menschen stellen sie aber in weitaus größeren Mengen her. Die ersten Giftstoffe, die ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerieten, waren Insektizide, Pestizide und Herbizide: Ihre Auswirkungen auf Vögel, Fische und andere Tiere beschrieb Rachel Carson schon 1962 in ihrem Bestseller Der stumme Frühling. Seither hat man gelernt, dass die Giftstoffe bei uns Menschen noch größere Schäden anrichten als bei den Tieren. Ursache sind dabei nicht nur Insektizide, Pestizide und Herbizide, sondern auch Quecksilber und andere Metalle, brandhemmende Chemikalien, Kühlmittel, Detergentien und Kunststoffbestandteile. Wir schlucken sie mit Lebensmitteln und Wasser, atmen sie mit der Luft ein und nehmen sie über unsere Haut auf. Vielfach verursachen sie schon in sehr geringer Konzentration angeborene Fehlbildungen, geistige Behinderungen und vorübergehende oder bleibende Schäden von Immunsystem und Fortpflanzungsorganen. Manche wirken als Hormonhemmstoffe: Sie beeinträchtigen die Fortpflanzung, weil sie die Wirkungen unserer körpereigenen Geschlechtshormone nachahmen oder blockieren. Wahrscheinlich sind sie ein entscheidender Grund, warum die Anzahl der Samenzellen in vielen Bevölkerungsgruppen während der letzten Jahrzehnte stark gesunken ist, sodass offensichtlich immer mehr Paare keine Kinder mehr bekommen können. Dies gilt selbst dann, wenn man in Rechnung stellt, dass das Durchschnittsalter bei der Eheschließung in vielen Gesellschaften ansteigt. Außerdem kommen allein in den USA jedes Jahr nach vorsichtigen Schätzungen 130 000 Menschen allein durch die Luftverschmutzung ums Leben (wobei Boden- und Wasserverschmutzung noch nicht mitgerechnet sind).
    Viele dieser Giftstoffe werden in der Umwelt (wie DDT und PCBs) nur langsam oder (wie Quecksilber) überhaupt nicht abgebaut und bleiben in unserem Umfeld lange erhalten, bevor sie ausgewaschen werden. Deshalb verursachen die Aufräumarbeiten in verschmutzten Landstrichen der USA (zum Beispiel Love Canal, Hudson River, Chesapeake Bay, dem Gebiet der Exxon Valdez-Ölpest oder den Kupferminen in Montana) häufig Kosten in Milliardenhöhe. Aber auch die am schlimmsten verschmutzten Orte in den USA sind noch harmlos im Vergleich zu vielen Stellen in der früheren Sowjetunion, China und zahlreichen Bergbaubetrieben der Dritten Welt, wo man an die Rekultivierungskosten überhaupt nicht denken mag.
    9. Als »fremde Arten« bezeichnet man Lebewesen, die wir absichtlich oder unabsichtlich von ihrem angestammten Verbreitungsgebiet in eine Region bringen, wo sie bis dahin nicht heimisch waren. Manche fremden Arten leisten uns natürlich als Nutzpflanzen, Haustiere oder zur Verschönerung der Landschaft gute Dienste. Aber andere richten unter den einheimischen Arten, mit denen sie in Berührung kommen, verheerende Schäden an, weil sie sie fressen, als Parasiten befallen, infizieren oder verdrängen. Solche großen Auswirkungen haben die fremden Arten häufig deshalb, weil die einheimischen Arten in ihrer Evolution keine Erfahrungen mit dem Eindringling gesammelt haben und ihm deshalb keinen Widerstand entgegensetzen (ganz ähnlich wie Bevölkerungsgruppen der Menschen, die noch nie mit

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