Kollaps
Technikgeschichte, dass der Übergang bei größeren Veränderungen - beispielsweise von Kerzen über Öl- und Gasleuchten bis zum elektrischen Licht oder vom Holz über Kohle zu Erdöl als Energieträger -mehrere Jahrzehnte in Anspruch nimmt, weil viele Institutionen und sekundäre technische Einrichtungen, die mit der alten Technologie zusammenhängen, verändert werden müssen. Wahrscheinlich werden alternative Energieträger in Zukunft tatsächlich in Verkehr und Energieproduktion einen immer größeren Beitrag leisten, aber das ist eine langfristige Aussicht. Wir müssen unsere Brennstoff- und Energieprobleme auch für die nächsten Jahrzehnte lösen, in denen die neue Technologie noch nicht allgemein verbreitet ist. Nur allzu oft lassen sich Politiker und Industrie durch die Fixierung auf eine ferne Zukunft mit viel versprechenden Wasserstoffautos und Windenergie von den vielen Maßnahmen ablenken, die ganz offensichtlich schon jetzt notwendig sind, um die Fahrleistung und den Brennstoffverbrauch der vorhandenen Autos sowie den Verbrauch fossiler Brennstoffe durch Kraftwerke zu vermindern.
»Ein Welternährungsproblem gibt es nicht; wir haben schon genügend Lebensmittel; wir müssen nur das Transportproblem lösen und die Lebensmittel dorthin bringen, wo sie gebraucht werden.« (Das Gleiche könnte man auch über die Energie sagen.) Oder aber: »Das Ernährungsproblem ist schon durch die Grüne Revolution gelöst, mit neuen, ertragreichen Reis- und anderen Getreidesorten, oder zumindest wird es durch gentechnisch veränderte Nutzpflanzen gelöst werden.« Diese Argumentation stützt sich auf zwei Erkenntnisse: Die Bewohner der Industrieländer verbrauchen im Durchschnitt pro Kopf mehr Lebensmittel als die Bürger der Dritten Welt, und manche Industrieländer, unter ihnen auch die Vereinigten Staaten, produzieren mehr Nahrungsmittel, als ihre Bewohner verbrauchen, oder sie könnten solche Überschüsse produzieren. Angenommen, der Nahrungsmittelverbrauch würde sich über die ganze Welt gleichmäßig verteilen, oder man könnte die Überschüsse aus den Industrieländern in die Dritte Welt exportieren: Wäre damit der Hunger in der Dritten Welt gelindert?
Die erste Hälfte dieser Argumentation hat eine offenkundige Schwäche: Die Bewohner der Industrieländer haben keine Lust, weniger zu essen, damit die Menschen in der Dritten Welt mehr zu essen haben. Und die zweite Hälfte nimmt nicht zur Kenntnis, dass die Industrieländer zwar gelegentlich gern Nahrungsmittel exportieren, um nach einer Krise (beispielsweise einer Dürre oder einem Krieg) in bestimmten Drittweltländern den Hunger zu lindern, dass sie aber kein Interesse daran haben, regelmäßig (über steuerfinanzierte Entwicklungshilfe und Subventionen für die Bauern) und langfristig die Lebensmittel für Milliarden Menschen in der Dritten Welt zu bezahlen. Würde dies geschehen, ohne dass in den Ländern der Dritten Welt wirksame Familienplanung betrieben wird - was die derzeitige US-Regierung aus prinzipiellen Gründen ablehnt -, würde sich wieder das malthusische Dilemma einstellen: Die Bevölkerung würde proportional zur steigenden Menge der Nahrungsmittel anwachsen. Bevölkerungswachstum und Malthus-Dilemma sind auch ein Teil der Erklärung dafür, warum der Hunger nach Jahrzehnten der Hoffnung und hohen Investitionen in Grüne Revolution und ertragreiche Getreidesorten immer noch weit verbreitet ist. Alle diese Überlegungen bedeuten, dass auch gentechnisch veränderte Lebensmittel allein die Ernährungsprobleme der Erde nicht lösen werden (wird dabei angenommen, dass die Bevölkerung konstant bleibt?). Außerdem beschränkt sich die Produktion gentechnisch veränderter Nutzpflanzen heute fast ausschließlich auf vier Pflanzenarten (Sojabohnen, Mais, Raps und Baumwolle), die nicht unmittelbar der menschlichen Ernährung dienen, sondern als Tierfutter, zur Ölherstellung oder als Rohstoff für Bekleidung verwendet werden, und der Anbau erfolgt in sechs Staaten oder Regionen der gemäßigten Klimazonen. Dies liegt einerseits daran, dass die Verbraucher einen starken Widerwillen gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel haben, andererseits aber auch an dem Umstand, dass die Firmen, die solche Nutzpflanzen entwickeln, Geld verdienen wollen: Dies ist nur möglich, wenn sie ihre Produkte an die reichen Bauern in wohlhabenden Staaten der gemäßigten Klimazonen verkaufen, nicht aber durch den Verkauf an arme Landbewohner in tropischen
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