Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
die Kampagnen gegen Tierquälerei, mit denen führende Modehäuser wie Bill Blass, Calvin Klein und Oleg Cassini gezwungen wurden, auf die Verwendung von Pelzen zu verzichten. Umweltaktivisten konnten durch öffentliches Auftreten den weltgrößten Baustoffhändler Home Depot dazu veranlassen, kein Holz mehr aus gefährdeten Waldgebieten einzukaufen und zertifizierten Produkten den Vorzug zu geben. Für mich war der Strategiewechsel bei Home Depot eine Überraschung: Ich hatte angenommen, die Verbrauchervertreter seien einem derart mächtigen Unternehmen hoffungslos unterlegen.
    In den meisten Fällen versuchten Verbrauchervertreter, Unternehmen wegen schädlichen Verhaltens anzuprangern; diese Einseitigkeit ist ein Nachteil, denn mit ihr haben die Umweltschützer sich den Ruf verschafft, stets lautstark deprimierende, langweilige, negative Aussagen zu verbreiten. Stattdessen sollten die Verbrauchervertreter auch dadurch Einfluss nehmen, dass sie Unternehmen loben, wenn sie deren Verhalten richtig finden. Wie ich in Kapitel 15 erwähnt habe, tun manche Großunternehmen mittlerweile Dinge, die von umweltbewussten Verbrauchern gefordert werden, aber diese Unternehmen haben für ihr Verhalten bei weitem nicht so viel Lob geerntet, wie sie für schlechte Taten gescholten wurden. Manch einer kennt vielleicht die Fabel von Äsop, in der Wind und Sonne in Wettstreit treten und einen Menschen von seinem Mantel befreien wollen: Der Wind hat kräftig geblasen und es nicht geschafft, aber danach scheint die Sonne, und es gelingt ihr. Die Lehre aus dieser Fabel sollten die Verbraucher sich in viel größerem Umfang zu Eigen machen: Wenn Großunternehmen sich umweltfreundlich verhalten, wissen sie ganz genau, dass sie unglaubwürdig sind, wenn sie gegenüber einer zynischen Öffentlichkeit selbst ihre guten Taten loben; damit ihre Bemühungen anerkannt werden, brauchen sie Hilfe von außen. Zu den vielen Konzernen, die in jüngerer Zeit von günstigen äußeren Beurteilungen profitiert haben, gehören Chevron Texaco mit seiner umweltfreundlichen Bewirtschaftung des Kutubu-Ölfeldes und Boise Cascade mit seiner Entscheidung, Produkte aus nicht nachhaltig bewirtschafteten Wäldern aufzugeben. Aktivisten sollten nicht nur das »dreckige Dutzend« geißeln, sondern auch »die tollen Zehn« loben.
    Wenn man als Verbraucher die Großunternehmen beeinflussen will, indem man ihre Produkte kauft oder boykottiert, oder wenn man ihnen zur Last fallen oder sie loben will, muss man sich die Mühe machen und in Erfahrung bringen, welche Glieder einer Lieferantenkette auf solche Einflüsse besonders empfindlich reagieren und sich am stärksten auf andere Glieder auswirken. Unternehmen, die unmittelbar an Verbraucher verkaufen oder mit ihren Marken beim Verbraucher bekannt sind, reagieren empfindlicher als solche, die andere Unternehmen als Geschäftspartner haben und deren Produkte ohne Herkunftsbezeichnung beim Verbraucher ankommen. Einzelhändler, die zu großen Ketten gehören und einem Hersteller seine Produktion ganz oder zu einem großen Teil abnehmen, können diesen Hersteller viel besser unter Druck setzen als Einzelpersonen. Mehrere Beispiele habe ich in Kapitel 15 erwähnt, und man könnte viele weitere hinzufügen.
    Wenn man beispielsweise nicht damit einverstanden ist, wie ein multinationaler Ölkonzern seine Ölfelder bewirtschaftet, ist es durchaus sinnvoll, die Tankstellen dieses Konzerns zu boykottieren und davor zu demonstrieren oder umgekehrt dort zu kaufen und sie zu loben, wenn man die Methoden des Konzerns richtig findet. Aber wer die Titanabbaumethoden in Australien gut findet und die Goldabbaumethoden auf Lihir Island ablehnt, sollte seine Zeit nicht mit Phantasieren vergeuden und glauben, er könne die Bergbauunternehmen selbst beeinflussen; in solchen Fällen sollte man sich lieber an Du Pont, Tiffany’s oder Wal-Mart halten, die großen Einzelhändler für titanhaltige Farben oder Goldschmuck. Holzkonzerne sollte man nicht loben oder beschimpfen, wenn ihre Produkte nicht bis in den Einzelhandel zu verfolgen sind; stattdessen sollte man es Home Depot, Lowes, B and Q und anderen Handelsriesen überlassen, Druck auf die Holzproduzenten auszuüben.
    Ebenso sind Hersteller von Fischprodukten wie Unilever (über seine verschiedenen Marken) oder Whole Foods daran interessiert, dass ihre Produkte gekauft werden; sie und nicht der einzelne Verbraucher sind diejenigen, die Druck auf die Fischereiindustrien ausüben können.

Weitere Kostenlose Bücher