Kolumbus kam als Letzter
nach der Klimakatas-
trophe Ende des 9. Jhs. Island besiedelten, dessen alte Küste heut-
zutage unter dem Meeresspiegel hegt, kolonisierten sie ab 982
Grönland, das sie zutreffend Grünland (englisch: Greenland) nannten. Die grönländischen Wikinger waren Farmer, bauten in Grön-
land etwas Getreide an, betrieben Feldgraswirtschaft und besaßen
Milchkühe. Allein der Bischof von Gardar (Ostsiedlung) hatte die
beträchtliche Anzahl von einhundert Kühen im Stall stehen (Lech-
ler, 1939, S. 22). Eine Mitteilung des Königsspiegels besagt, dass
Grönland »viel Butter und Käse« besitze, aber wenig Korn. Aus
den Abfallgruben wissen wir, dass neben Kühen noch Schafe und
Ziegen gehalten wurden, seltener Schweine.
Man muss sich fragen, wie die Farmer auf Grönland mit ihren
Milchkühen überhaupt überleben konnten. Denn es herrschte ja
lange Zeit Dunkelheit während des Winters. Man muss genügend
Futter für die Tiere ernten und über den langen Winter hinweg be-
vorraten. Und das alles am Rande des Eises? War Grönland über-
haupt (oder noch) vereist? Diese Insel besaß zu Recht den Namen
Grünland, denn das Eis der Schneezeit war zum größten Teil abge-
taut, die Täler waren eisfrei und nur die hohen Bergspitzen, die
heute unter dem Eis verdeckt liegen, trugen den heutigen Alpen
ähnliche Eishauben. Das Klimaoptimum und das in dieser Wärme-
periode aus den Meeren freigesetzte Kohlendioxid beschleunigten
den Pflanzenwuchs erheblich, wodurch auch das Tierleben geför-
dert wurde. Steigende Ernteerträge verhalfen den Wikingern nicht
nur auf Grönland zu Wohlstand. Die klimatische Situation Grön-
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lands während des Klimaoptimums bis zum Beginn der Kleinen
Eiszeit im 14. Jh. unterscheidet sich radikal von der heutigen.
Während dieser Zeit unternahmen die isländischen und grönländi-
schen Wikinger – wie schon ausgeführt – Fahrten bis zu den
Großen Seen im Inland von Nordamerika und entlang der ameri-
kanischen Ostküste, vielleicht sogar bis Florida. Während des mit-
telalterlichen Klimaoptimums gab es aber noch einen anderen Weg,
nicht nur für die grönländischen und isländischen Wikinger. Ent-
weder führte dieser an Spitzbergen und der Nordspitze Grönlands
vorbei oder durch die Davisstraße, zwischen Kanada und Grönland
hindurch, oder aber immer an der Nordküste Sibiriens entlang bis
zur Beringstraße. Nach dem Passieren dieser Meeresenge war der
Weg nach Mittel- und Südamerika, aber auch bis nach China,
Indien und vielleicht bis Afrika frei. Im Jahr 1956 fand man auf der damaligen Insel Lillön (Schweden) zur großen Überraschung der
Ausgräber eine Buddhafigur aus Bronze (Oxenstierna, 1962, S.
130), die dem 7. Jh. zugeordnet wird und aus Kaschmir stammt.
Chinesische Seide konnte in einem Wikingergrab in Birka nachge-
wiesen werden (Oxenstierna, 1962, S. 91).
Die von grönländischen Wikingern vor Beginn der Kleinen Eiszeit
benutzte eisfreie Nord-West-Passage wurde von den späteren Ko-
lonialmächten im 15. Jh. verzweifelt gesucht, denn man wusste von
einem ehemaligen Nordwest-Wasserweg nach China und Indien.
Die Nord-West-Passage konnte nicht mehr entdeckt werden, da sich
inzwischen die Verhältnisse grundlegend geändert hatten, denn die
Kleine Eiszeit ließ die vorher befahrbaren Gewässer ab dem 14. Jh.
Abb. 63: Parallele. In Akureyi
(Island) fand man eine Bronze-
statuette, die angeblich den
nordischen Gott Thor darstellt
(links). In Südamerika steht eine
drei Meter hohe Stele, die neben
megalithischen Steinsetzungen in
San Augustin (Kolumbien) auf-
gestellt wurde.
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Abb. 64: Blonde Eskimos. Entlang der bis zur Kleinen Eiszeit eisfreien Nord-West-Passage wurden blonde Wikinger (Greely in: »National
Geographic Magazine«, Vol. XXIII, No. 12, 1912) und auch Artefakte de; Wikinger entdeckt (Fitzhugh/Ward, 2000, in: »Vikings«, Smithsonian Institution). Die Wikinger konnten zu dieser Zeit nach Kanada und durch die eisfreie Beringstraße in den Pazifik segeln.
zufrieren. Einen Runenstein fand man noch hoch im Norden au 72
Grad nördlicher Breite, also weit nördlich des Polarkreises. Einen
Hinweis auf den weiten Aktionsradius der Wikinger gibt di‹
Untersuchung von A.W. Greely (»National Geographie Maga
zine«, Vol. XXIII, No. 12, Dezember 1912) über die Verteiluni
blonder Eskimos in Grönland und Kanada entlang der Nord-West
Passage (Abb. 64). Zwei Regionen liegen in der Nähe der alten
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