Kolumbus kam als Letzter
Leibeigenrechts – ein neuer männerrechtlicher
Machtstaat als Eroberungsstaat installiert. Als unerlässliche Kon-
sequenz schied die Frau aus der Führungsrolle aus. An die Stelle
des kultischen Matriarchats einer nicht in Klassen getrennten
Urgemeinschaft trat das besitzergreifende Patriarchat der neuen
Könige, im Zusammenspiel mit dem nicht nur religiösen Macht-
anspruch der katholischen Kirche. Gleichzeitig wurde der alt-
europäische Allmutter-Glaube beseitigt und eine Staatsreligion
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mit Universalanspruch und personifiziertem Staatsgott installiert
(vgl. Wirth, 1980, S. 19).
Gert Meier hat wahrscheinlich recht: »Es ist Karl der Große gewesen, der in jüngerer Zeit einer der markantesten Vertreter des Welt-
Alters war … des Zeitalters der Männer. Die Reichsannalen sind die angebliche Kodifikation, die – zum ewigen Ruhm Karls – die
Geschichte seiner so zwiespältigen Gesellschaft verfälschten. Karl
und seine Bemühungen haben es nicht vermocht, das Zeitalter der
Mütter zu verschleiern« (Meier, 1999, S. 419).
Der alteuropäische Bethen-Glaube beinhaltete eine Dreifrauengott-
heit, deren deutsche Namen Ambeth, Wilbeth und Borbeth sind, in
anderen Kulturen auch als Nornen, Parzen oder Moiren bekannt.
Dieser Kult wurde vom Christentum teilweise übernommen: Die drei
Bethen wurden in die christliche Maria, Margarete, Magdalena usw.
umgewandelt. Auf christlichen Darstellungen tauchen die drei Bethen
vor allem als die drei Frauen auf, die den Tod von Jesus beweinen.
Abb. 23: Gruppen.
Die drei Bethen von
Worms und eine nicht
identifizierte Dar-
stellung dreier Indi-
viduen auf einem
Steinbeil aus Manaus
(Brasilien). Bei beiden
Darstellungen fallen die
langen Haare und
Gewänder sowie die
Bücher auf die sogar
übereinstimmend
waagerecht (A) und
senkrecht (B) getragen
werden.
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»Nachklänge der Muttergottheiten finden sich im katholischen Ma-
rienkult« (Irmscher, 1984, S. 370). Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Marienkult in der Bevölkerung (auch in Amerika) sehr be-liebt ist und die Madonna so überaus große Verehrung genießt.
In Alteuropa war der ursprüngliche Name der Allmutter Ana.
Durch Anna, der Mutter von Maria, wird in der christlichen Reli-
gion die Erinnerung an die Allmutter wach gehalten. Auch in Nord-
amerika war der Glaube an die Mutter Erde fest eingebettet, ebenso
wie in Peru bei den Prä-Inkakulturen als auch bei den Inka (Mama-
Pacha, Pachamama).
Dr. Maso Oka wies in mehreren Vorträgen am Universitätsinstitut
zur japanischen Kulturgeschichte in den Jahren 1932 bis 1934 da-
rauf hin, dass es in Altjapan den Glauben an eine Urmutter gab
(Slawick, 1936, S. 684 ff.).
Hexenverfolgung
Die grausamen Kriege gegen die Katharer und Waldenser richteten
sich gegen große Glaubensgemeinschaften, die man durch gezielte
Verfolgung und Kreuzzüge relativ leicht und wirkungsvoll be-
kämpfen konnte. Der wirkliche Feind der römisch-katholischen
Kirche lauerte jedoch mitten in jeder feindlich-häretischen kelto-
germanischen Sippe selbst, personifiziert durch die Druiden und
weisen Frauen. Die Auslöschung der Druiden war relativ leicht.
Schwerer war es mit den weisen Frauen, denn offiziell waren sie
zwangsweise christianisiert, praktizierten aber weiterhin uralte Ri-
tuale. Wer waren diese weisen Frauen?
Es handelte sich um die seit dem frühen Mittelalter als Kräuter-
weiblein bekannten Frauen, die mit dem alten Wissen der Natur
vertraut waren und den Einsatz von Kräutern exakt dosiert steuern
konnten, um heilen oder töten zu können. Auch nach der Christia-
nisierung wurden sie zur Krankenheilung und bei Entbindungen
herbeigeholt und zu Rate gezogen.
Ihre Tätigkeit als Hebammen stand im Widerspruch zur katholi-
schen Lehre, denn sie praktizierten die Abtreibung mit natürlichen
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Mitteln, verabreichten Betäubungsmittel oder gaben praktische Tipps, dass Frauen schmerzlos gebären konnten. Heutzutage ist man dagegen überzeugt, dass eine beginnende Geburtenkontrolle erst in den
letzten Jahrzehnten des 18. Jhs. eingesetzt habe. Es ist aber eine Tatsache, dass neben der Kindestötung, Coitus interruptus oder dem Verkehr in der unfruchtbaren Phase des weiblichen Zyklus bereits
»in der Antike eine medikamentöse Kultur der Empfängnisverhü-
tung weit verbreitet ist…« (Heinsohn/Steiger, 1985, S. 43).
Damit ist ein Zusammenhang mit der Katharer-Ausrottung gegeben,
denn der Vernichtungskrieg
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