Kolumbus kam als Letzter
entstand, das durch andere wesensähnliche Religionen und Konfessionen – wie beispielsweise dem Ju-
dentum – als durchwirkter Teppich unterschiedlich ausgebildeter
Glaubensbekenntnisse in Europa gekennzeichnet war. Die vierte
Phase stellt demzufolge nicht das endgültige Durchschlagen der
letzten Welle des katholischen Glaubens dar, sondern eine komplett neue, römisch-päpstlich geprägte Christianisierungswelle, gekennzeichnet durch Gewalt, Kriege und Kämpfe:
»Erst mit der Invasion Norwegens durch Olaf den Heiligen in 1015
setzte dort wieder die Missionsarbeit ein, … er … betrieb die
Bekehrung ebenfalls im Rahmen der Reichseinigung und teilweise
mit Gewalt, da er seiner christlichen Königsideologie die Anerken-
nung verschaffen wollte« (Simek, 2000, S. 129). Deutlich zum
Ausdruck kommt, worum es wirklich ging: Macht, gehüllt in den
Mantel eines neuen, geistlich-feudalen Systems und die Reichs-
einigung bedeutet nichts anderes als die Enteignung der alten
Häuptlinge und damit der Völker.
Entsprechend bestand die vierte, und nach allgemeinem Verständ-
nis die eigentliche Phase der Christianisierung »im Wesentlichen in
der Organisation von Bistümern, dem Aufbau von Pfarren, der
Unterweisung in christlicher Doktrin, der Ausbildung einheimi-
scher Priester sowie der Gründung von Klöstern, womit zugleich
lateinische Schriftlichkeit und Gelehrsamkeit nach Skandinavien
getragen wurde« (Simek, 2000, S. 125). Nach Phase zwei und drei
des Synkretismus folgte ein abrupter Umbruch mit der gewaltsa-
men Christianisierung und dem einsetzenden Feudalismus zentral
gesteuerter Systeme.
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Aus finanziellen und machtpolitischen Gründen führte die lateini-
sche Kirche einen blutigen Krieg gegen die in Clans dezentral orga-
nisierte keltogermanische Bevölkerung, die der neuen Bewegung
nicht folgten. Es wurden Kreuzzüge und Pogrome und regelrechte
Hetzjagden gegen die Heiden veranstaltet, und vor allen Dingen
wurden alle Druiden als die geistige Oberschicht der Kelten syste-
matisch ermordet, um das Volk ohne ihre Lehrer führungs- und
orientierungslos zu machen. Das Volk siechte dahin, ausgenutzt
und ausgebeutet. Alle erreichbaren Überlieferungen, Sitten und
Gebräuche der Keltogermanen wurden usurpiert, eliminiert oder
umfunktioniert.
»Auf Veranlassung von Ludwig dem Frommen wurde im Jahre 813
auf dem Konzil von Mainz das Fest des heiligen Michael auf den
Herbstanfang gelegt. Dieser Zeitabschnitt des Jahres war aber zu-
vor bei den Germanen ihrem Hauptgott Wodan geweiht. Wodan
wurde ›christianisiert‹ und durch den Erzengel Michael ersetzt«
(Kaminski, 1995, S. 63).
Aus dem 7. Jh. ist der 13. Mai als Allerheiligentag in Rom überlie-
fert. Papst Gregor IV. verlegte den Termin angeblich im Jahr 837
auf den keltischen Jahresanfang, der von den Kelten als das Fest Samhain (Vereinigung) in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November als Jahreswechsel gefeiert wurde. Auch der Reformations-
tag der evangelischen Kirche liegt – rein zufällig? – auf diesem Da-
tum. Die Papstkirche hatte dem keltischen Feiertag einen neuen
Sinn gegeben, damit die Bevölkerung ihren alten Traditionen an
dem seit Jahrhunderten festgesetzten Datum zumindest in zeitlicher
Hinsicht treu bleiben konnte. Mit den Jahren verblasste die Erinne-
rung in christianisierten Gebieten, im Gegensatz zu der in freien
keltischen.
Mit den irischen Auswanderern kam das keltische Fest Samhain jedoch nach Amerika und wird dort unter dem Namen Halloween
(= All Hallows Evening) als zweitgrößtes Fest gefeiert. Neuerdings
kommt dieses keltische Brauchtum wieder zurück nach Europa,
woher es ursprünglich stammt.
Auch die alten keltischen Heiligtümer wurden von der Papstkirche
zerstört und an ihren Plätzen neue Kirchen gebaut. Andererseits
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wurden die keltischen Signaltürme mit ihren Anbauten zu Kirchen
umfunktioniert, und auf den Türmen mit ihren durch Brüstungs-
mauern umwehrten Flachdächern errichtete man spitz zulaufende
Holzdächer. Unten in die Kirchtürme wurden Türen gebrochen, wie
man vielerorts bei alten Kirchen noch heute sehr leicht erkennen
kann, da die Ausmauerungen der Türlaibungen mit einem anderen
Mauerwerksmaterial vorgenommen wurden.
Die Beibehaltung der heidnisch-christlichen Standorte war ein ge-
nialer Schachzug, da die Bevölkerung zur neuen päpstlich-römi-
schen Kirche kommen musste, auch wenn sie ihre alten Götter oder
ihre Gottmutter anbeten
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