Komm mit mir, liebes Hausgespenst
gewonnen. Ich habe einfach nicht so viel Glück wie Monika.“
„Tröste dich!“ Der Vater fuhr ihm durch sein zerstrubbeltes blondes Haar. „Auf Glück kommt es im Leben ja nicht an, sondern auf Tüchtigkeit. Wer sich darauf verlassen wollte, bei Lotterien oder Preisausschreiben zu gewinnen, der wäre bestimmt verlassen.“
Monika konnte den Tag der Abreise kaum erwarten. Es herrschte eine solche Nervosität im Haus, daß es schon gar nicht mehr gemütlich war. Natürlich hatte sie ihrer Familie von ihrem Pakt mit Amadeus erzählt. Aber die anderen waren nicht so optimistisch wie sie. Sie glaubten nicht daran, daß es Monika gelingen würde, Amadeus aus seinem Bannkreis herauszubringen, und sie fürchteten auch, daß er sich dann nicht an seine Abmachung halten würde.
Allmählich bekam sie schon ein ganz schlechtes Gewissen, daß sie überhaupt reiste. Bisher hatten die Schmidts immer alles möglichst zusammen erlebt. Natürlich verbrachte Peter viele Nachmittage bei und mit seinem Freund Georg, Liane schlief sogar manchmal nachts bei ihrer Freundin Esther in der Stadt. Aber vierzehn Tage weggeblieben war noch niemand von ihnen, und sie waren doch schon einige Jahre älter.
So kam Monika auf die Idee, ihren Vater am Tag vor der Abreise zu fragen — die Koffer waren gepackt, die Reisekleidung zurechtgelegt — : „Ob man sich das Geld, das die Reise kostet, auch hätte bar auszahlen lassen können?“
Herr Schmidt, der in seinem Sessel saß und Zeitung las, blickte lächelnd zu ihr hoch: „Hast wohl Angst vor deiner eigenen Courage bekommen?“ '
„Nein, das nicht. Ich meine nur... euretwegen.“
„Mach dir unseretwegen nur keine Sorgen. Wir kommen schon mal eine Zeitlang ohne dich aus... wenn es sein muß, auch mit einem randalierenden Gespenst.“
„Ich bin die einzige, die es bändigen kann.“
„Ich verstehe dich schon.“ Der Vater strich ihr über das glatte rote Haar. „Aber jetzt ist es zu allem zu spät. Die Reise ist organisiert, und du mußt sie antreten. Paß auf, es wird ein großes Erlebnis für dich werden.“
„Und du bist mir nicht böse?“ Schon begannen die Tränen in Monikas schönen grünen Augen zu schimmern.
Der Vater legte die Zeitung fort und zog sie in die Arme. „Bestimmt nicht. Ich freue mich für dich.“
„Aber Peter und Liane...“
„Ich weiß. Sie beneiden dich. Aber das ist nun einmal so im Leben. Immer wenn man Glück hat oder sogar einen schwer erarbeiteten Erfolg, wird man von den anderen beneidet. Nicht nur von denen, die einen nicht so sehr mögen, sondern sogar von den besten Freunden. Du mußt dich damit abfinden, Moni. Es ist eine gute Gelegenheit, dich gegen Mißgunst abzuhärten.“
„Wenn du es so siehst!“ Monika war ganz erleichtert.
Vor lauter Erwartung konnte sie an diesem Abend nicht einschlafen — aber auch noch aus einem anderen Grund: Sie mußte sich mit Amadeus in Verbindung setzen und ihn überreden, sich in den Katzenkorb zu begeben.
Im Notfall wäre sie auf den Dachboden gestiegen und hätte dort, in der Dunkelheit, nach ihm gerufen. Aber das war nicht nötig, denn die Neugier trieb ihn ganz von selber herbei.
Punkt Mitternacht — Monika hatte gerade den ersten Schlag von der Kirche in Heidholzen gehört — erschien er. Diesmal bildete er sich nicht vor ihren Augen aus, sondern kam wie ein lebendiger und sehr kecker Junge über den Balkon in Monikas Zimmer geklettert.
„Ach, da bist du ja!“ rief sie erleichtert.
„Bon soir, Monique“, grüßte er höflich und ein bißchen distanziert.
„Komm, setz dich zu mir!“ Monika klopfte auf die Bettkante.
Amadeus aber zog es vor zu stehen. Mit gekreuzten Knöcheln und sehr hochnäsigem Gesicht lehnte er sich gegen den Türstock.
„Nun sei doch nicht so!“ drängte Monika. „Du weißt doch, morgen ist der große Tag! Morgen fliegen wir los.“
„Ich bezweifle das!“
„Das verstehe ich nicht.“
„Ich bezweifle entschieden, daß sich große Maschinen in die Luft schwingen können... noch dazu, ohne ihre Flügel zu bewegen.“
„Bezweifle es ruhig! Aber du wirst es erleben.“ Monika stieg aus dem Bett und öffnete den Korb, der neben ihrem gepackten Koffer stand. „Steig ein!“
„Da hinein!“ Amadeus runzelte die Stirn. „Der ist doch viel zu klein für mich.“
„Unsinn. Ich weiß genau, daß du dich groß und klein machen kannst, ganz wie du willst. Jetzt machst du dich eben mal klein. Warte, ich habe den Schal von Tante Elly vergessen.“ Sie zog eine
Weitere Kostenlose Bücher