Komm mit mir nach Caracas
sie mitriss.
Plötzlich lächelte Raul auch und sagte: „Heute siehst du viel glücklicher aus, querida ."
Verlegen befeuchtete Polly mit der Zungenspitze die Lippen. Als er daraufhin den Blick zu ihrem Mund schweifen ließ, setzte ihr Herz einen Schlag aus, und heftiges Verlangen durchzuckte sie, das sie erschauern ließ.
Er machte einen Schritt auf sie zu und streckte die Hand nach ihr aus. Seine Augen funkelten. „Du zitterst ja ..."
Und er wusste, warum. Er wirkte genauso erregt, und deshalb versuchte sie erst gar nicht, ihre Gefühle zu verbergen. Als er sie an sich zog und die Lippen auf ihre presste, wurde sie ganz schwach und schloss die Augen. Das Atmen fiel ihr schwer, und ihr Herz raste.
„Du meine Güte ...", brachte sie hervor, als er sich wieder von ihr löste, und barg das Gesicht an seiner Schulter. Fieberhaft atmete sie seinen Duft ein, da ihr Verlangen sie förmlich verzehrte.
Seines stand ihrem jedoch in nichts nach, denn Raul atmete scharf ein und erschauerte dabei. Die Barrieren waren verschwunden. Er berührte sie wieder. Und er begehrte sie, und diesmal würde es ihr genügen, wie sie sich sagte.
Als er sie schließlich sanft von sich schob, lag in seinen Augen ein unergründlicher Ausdruck. „Ich hole dich gegen drei zu einem Picknick ab. Lass Luis zu Hause."
In dem Moment stieß Luis einen Schrei aus, als wollte er protestieren, und Raul lachte schallend. Stolz betrachtete er seinen kleinen Sohn, der gerade aufgewacht war, und seufzte. „Er ist wundervoll... Ich wünschte, wir hätten ihn im Bett gezeugt."
Polly errötete, doch es rührte sie, dass er ähnlich dachte wie sie. „Das lässt sich nicht ändern."
„Aber das nächste Mal werden wir es auf die herkömmliche Art und Weise tun", meinte er amüsiert und fügte dann sachlich hinzu: „Einer der Stallburschen wird dich zur Ranch zurückbringen. Du solltest in dieser Hitze nicht ohne Hut rausgehen. Ein Sonnenstich ist nicht besonders angenehm."
Als Polly wenige Minuten später ihr Zimmer betrat, waren gerade zwei der Hausangestellten dabei, neue Sachen in den Kleiderschrank zu hängen, die sie nicht kannte. Als sie diese näher betrachtete, stellte sie fest, dass es sich um sehr teure Designerkleidung handelte. Raul hatte sie ihr gekauft. Er hatte sie nicht gefragt, was ihr gefiel, und ihr nicht vorgeschlagen, sich selbst etwas zu kaufen. Sie nahm ein rauchblaues Kleid vom Bügel und hielt es sich an. Etwas so Kurzes hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht getragen!
Doch sie lächelte, weil sie bereits wie auf Wolken schwebte. Nächstes Mal. Zwei kurze Worte, die ihr bewiesen, dass Raul ihre Ehe als etwas Dauerhaftes betrachtete.
Sie zog das blaue Kleid an und machte sich anschließend auf die Suche nach der Haushälterin, um sie um die Schlüssel für das außergewöhnliche Gebäude mit den Türmen auf der Südseite des Gartens zu bitten. Sie musste noch einige Stunden überbrücken, und am Vortag hatte sie die Tür verschlossen vorgefunden und versucht, durch die trüben Fenster einen Blick ins Innere zu erhaschen.
„Niemand betritt das Haus, Senora." Die ältere Frau murmelte etwas auf Spanisch über el patron und überreichte ihr schließlich widerstrebend die Schlüssel.
Die Hausangestellten mochten abergläubisch sein, doch sie, Polly, ließ sich dadurch nicht beirren. Raul würde es nicht stören, wenn sie sich das Gebäude ansah.
Kurz darauf schloss sie die Haustür auf und betrat dann einen überraschend großen Raum. Auf den Möbeln lag eine dicke Staubschicht. Die Tapeten waren verblichen und schmutzig, die Gardinen mottenzerfressen. Polly durchquerte noch einige andere Räume, unter anderem die altmodische Küche, und ging schließlich die schmiedeeiserne Wendeltreppe hoch.
Im Obergeschoss lagen ein großes Schlafzimmer, ein Bad und ein weiteres Schlafzimmer. Auf der Schwelle zum dritten Zimmer blieb sie stehen. Es handelte sich um ein Kinderzimmer. In den Regalen standen noch verrostete Spielzeugautos, und an einer Pinnwand hingen vergilbte Fotos, als wäre der kleine Junge, der hier gelebt hatte, weggegangen und nie zurückgekehrt. Es war unheimlich.
Polly ging zur Pinnwand und betrachtete die Fotos. Eins zeigte Rauls Vater. Auf der Ranch hingen zwei Porträts, die, wie sie geglaubt hatte, Rauls Eltern darstellten -
Eduardo, dem Raul sehr ähnlich sah, und Yolanda, eine vornehm wirkende blauäugige Blondine, mit der er überhaupt keine Ähnlichkeit hatte. Die lachende Brünette mit den
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