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Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Reed
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machen, oder er werde es Annie erzählen. »Du verdammtes Arschloch«, sagte er. »Kannst du dir vorstellen, was du meiner Schwester damit antust?« Doch dann musste Calder bemerkt haben, dass Owens gequälte Miene der Qual seines eigenen Herzens entsprach, denn in dem Moment machte er einen Rückzieher und beichtete Owen die ganze Geschichte mit Sidsel. Danach saßen die beiden Männer stumm da. Und dann beschimpften sie sich gegenseitig als Arschlöcher und hätten fast geweint.
    Die Luft entweicht aus seiner Brust. Er dreht die Stereoanlage auf. »
Lets go back a year or two
«, singt Annie. »
Back to knowing how it feels being right with you

    Er und Tess haben sich letzte Nacht geliebt. Er brauchte so dringend ein bisschen Wärme, so dringend etwas Erleichterung. Danach fiel er in einen unruhigen Schlaf, aus dem er immer wieder aufwachte, weil sein Kopf vor lauter Gedanken an Annie dröhnte. Als er morgens schließlich die Augen endgültig aufschlug, wälzte er sich schuldbewusst herum und legte seine Hand mal auf Tess’ Hüfte, mal auf die Bauchrundung. Als sie ihre eigene Hand auf seine legte, fühlte es sich an, also ob ein spitzer heißer Stock an sein Herz stieße.
    Jetzt ist es nicht mehr weit. Höchstens hundert Kilometer.
    In den Tagen, nachdem er Annie verlassen hatte, noch Monate später, sogar kürzlich, als er Tess im Kreis von Freunden lachen sah, brannte er darauf zurückzukehren. Es überfiel ihn immer, wenn er am wenigsten damit rechnete, bis ihm aufging, dass er sich immer dann unwohl fühlte, wenn seine Frau glücklich wirkte. Er ist nicht der, für den sie ihn hält. Sie hat keine Ahnung, dass ihr Glück, das ihn einbezieht, nicht richtig existiert.
    In knapp einer Stunde sollte er da sein. Tess wird jede Minute anrufen, um zu fragen, wann er zum Essen nach Hause kommt.
    Heute hatte er frühmorgens Musik gehört, während er am Schreibtisch Rechnungen beglich, und Tess war hereingekommen und hatte gefragt: »Wer singt denn da?«
    Diese harmlose kleine Frage – 
Wer singt denn da?
 – fraß sich in seine Brust und nagte an den Fäden, die ihn an seine Frau banden.
    »Die Kinks«, sagte er, ohne sie anzusehen. Er schämte sich seiner Gefühle und wünschte, sie würden verschwinden. Aber wie konnte sie denn Ray Davies’ Stimme nicht erkennen? Keiner klang nur annähernd so wie Ray Davies.
    »Was ist los mit dir? Du siehst nicht gut aus«, sagte Tess.
    »Eine Erkältung. Oder so was. Meine Augen sind müde. Vielleicht brauche ich eine Brille.«
    »So was kommt vor mit Anfang vierzig«, sagte sie.
    Owen schnalzte mit der Zunge. Er klopfte mit dem Stift auf den Schreibtisch.
    Tess blieb auf dem Weg hinaus stehen. »Was ist das für ein Song?«
    »›Misfits.‹« Eine einfache Antwort auf eine einfache Frage, aber er musste unwillkürlich denken, dass Annie nicht nur den Song kennen und wissen würde, wer ihn geschrieben hat, sondern auch wann, und sie würde ihn spielen können.
    Er stand auf, rieb sich die Augen, hustete und ging früh aus dem Haus.

ZEHN
    Annie erwacht mit viel weniger Rückenschmerzen als erwartet. Der Kaffee braut sich gerade in der Küche, und der starke Duft lockt sie aus dem Bett. Sie sieht nach dem Wetter draußen. Dunkel und grau, aber trocken.
    Eine halbe Stunde später ist sie fertig zum Hinausgehen. Sie trägt das, was ihre Ernteuniform geworden ist: steife Jeans und Stiefel, eine schmutzige orangefarbene Jacke und Handschuhe. Da klingelt das Telefon.
    »Annie?« Eine alte Stimme überrumpelt sie. »Ob du mich wohl mal besuchen könntest?«
    »Onkel Calder.«
    »Nur eine Minute. Ich weiß, dass du vermutlich zu tun hast.«
    »Ja, also schon …«
    »Ich würde nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre.«
    »Ich glaube, das kann ich nicht. Das Wetter schlägt um«
    »Ich weiß …«
    »Können wir uns nicht einfach am Telefon unterhalten?«
    »Ich glaube, das ist nicht ganz dasselbe.«
    »Ich glaube, mir gefällt dieser Ton nicht.«
    »Spatz. Bitte.«
    Und ihr bleibt keine Wahl.
    Es ist früh. Vielleicht kann sie hinfahren und in ein paar Stunden wieder zurück sein und immer noch Zeit für den Hain haben.
    Sie wechselt in saubere Jeans und einen schwarzen Pullover. Dann dreht sie ihre Lockenmähne in eine Spange hinten am Kopf, ohne sie allzu stramm zu ziehen, damit sie nicht wie ihre Mutter aussieht, wenn sie zur Tür hinausgeht. Dies ist das erste Mal seit Calders Verhaftung letzte Woche, dass sie das Haus verlässt.
    Irgendetwas liegt in der Luft, die

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