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Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Reed
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»Ich muss dir auch was erzählen.« Und er sagte: »Na, dann los!« und sie: »Du zuerst«, und er sagte: »Nein, du!« Und die ganze Zeit konnte er sich nicht des Gefühls erwehren, dass sein Leben sich gerade in ein zweitklassiges Drehbuch verwandelte hatte. Ein zweitklassiges Drehbuch, dachte er noch einmal, Sekunden vor dem großen Finale. »Ich bin schwanger, fast schon im dritten Monat«, sagte sie. »Jetzt bist du an der Reihe.«
    Ein Hirn kann viele Gedanken produzieren, während man den Mund aufmacht. Seines arbeitete fieberhaft im Kreis auf der Suche nach Gründen, warum dies eine gute Sache sei, was, wie er spätererkannte, ziemlich wie Selbsthypnose oder die Suggestivkraft all der Dinge war, die ein Mann seines Alters wollen und haben sollte. Und überhaupt, was aus seinem Mund herauskam, war Lachen. Der Kern, der bestimmte, wer sie waren, war jetzt im wahrsten Sinne des Wortes eine
Seele
. Wenn auch diese Affäre ein Fehler war, jetzt würde er das Richtige tun »Wow«, sagte er. »Juhu.« Und falls das albern klang, fügte er hinzu: »Ich wollte dich bitten, mich zu heiraten.« Das war sicher die Krönung. Von da an raste der Zug, der offenbar ihr Leben war, auf dem Gleis dahin.
    Fast. An jenem Abend, seinem letzten Abend mit Annie, hatte er geplant, seine Sachen zu packen und zu gehen. Doch ein unglaublich heftiges Fieber, vollkommen resistent gegen Aspirin, hatte ihn niedergestreckt, was ihn davon überzeugte, dass Gott, an den er früher nur halb geglaubt hatte, nicht nur existierte, sondern auch rachsüchtig war. Er lag halb bewusstlos zitternd unter einem Berg von Decken, die ihm Annie bis zu den Schultern gezogen hatte. Er träumte, dass ihn ein Phoenix verfolgte und sich seine Beine nicht rührten, egal, wie sehr er versuchte zu rennen. Wenn er zwischendurch aufwachte, legte ihm Annie immer einen eiskalten Waschlappen auf den Kopf. Oder sie wachte über ihn, während er zitterte. »Ich liebe dich«, sagte er ihr mehr als einmal. Oder zumindest dachte er, er hätte es gesagt. »Es tut mir leid«, sagte er, obwohl er sich noch unsicherer war, ob er das gesagt hatte.
    Er ertappt sich bei Tempo hundertvierzig und nimmt den Fuß vom Gas.
    Annies Foto auf der Titelseite der Zeitung von heute hat ihn in eine Gletscherspalte gestürzt, aus der er anscheinend nicht herauskraxeln kann. Ihr Gesicht hielt ihn im Badezimmer fest, auf dem geschlossenen Toilettendeckel unter der Halogenlampe sitzend, die Zeitung gepackt haltend, bis sie seine Finger schwarz färbte. Seine Augen sogen sie Stück für Stück in sich auf. Das Haar, das er gestreichelt und in das er in so vielen Nächten sein Gesicht vergraben hatte. Der Bogen zwischen Hals und Schultern, ihre Brüste in dem ANARCHY!-T-Shirt, das er ihr aus Spaß gekauft hatte, als sie sich weigerte, ihm gewisse Rechte an ihren Songs zu überlassen. Da wardie Hand, die ihn jahrelang überall angefasst hatte. Ihr Körper so vertraut, so sehr Teil von ihm selbst, dass er verwirrt war, verloren in Zeit und Raum. Bestimmt verlor er gerade den Verstand. Er stolperte hinaus und schob die Zeitung in seine Schreibtischschublade, und dann schlich er in der kalten Küche herum. Zitternd versuchte er wieder sein Gleichgewicht zu finden.
    Doch vergeblich.
    Er muss auch an Calder denken. Er hat diesen Mann immer wie einen Bruder geliebt.
    Die Staatsanwaltschaft fordert die Todesstrafe. Das war alles Owens Schuld. Er hatte die beiden nicht aufgehalten, als er es noch gekonnt hätte. Er hatte versucht, Calder zu sagen, er solle die Finger von Sidsel lassen. Sie sei verheiratet, hatte er gesagt. »Du selbst bist so gut wie verheiratet«, erwiderte Calder und, tja, Volltreffer, Kumpel. Was hätte Owen erwidern können? Calder hatte darauf beharrt, dass Sidsel die einzige Frau für ihn sei, mit der geballten Faust auf seiner Brust darauf beharrt. Darum hatte Owen Sidsels Café aufgesucht in der Absicht, etwas an ihr auszusetzen zu finden. Er bestellte einen Himbeerkringel, nachdem er gesehen hatte, wie einer Frau die Augen übergingen, als sie in einen hineinbiss. Er bestellte Kaffee, weil er so gut und stark duftete, und für den Preis, den sie dafür verlangte, erwartete er etwas Spektakuläres. Das war er auch. Und er überzeugte sich, dass Sidsel tatsächlich eine Schönheit war, die einem Mann den Schlaf rauben konnte. Eine fremde Art hatte sie, eine Art, die man anstarren musste, um herauszufinden, wie sie beschaffen war.
    Aber das hieß nicht, dass sich Calder wie jeder

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