Komm zu mir, Schwester!

sicher, dass Jeff nicht hingegangen ist.«
    Â»Wer weiß. Auf dem Weg zu euch könnte er da reingeschaut haben und irgendwie hängen geblieben sein. Ich weiß, wie so was ist. Ich war ja selber mal in seinem Alter.« Anscheinend war er nicht sehr besorgt. »Wenn er bei dir auftaucht, sagst du ihm, dass er mich anrufen soll. Einverstanden? Inzwischen frag ich mal bei den Colesons nach.«
    Â»Ja«, sagte ich. »Mach ich. Und wenn er nach Hause kommt, sagen Sie ihm bitte, dass er mich anrufen soll.«
    Es war seltsam still im Raum, als ich auflegte. Sogar Megans Mund hatte Pause.
    Â»Jeff wird vermisst«, sagte ich.
    Â»Was willst du damit sagen?«, fragte Dad. »War er die ganze Nacht weg?«
    Â»Mr Rankin ist sich nicht sicher. Er war selber nicht da. Er sagt, er sei gerade nach Hause gekommen … und Jeff ist nicht da.«
    Â»Vielleicht ist er früh aufgestanden und irgendwo hingegangen«, sagte Neal.
    Â»Kann sein«, sagte ich. »Aber wenn man bedenkt, dass er hier gestern Abend nicht aufgetaucht ist, dann wird die Sache doch langsam unheimlich.«
    Â»Was war denn das mit den Colesons?«, fragte Mom.
    Â»Nat hat gestern Abend eine Party gegeben. Mr Rankin wollte sich erkundigen, ob Jeff vielleicht da gewesen ist.«
    Â»Wäre doch möglich«, sagte Dad. »Vielleicht dachte er, dass er an so einem besonderen Abend mehr Spaß auf einer Party haben würde, als wenn er hier mit uns rumsitzt. Könnte doch sein.«
    Â»Nein«, sagte ich mit Nachdruck. »Das kann nicht sein. Jeff hat nichts mit Nats Clique zu schaffen. Er ist ein Einzelgänger. Und zwar schon seit seinem Unfall. Natalie hat ihn nicht eingeladen, und selbst wenn, er hätte die Einladung nicht angenommen.«
    Â»Wir holen die Fahrräder und fahren ins Dorf«, schlug Neal vor. »Dabei können wir gleich mal die Straße abchecken.«
    Â»Gute Idee«, sagte ich dankbar. Alles war besser, als zu Hause zu bleiben und gar nichts zu tun.
    Â»Ich glaube nicht, dass ihr damit was erreicht«, sagte Mom. »Jeff war um halb sechs eingeladen, da war es draußen noch hell. Er musste doch vom Dorf aus nur die Beach Road entlang bis nach Cliff House gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er auf der kurzen Strecke irgendwie in Schwierigkeiten geraten sein könnte.«
    Â»Denk mal an Helen«, sagte ich. »Sie musste nur aus einen Taxi steigen und bis zu ihrer Haustür gehen. Manchmal passieren die verrücktesten Sachen.«
    Â»Ja, ist wohl so«, meinte Mom. Dann sagte sie noch leise: »Ich glaub, ich will das nur nicht in Erwägung ziehen. Dieser Junge scheint doch schon genug durchgemacht zu haben in seinem Leben, da muss ihm doch nicht noch mehr passieren.«
    Â»Wenn Laurie draußen beschäftigt ist, macht sie sich nicht so viel Sorgen«, sagte Dad. Mom nickte.
    Â»Ja, geh nur, Schatz. Vielleicht hatte er ja irgendeinen seltsamen Unfall auf dem Weg hierher. Wie auch immer, wir werden uns alle besser fühlen, wenn wir diese Möglichkeit ausschließen können.«
    Also fuhren Neal und ich mit unseren Rädern ins Dorf. Mom hatte recht gehabt, die Tour brachte gar nichts. Irgendwo im Hinterkopf hatte ich wohl ein Bild von Jeff in derselben Situation wie Helen gehabt und mir vorgestellt, er würde verletzt und hilflos am Straßenrand liegen. Aber wir fanden keine Spur von ihm, es gab nicht mal eine Stelle, an der ein Unfall denkbar gewesen wäre. Die Beach Road war völlig eben und nichts Bedrohlicheres als Strandhafer und Dünengras stand links und rechts vom Straßenrand. Gefährliche Stellen gab es nur an den Wegen über die Klippen, viele Meter weiter. Als wir das Dorf erreichten, lag es wie eine Geisterstadt da, die Läden waren geschlossen und kein Mensch war auf der Straße. Wir machten kehrt. Auf der Heimfahrt kamen Neal und ich uns vor wie die einzigen Menschen auf der Welt.
    Es war schon fast Mittag, als wir zurück in Cliff House waren. Wir stellten die Räder weg und gingen durch die Hintertür ins Haus. Die Geräusche aus Dads Zimmer verrieten uns, dass er sich bemühte, die verlorene Zeit von gestern Abend wieder einzuholen. Irgendwie war ich ein bisschen sauer auf ihn, weil er die verschiedenen Bereiche in seinem Leben so fein säuberlich getrennt halten konnte. Wenn er schrieb, dachte er nur an die Figuren in seinem Buch und machte sich um nichts und niemanden sonst Gedanken.
    Im